RE7 und RB48National Express wehrt sich gegen Kritik – Schuld liege bei DB

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Die Regionalbahn zwischen Opladen und Köln sollte künftig im 20-Minuten-Takt und mit drei Wagenteilen verkehren, fordert Opladen Plus. 

Die Regionalbahn zwischen Opladen und Köln sollte künftig im 20-Minuten-Takt und mit drei Wagenteilen verkehren, fordert Opladen Plus. 

  • Verkehrsunternehmen National Express wehrt sich gegen die Kritik der Fahrgäste
  • Für etwa 70 Prozent der Verspätungen und Ausfälle könne National Express nichts, beteuert Geschäftsführer Marcel Winter
  • Die Regionalbahnen rangieren ganz unten in der Hackordnung auf den Schienen

Leverkusen – „Es fühlt sich einfach nicht gut an, wenn man für Fehler bestraft wird, die man nicht selbst zu verantworten hat.“ Ungerecht eben. Aber Marcel Winter, Geschäftsführer der National Express Rail GmbH, hat Nehmer-Qualitäten, beteuert, dass diese schwierige Mission ihm und den Mitarbeitern erst recht Ansporn sei. Andererseits...

Das private Verkehrsunternehmen britischer Herkunft mit Sitz in Köln hat nach einer Ausschreibung Ende 2015 den Betrieb der Bahnstrecken der RB 48 (Rhein-Wupper-Bahn) und des RE 7 (Rhein-Münsterland-Express) übernommen – und steht seither fast ständig im Kreuzfeuer der Kritik. Verspätungen, Kurzzüge und komplette Zugausfälle hat es zwar auch schon gegeben als noch die Deutsche Bahn diese Strecken befuhr. Doch die neuen blau-weißen Züge sollten doch Verbesserungen mit sich bringen. Darauf warten vor allem die vielen Pendler in der Region immer noch.

Schwierige Lage im Schienennetz

In der Tat hat National Express erst kein Glück gehabt und dann kam auch noch Pech dazu: Die beiden Strecken, die Leverkusen auf dem Weg von Köln nach Wuppertal durchqueren, gelten amtlich als „überlastete Korridore“, der Bahnknoten Köln als das Verkehrsnadelöhr im Schienenverkehr schlechthin. Und dann gingen bei einem Unfall in Meerbusch und bei einem Rangiermanöver in Münster auch noch zwei der neuen Talent-2-Triebwagen kaputt. „Wir sind ja froh, wenn sie überhaupt noch repariert werden können“, sagt Winter. „Aber das ist eine Operation, die dauert eben bis Sommer 2020.“

Marcel Winter ist Geschäftsführer von National Express Rail.

Marcel Winter ist Geschäftsführer von National Express Rail.

Aktuell sind 33 der 35 NX-Züge einsatzbereit, jeden Tag sind 30 davon auf Strecke. Und seit Anfang des Jahres ist auch ein bei der DB-Regio im Süddeutschen teuer entliehener Doppelstöcker im Einsatz, für den die Zugleiter von National Express extra geschult werden mussten. Nun haben die Zugausfälle, die im Herbst ihren Höhepunkt erreichten, wieder nachgelassen. Was sich aber nicht ändert und was das Hauptübel zu sein scheint, ist die dauerhafte Überlastung durch den verspäteten Fernverkehr, unter dem vor allem die Regionalbahn zu leiden hat.

National Express Rail

Das Bahnunternehmen mit Sitz in Köln befördert jährlich rund 20 Millionen Fahrgäste auf den Regionalstrecken von Köln nach Wuppertal und ins Münsterland und beschäftigt insgesamt mehr als 180 Mitarbeiter. Es ist eine Tochterfirma der britischen National Express Group, die Verkehrsdienstleistungen in Großbritannien, den USA, Spanien, Marokko und seit 2014 in Deutschland anbietet. (ger)

Denn sie rangiert ganz unten in der Hackordnung auf den Gleisen. Die definiert sich vom ICE über den IC bis hinunter zum Nahverkehr mit seinen vielen Haltepunkten und wird über die Durchschnittsgeschwindigkeit bestimmt. Wer im Schnitt schneller fährt, bekommt Vorrang und darf überholen. „Das reicht bis zu der perversen Regelung, dass sogar manche eigentlich langsamen Güterzüge die Regionalbahn aufs Nebengleis schicken dürfen um zu überholen“, ärgert sich Winter. „Denn da sie weniger oft halten, liegt ihre Durchschnittsgeschwindigkeit leicht höher.“ Da nutzt es auch nichts, dass die neuen Talent-Züge schneller beschleunigen als ihre Vorgänger und es auf 160 statt 140 Stundenkilometer in der Spitze bringen.

