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Preisgekrönte Opladener SängerinDeutliche Worte gegen Internet-Gratiskultur

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Sihna Maage Cover Alles Gratis

Die Sängerin Sihna Maagé hat mit „Alles gratis“ ihre neue EP veröffentlicht.

Leverkusen – Ja, ist schon klar: Das neue Jahr hat begonnen – und irgendwie hat sich nichts geändert. Das Virus wütet immer noch. Der Lockdown geht weiter. So richtig schön ist es bislang also nicht, dieses so sehnlich erwartete 2021. Doch erstens hat bekanntlich jede Regel ihre Ausnahme. Und zweitens kann es manchmal allen Widrigkeiten zum Trotz schön werden, sobald Musik ins Spiel kommt. Manch einer glaubt ja, sie könne gar Leben retten. Sihna Maagé weiß: Sie kann zumindest ein Jahr, das verkorkst begonnen hat, ein wenig schöner machen. Sie ist nämlich Sängerin und hat Anfang 2021 gleich zweimal Grund zur Freude.

In dieser Woche kommt nach Monaten des Wartens endlich ihre durch ein Crowdfunding im Internet – sprich: durch die monetäre Unterstützung seitens ihrer Fans – finanzierte EP „Alles gratis“ heraus. Ein kleines Album mit neuen Songs, die sie eigentlich schon viel früher, ehe Corona kam, der Öffentlichkeit präsentieren wollte und die als professionelle Produktion einen wichtigen Wendepunkt im Leben der Musikerin bedeuten. Vor allem aber hat Sihna Maagé gemeinsam mit ihrer Band den deutschen Rock- und Pop-Preis gewonnen – als beste Band, im Wettbewerb mit knapp 1000 anderen Teilnehmern, verliehen von den Experten des Deutschen Rock- und Pop-Musikverbandes.

Sihna Maagés neuen Songs überzeugten die Jury und bescherten der in Opladen lebenden Wahl-Leverkusenerin, die in Wermelskirchen aufwuchs, quasi das erste richtige Pfund ihrer Karriere. Eines, mit dem sie zukünftig wuchern kann. „Ich bin unglaublich froh über diesen Preis“, sagt sie und verrät am anderen Ende der Telefonleitung geradezu hörbar grinsend: „Ganz ehrlich, ich habe die Urkunde seit ein paar Tagen hier gerahmt an meiner Wand hängen und muss immer noch ständig draufschauen.“

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Professionell gedrehtes Video

Den Ausschlag für diesen Erfolg – dem aufgrund des Lockdowns nur die eigentlich wohl verdiente Preisverleihung mit Live-Konzert als Sahnehäubchen auf der Titeltorte versagt bleiben muss – hatte im vergangenen Jahr der Song „Gratis“ gegeben. Er schenkt der neuen EP deren Titel und wurde von Sihna Maagé und Band mit einem ambitionierten weil professionell gedrehten Video bedacht, das seither im Internet zu sehen ist und auch fleißig geklickt wird. In „Gratis“ setzt sich die 27-jährige Künstlerin ironisch und mit einem ausgefeilten Gespür für die richtige Mischung aus kritischem Ernst und Augenzwinker-Humor mit jenem Problem auseinander, dass heutzutage nahezu alle nicht zur Superstarriege zählenden Musiker und Musikerinnen betrifft: Wie schaffe ich es, dass meine Kunst nicht nur zu den Menschen dort draußen kommt, sondern von diesen auch ansprechend honoriert wird? Das Internet als Sammelsurium von allem und für alles lässt viele Nutzer eben noch immer denken, die Inhalte – unter anderem eben die Musik – müssten zwingend umsonst sein.

