Leverkusener MuseumSieben Jahre Streit über Schloss Morsbroich – Eine Chronologie

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Angeleuchtetes Schloss Morsbroich.

Schloss Morsbroich bei Nacht – zu einer Veranstaltung feierlich erleuchtet.

Leverkusen – Das Ensemble Schloss Morsbroich hat viel zu bieten: Ein renommiertes Museum, den schicken Spiegelsaal, einen weitläufigen Schlosspark. Doch eine Gastronomie und ein stimmiges Gesamtkonzept gibt es auch mehr als sieben Jahre nach der drohenden Schließung nicht. Eine Chronologie. 

Februar 2016:

Die Unternehmensberatung KPMG legt ein 112 Seiten starkes Gutachten vor. Darin wird im Auftrag der Gemeindeprüfungsanstalt NRW der kommunale Eigenbetrieb „Kultur-Stadt-Lev“, zu dem auch Schloss Morsbroich gehört, analysiert – mit der Empfehlung, den jährlichen Zuschussbedarf für die Kultur deutlich zu verringern. Eine der vorgeschlagenen Maßnahmen: „Die vollständige Einstellung des Museumsbetriebs bis spätestens Ende 2018“. Es geht ein Aufschrei durch die Stadt Leverkusen und die Kunstwelt im Rheinland, der Museumsverein bietet seine Hilfe bei der Rettung an.

Alles zum Thema Uwe Richrath

Juni 2016:

Der Museumsverein schlägt vor, auf eigene Kosten, aber ohne politische Einflussnahme, ein tragfähiges Konzept für Morsbroich zu entwickeln. Der Stadtrat vertagt die Entscheidung darüber zunächst, was für Verstimmungen sorgt, stimmt im August 2016 aber doch zu. 

Januar 2018:

Der Museumsverein stellt sein rund 300 Seiten starkes Konzept zur Zukunftssicherung vor. Darin vorgesehen ist, dass das Schloss als Eigenbetrieb geführt und verstärkt für Veranstaltungen und Feiern genutzt sowie die Gastronomie und der äußere Schlosspark aufgewertet werden sollen. Die Reaktionen sind positiv. Im Februar beschließt der Stadtrat, den Plan in die Tat umzusetzen.

März 2018:

Museumsdirektor Markus Heinzelmann, der das Konzept vorher noch gelobt hatte, verkündet überraschend seinen Abgang.

Januar 2019:

Der Pachtvertrag von Heimo Förster, seit 2013 Betreiber der Schlossgastronomie, wird vorzeitig beendet. Oberbürgermeister Uwe Richrath sagt: „Wir wollen die Gastronomie möglichst bald wieder ans Laufen bekommen.“ Seitdem stehen die Räume leer.

Juni 2019:

Der Museumsverein hat 200.000 Euro an Spenden gesammelt, die er der Stadt zweckgebunden für die Herrichtung des Schlossparks anbietet. Er drängt die Stadt aber auch, sich unverzüglich um Fördermittel zu bemühen und Entscheidungen zu treffen, sonst ginge Geld verloren.

März 2019:

Die Untere Landschaftsbehörde lehnt einen Parkplatz im äußeren Schlosspark ab. Der Museumsverein wehrt sich gegen die Bedenken und beklagt widersprüchliche Aussagen der Fachämter. Der Umweltausschuss vertagt den Antrag auf Parkplätze, die Bezirksvertretung III stimmt ihm zu. Im Stadtrat gibt es eine Pattsituation.

Juli 2019:

Der Stadtrat entscheidet sich nach stundenlanger Debatte und zwei geheimen Abstimmungen mit knapper Mehrheit für den Bau einer tiefergelegten Parkpalette.

August 2019:

Der Museumsverein wirft hin. Er kündigt die Mitarbeit bei der Zukunftssicherung von Schloss und Museum und zieht damit auch das Spendenangebot zurück, das bis dahin auf rund eine Viertelmillion Euro gewachsen war.

