Rap bei den JazztagenSamy Deluxe begeistert Leverkusener Publikum

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Zwei eng befreundete Künstler: Samy Deluxe (rechts) brachte seinen Rap-Kollegen Afrob mit in den Terrassensaal.

Zwei eng befreundete Künstler: Samy Deluxe (rechts) brachte seinen Rap-Kollegen Afrob mit in den Terrassensaal.

Leverkusen – Schon als Samy Deluxe auf die Bühne kommt, brodelt es im Saal. Und ein einziger, businessmäßig ordinär und provokant hingeworfener Satz von ihm – der sich im Verlaufe der folgenden 110 Minuten auch für den letzten Zweifler als bester Rap-Künstler Deutschlands entpuppen wird – genügt, um die erste von mehreren Gefühlsexplosionen anzuzetteln: „Yeah, Leute! So geht der Scheiß hier!“ „Leute“ mit Hamburger „oi“ in der Mitte. Und Samy Deluxe – bürgerlich Samy Sorge – mit Sackhose, Pudelmütze, Sonnebrille und einer Darbietung, die jedem begeisterten Wissenschaftler der Phonetik ein Dauergrinsen ins Gesicht zaubern und Glücksgefühle bescheren würde.

Während hinter dem Hünen von Frontmannrampensau eine elfköpfige Band mit einen Sound der donnernden und knallenden Extraklasse wütet, hat Samy Deluxe den kompletten Rest des Jazztage-Universums, in dessen Mitte er sich an diesem Abend befindet, im Griff.

Die Songs seines Lebens

Wenn er dort vorne steht und sich durch die Songs seines Lebens rappt – alte von seiner legendären Hip-Hop-Truppe Dynamite Deluxe, neue aus seiner Solozeit – dann ist er nur auf den ersten Blick ein Typ, der links und rechts von sich jeweils knapp sechs, sieben Meter freien Bühnenraum hat. Eigentlich ist er einer, der die Illusion ins Hirn der Zuschauer pflanzt, er könne mit einem einzigen Griff knapp 2000 Leute gleichzeitig am Schlafittchen packen und zum Bassgedröhn und Schlagzeuggewummer durch die Luft schleudern. Ein Riese.

Und einer, der alle Register zieht und Raketenstufen zündet, wenn er seinen Kollegen Afrob auf die Bühne holt, der einige wenige Auftritte auf der Samy-Tour mitmacht. Oder wenn er die Menge vor sich zum Derwischtanz animiert. Samy Deluxe erzählt seine Geschichten in einem Tempo, das nicht mehr nachzuvollziehen ist. Und trotzdem schmiegt sich jede Silbe an den Rhythmus, an die Melodie, an den Beat, den die Band – in ihr sitzen zwei Schlagzeuger und trommeln ein Gewitter – vorgibt. Samy Deluxe mag kein Jazz sein. Nein. Aber: Er ist einer, der mit jedem überzeugten Jazzer verwandt ist. Sogar mehr als das jedem Jazzer lieb sein dürfte. Denn: Sein Reimen im Freestyle mit Worten, die ihm in der gerade angebrochenen und auch schon wieder verflogenen Sekunde in den Kopf und von dort aus durch die Synapsen in den Mund schießen, steht dem Improvisieren eines Jazzers in nichts nach. Beides ist: Kunst.

Ein prägender und relevanter Künstler

Und beides trennt die Spreu vom Weizen. Den Allerweltsmusiker vom durch und durch prägenden und relevanten Künstler. Genau deshalb ist Samys Deluxe bei diesem Festival bestens aufgehoben. Gefühlt degradiert er in manchen Momenten sogar Superstars wie die Fantastischen Vier zu mittelklassigen Wortakrobaten. Und er macht Fans in Reihe eins verrückt wie nur was.

Auch ganz junge wie Luan (7) und Mila (10) Sindram. Das Geschwisterpaar – stilecht mit Baseballcap auf dem Kopf – wurde einst von Papa Jan mit dem Deluxe-Virus infiziert , steht auf dessen Hit „Champions“, den er an diesem Abend mit Afrob verbal ins Mikrofon ballert. Und ist am Ende, wenn die Ordner die Leute nach und nach aus der noch heißen Halle hinauskomplimentieren, restlos begeistert. „Das war so super“, sagt Luan. Und wenn ein Siebenjähriger das sagt, das muss es stimmen. Denn Kindermund tut bekanntlich Weisheit kund – erst recht, wenn ein Rappermund vor ihm wie wahnsinnig brummt.

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