70 Prozent der Verspätungen nicht selbst verursacht

Marcel Winter ruft die Ursachenstatistik auf seinem Laptop auf. Die bunten Grafiken belegen: 70 Prozent der Verspätungen und Ausfälle sind nicht von National Express selbst verursacht. Hauptursache sind – nach den Überholmanövern von Zügen, die nicht mehr fahrplangemäß unterwegs sind – defekte Stellwerke und Schienenanlagen.

„Statt die Infrastruktur der Eisenbahn auszubauen, wie es eigentlich nötig wäre und im Straßenbau ganz selbstverständlich geschieht, hat es sogar einen Rückbau gegeben. So sind die Überholmöglichkeiten spürbar verringert worden“, sagt Winter und blickt aus dem Fenster auf einen anderen Problempunkt, den Kölner Hauptbahnhof.

Der niedliche NX-Scout informiert per Whatsapp über Verspätungsursachen.

Der niedliche NX-Scout informiert per Whatsapp über Verspätungsursachen.

Eine Heatmap, die grafisch eindeutig belegt, wo die NX-Züge zu ihren Verspätungen kommen, beweist eindrucksvoll, dass die RB 48 auf dem Weg nach Bonn meist erst ab Köln aus dem Takt kommt. Umgekehrt beginnt der Ärger von Bonn aus kommend meist in Sechtem, wo eine Kreuzung mit dem überregionalen Bahnverkehr den Fahrplan aus dem Takt bringt. Auffällig: Die in Köln startenden Züge in Richtung Wuppertal sind – eben ohne das Vorspiel in Sechtem – überwiegend pünktlich.

Informationen für Fahrgäste via Whatsapp

„Wir gehen ganz offen mit unseren Problemen um“, sagt Winter, der sich in der Not einen besonderen Kundenservice hat einfallen lassen, den NX-Scout. Kunden können sich alle aktuellen Informationen zu den beiden Verkehrsverbindungen des Unternehmens per Whatsapp aufs Smartphone schicken lassen, werden über mögliche Verspätungen und Zugausfälle informiert – und über deren Ursachen. Ob ein Stellwerk, eine Schrankenanlage oder ein Zug defekt ist, ein Zugführer erkrankt ist oder verschlafen hat, eine Polizeiaktion die Weiterfahrt verhindert oder „Personen im Gleis“ sind – vor allem im leicht zugänglichen Abschnitt zwischen Opladen und Leichlingen begehen auffällig häufig Menschen Suizidversuche –, wird zeitnah übermittelt. Auf der Internet-Seite der Firma ist außerdem eine tägliche Verspätungsstatistik abrufbar.

Bis zu 200000 Euro lasse sich National Express diesen Service kosten, die dafür fünf Mitarbeiter einsetzt, wohl wissend, „dass die Kunden vor allem eines aufregt: Ungewissheit“, sagt Winter. „Wenn ich weiß, dass mein Zug 15 Minuten Verspätung haben wird, kann ich damit viel entspannter umgehen.“ Dass die Whatsapp-Nachrichten vom NX-Scout künftig seltener einschlagen müssen, kann er aber auch nur hoffen. „Die Aufgabenträger unterstützen uns nach Kräften. Wir versuchen, unsere gemeinsamen Probleme gemeinsam zu lösen.“

„Die Dauernörgler“ aber nerven ihn doch. „Wir haben schon einmal überlegt, denen eine Woche lang einen Leihwagen zur Verfügung zu stellen und uns dann ihre Erlebnisse im Stau schildern zu lassen.“ Winter, der selbst mit der RB48 zur Arbeit nach Köln pendelt, weiß die trotz allem entspanntere Fahrt im Zug zu schätzen. „Ich würde da nicht tauschen wollen.“

www.nationalexpress.de

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