Pitch im Probierwerk LeverkusenWie man in fünf Minuten seine Geschäftsidee erklärt

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Bei Bayer 04 eine Legende: Greenkeeper Dieter Prahl. In Düsseldorf helfen ihm jetzt die Rasen-Röntgenbilder des Leverkusener Start-ups Growmaps.

Leverkusen – „Wir sind voll gebootstrapped.“ Als Madeleine Heuts das sagt, huscht ein leichtes Lächeln über Nathalie Kühns Gesicht. Schon da wird klar, dass Welten liegen zwischen der 39 Jahre alten Geschäftsführerin von SK-Elektronik in der Fixheide und der vielleicht ein Jahrzehnt jüngeren Gründerin aus Köln. Natürlich: Ohne Start-up-Jargon geht es nicht, wenn sich fünf angehende Firmenchefs in einem Pitch begegnen, also ihre Ideen in je fünf Minuten einer Jury präsentieren und die Konkurrenz hinter sich lassen müssen.

Darum geht’s am Donnerstagabend im Probierwerk, dem Firmenlabor der Wirtschaftsförderung in der früheren Druckerei Garcia in Opladen. Die zweite Auflage musste wegen der Pandemie ins Netz umziehen – nur die WfL-Leute halten sich an der Stauffenbergstraße auf, und das mit viel Abstand.

Was indes die Möglichkeit für ein bisschen Show bietet. Das Ergebnis der Abstimmung, in der die Voten der vierköpfigen Jury, bestehend aus Nathalie Kühn, Christiane Kuhn-Haarhoff, Harry Voges und Karl-Heinz Horst und der Werkspitch-Zuschauer zusammenfließen, schwebt ein: in einem Umschlag, den Probierwerk-Leiter Benjamin Schulz von einer Drohne abschneiden muss. Das geht nicht ganz so smart wie gedacht. Aber darauf kommt es am allerwenigsten an in diesem Gründer-Wettbewerb.

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Den gewinnt im übrigen die „voll gebootstrappedte“ Juristin Madeleine Heuts mit „Raketenstart“. Das ist eine digitale Rechtsabteilung für Start-ups. Dafür sollte es einen Markt geben: Jedes Jahr werden in Deutschland 550.000 Firmen gegründet, gut ein Drittel von ihnen habe dabei keine Rechtsberatung, „obwohl sie ein Rechtsthema haben“, erklärt Heuts in den fünf Minuten, die sie für die Präsentation hat.

Rechtsakademie mit Vertragsgenerator

Weil sie als Gründerin selbst weiß, dass Geld natürlich knapp ist am Anfang, will sie eine Akademie im Netz anbieten; das kostet ab 70 Euro im Monat. Dafür können junge Unternehmer Kurse zu den Themen buchen, die für ihre Firma wichtig sind. Zweiter Baustein von „Raketenstart“ ist ein „Vertragsgenerator“ für 25 Euro im Monat. Damit lassen sich die für eigentlich jedes Unternehmen erforderlichen Kontrakte zusammenbauen. Das alles werde durch eine Schar spezialisierter Juristen überprüft: „Wir beraten nicht selbst, sondern über Anwälte – die haben ihre Haftpflichtversicherung“, so Heuts. Die Anwälte wiederum hätten den Vorteil, „dass sie nicht auf Messen gehen müssen, um die Gründer zu treffen“.

Im Mai soll „Raketenstart“ selbst starten. Das erste Geld ist da – Madeleine Heuts ist ja „gebootstrapped“. Was noch fehlt, ist eine Anschlussfinanzierung. 150 000 Euro wären gut. Fragt sich, was die Banken sagen, jetzt, so mitten in der Corona-Krise.

Kindergarten im Office

Das dadurch ausgelöste Thema Home-Office nebst Kinderbetreuung hat die Idee von Julia Pedersen zumindest in die Köpfe gebracht. Der „Sandburg-Hub“ sieht so aus: Mütter oder Väter bringen ihre Kinder mit ins Büro, wo sie von Pädagogen betreut werden. Mit einer Innenarchitektin hat Pedersen ein fertiges Konzept entwickelt und gleich bewiesen, dass kleine Kinder auch nicht mehr stören als jeder andere Kollege im Großraum – wenn sie denn gut genug betreut werden. Der „Sandburg-Hub“ ist die Lösung für kleinere Firmen, die keinen Betriebskindergarten haben.

Aber die Jury hat Zweifel. Christiane Kuhn-Haarhoff hat in ihrer Wiesdorfer Agentur in der Corona-Zeit die Erfahrung gemacht, dass die Mütter dann doch lieber zu Hause bleiben – allerdings konnte sie auch keine Betreuung organisieren. Im „Sandburg-Hub“ sollten sich sechs bis zehn Kinder tummeln. Über zehn „wird’s wuselig“, sagt Julia Pedersen, mit weniger als sechs Kindern ließe sich die angestrebte Betreuungszeit nicht garantieren: zwölf Stunden.

Auch Corona-gepowered ist das Konzept von Fabio Fornito, der sein Start-up „Digital Food Solution“ in Opladen hat. Er will einen Marktplatz für lokale Lebensmittelhändler aufbauen. Wer jetzt an Lieferando denkt, erkennt den Unterschied nicht: „Es gibt keine Apps, mit denen Verbraucher lokale Händler finden können“, erklärt Fornito. Kein Wunder, denn ein solches System sei für den Händler teuer, weil extrem aufwendig: Er muss den Kontakt zum Kunden bekommen, ein Liefersystem aufbauen und ein Bezahlsystem.

„Essfinder“ soll das regeln. Der Lebensmittelhändler zahlt fünf Prozent Provision, der Kunde die selben Preise wie im Laden – und ab einem gewissen Bestellwert auch nichts für die Lieferung. Die App ist im Beta-Stadium, Gespräche mit Partnern laufen.

Röntgenbilder vom Rasen

Das kann auch Fabian Hille berichten – und etwas mehr. „Growmaps“ gibt es schon von den Rasen im Kölner und im Düsseldorfer Stadion. Das sind sozusagen Röntgenbilder von Fußballrasen, die jeden Greenkeeper glücklich machen sollten. Dieter Prahl etwa, ewig in Diensten von Bayer 04 und dann bei der Fortuna, bekommt nun elektronisch Aufschluss über Pilzbefall und Staunässe.

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