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Wie Sihna Maagé nun dieses Thema anpackt, darüber mit toller Soul-Stimme singt und wie sie und ihre Band es verstehen, überhaupt über alle Songs hinweg diesen geschmeidigen Mix aus Pop und Neo-Soul flirren zu lassen, zeigt: Sie hat sich seit der Veröffentlichung ihrer ersten EP „Summerlove“ (2017) mit seinerzeit ausschließlich englischsprachigen Songs endgültig zur relevanten Künstlerin entwickelt und steht, um eine in diesem Fall absolut stimmige Phrase zu bemühen, auf dem Sprung. Auf dem Sprung zu höheren Weihen. Zu mehr Popularität. Der Preisgewinn ist erster handfester, sichtbarer, gerahmter Ausdruck dieses Weges.

Der nächste Schritt wiederum ist neben der offiziellen Veröffentlichung der EP am 15. Januar das passende Konzert dazu. Stattfinden wird es am Samstag, 23. Januar, ab 18 Uhr in ihrem Wohnzimmer. Und übertragen wird es ins Internet für all diejenigen, die sich eine fünf Euro kostende Zugangsberechtigung dafür kaufen. Natürlich sei das lediglich eine notdürftige Alternative für ein richtiges Konzert, das sie so gerne gegeben hätte „und das wir auch ganz sicher nachholen, sobald das wieder möglich sein sollte, denn diese Songs müssen live vor Publikum gespielt werden, darauf freue ich mich unheimlich“. Aber es sei ihr und ihrer Band eben wichtig gewesen, trotzdem ein musikalisches Lebenszeichen, einen Konzertgruß von sich zu geben und an die Leute zu senden.

CD persönlich vorbeigebracht

Zudem zeigt diese Aktion, wie umtriebig Sihna Maagé ist. Derart umtriebig sogar, dass sie sich kurz vor Weihnachten ins Auto setze und vielen von denen, die sie bei der Produktion von „Alles gratis“ unterstützt hatten, die fertige CD – selbstverständlich mit Maske und Mindestabstand – bis an die Haustüre brachte. „Ich hatte einfach das Bedürfnis gehabt, das zu tun“, sagt sie. Eine kleine Belohnung für all jene, denen das Wohl und Wehe von Künstlerinnen und Künstlern auch in Krisenzeiten, die ja alle betreffen, nicht egal ist. Und die damit so völlig dem entgegenstehen, was sie 2019 erlebte und was sie zum Komponieren der ersten Zeilen für „Alles gratis“ animierten: „Ich war damals mit Nadine Krämer alias Johna unterwegs auf Tour. Wir spielten in kleinen Clubs, bei kleinen Festivals, bei Privatfeiern und in Biergärten.“

Und beim letzten Auftritt einer Tournee, „die ohnehin nicht so wirklich erfolgreich war“, sei dann der Hut rumgegangen im Publikum – und mit zig Ein-Cent-Stücken wieder zurückgekommen. „Damals dachte ich: Wie kann man so ein Mensch sein? Wie kann man sowas machen? Da schmeiße ich doch lieber gar nichts rein.“ Fehlende Wertschätzung eben. Leider „alles gratis“ eben. Kein Zweifel: Sihna Maagé ist auf einem guten Weg, diese Zeiten hinter sich zu lassen.

Sihna Maagés EP „Gratis“ ist ab sofort als Stream bei allen bekannten Anbietern erhältlich. Die CD bietet sie auf ihrer Homepage an. Ihre Band besteht neben ihr aus Backgroundsängerin Nadine Krämer (unter dem Namen Jonah selber als Sängerin bekannt), Gitarrist Christoph „Brat“ Tkocz (Mitglied der  aus Burscheid stammenden Metal-Formation Tri State Corner), Bassist  Markuz Berger,  Schlagzeuger Daniel Schütz und Keyboarder Kolja Pfeiffer (Musikpartner von Johna)

Konzert

Tickets für das Konzert im Live-Stream am Samstag, 23 Januar, um 18 Uhr kosten je fünf Euro und sind über die Internetseite Sihna Maagés erhältlich beziehungsweise für jeden zu erwerben, der den entsprechenden Betrag an ihr Paypal-Konto überweist (paypal.me/4sihna).  Sihna Maagé wird an diesem Abend auch Fragen der Zuschauer beantworten.  (frw) www.sihna-maagé.de

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