Oktober 2019:

Die Erneuerung des Schlossparks wird in das Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ aufgenommen. Damit will sich das Innenministerium zu 90 Prozent an den Kosten für den Parkumbau beteiligen, bis zu 1,08 Millionen Euro werden zugesagt. 

Februar 2020:

Die Machbarkeitsstudie zur Parkpalette liegt vor: Die gewünschte Verdoppelung der Parkplatzzahl kann nicht erreicht werden. Der Stadtrat muss die Entscheidung revidieren. Der Streit über Parkplätze im äußeren Schlosspark geht damit weiter.

März 2020

Das Berliner Planungsbüro „Pola“ gewinnt die Ausschreibung der Stadt zur Umgestaltung des äußeren Schlossparks und beginnt mit der Planung.

Juni 2020:

Der Stadtrat diskutiert das Parkplatz-Dilemma gut eine Stunde lang und stimmt letztendlich mit einer Stimme Mehrheit für den Bau von 50 Parkplätzen – gegen ein Gutachten, dass das aus Landschaftsschutzgründen für rechtswidrig ansieht. 

März 2021

Der Beschluss wird von der Bezirksregierung Köln kassiert. „Das Anlegen eines Parkplatzes verstößt gegen die Festsetzungen in Ziff. 2.2 Nr. 1 des derzeit gültigen Landschaftsplans der Stadt Leverkusen“, heißt es in dem 15-seitigen Schreiben der Bezirksregierung. Allerdings könnte ein Landschaftsplanänderungsverfahren eingeleitet werden. 

April 2021

Die Stadt Leverkusen hat nach dreijähriger Suche einen neuen Direktor für das Museum Morsbroich gefunden: Der 55-jährige Kurator Jörg van den Berg übernimmt ab 1. August die schwierige Aufgabe, das renommierte Haus aus einer gravierenden Identitäts- und Haushaltskrise zu führen. Er führt ein neues Konzept ein

Oktober 2021

Das Berliner Büro „Pola“ gibt das Projekt der Umgestaltung des äußeren Schlossparks auf. Der Auftrag wird an die Stadt Leverkusen zurückgegeben. Statt der geplanten 700.000 Euro wurden von „Pola“  zwischenzeitlich 1,6 Millionen aufgerufen. Auch Verschlankungsversuche konnten das Prestigeprojekt nicht retten.

April 2022

Der Stadtrat beschließt einstimmig, bis 2026 insgesamt 1,9 Millionen Euro für eine neue Planung für die Entwicklung und Neuausrichtung des Ensembles Schloss Morsbroich bereitzustellen. Hierfür will die Stadt die Fördersumme des Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ (siehe: Oktober 2019) verwenden. Der Fördergeber hat dafür einer Verlängerung des Umsetzungszeitraums bis maximal Ende 2024 zugesagt. Allerdings kann das Geld nur für Maßnahmen im äußeren Schlosspark verwenden werden und auch hierfür muss ein Änderungsantrag gestellt werden. Ein erster Entwurf liegt bereits vor. 

Oktober 2022

Bewegung im Schlosspark: Das „Witches’ Cottage“ des amerikanischen Künstlers Mark Dion wird eingeweiht.

Juli 2022

Auf eine Nachfrage zum Planungsstand für eine mögliche Gastronomie antwortet Stadtsprecherin Britta Meyer: „Seit Mai 2023, genauer seit dem Probelauf der 'Morsbroicher Schwebenden Tafel' im Rahmen der Morsbroicher Kunsttage 04 und der damit verbundenen erstmaligen experimentellen Nutzung der für die Gastronomie vorgesehenen Flächen in den nördlichen Remisen ist die Ideen- und Konzeptionsfindung abgeschlossen. Damit ist die Voraussetzung geschaffen, in der zweiten Jahreshälfte erstens die Pächterinnen- und Projektpartner-Suche zu intensivieren und zweitens erste Umbauschritte zu projektieren.“

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