Schul-AktionEngagierte Klimadebatte im fiktiven Leverkusener Stadtrat

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Uwe Richrath (r.) erklärt, wie Politik funktioniert, 81 Schüler spielen es im Ratssaal nach.

Uwe Richrath (r.) erklärt, wie Politik funktioniert, 81 Schüler spielen es im Ratssaal nach.

Leverkusen – Politik ist ein kompliziertes Geschäft. In der Fraktion „Die Konservativen“ rumort es bei der Abstimmung zum Thema E-Car-Sharing. „Hand runter!“ schnauzt ein Mitglied seinen Sitznachbarn an „Das ist der Antrag der Anderen!“ „Aber das ist unsere Koalition, da sind wir dafür“, zischt es aus einer anderen Ecke. Also schnell die Hand wieder hoch. Und so geht der Antrag durch: Die ungewöhnliche Versammlung im Leverkusener Ratssaal beschließt, dass es künftig in jedem Leverkusener Stadtteil Leihstationen für E-Autos geben soll.

Es sind 81 Schülerinnen und Schüler der Realschule am Stadtpark, des Lise-Meitner- und des Landrat-Lucas-Gymnasiums, die sich am Mittwoch im Ratssaal versammelt haben, um einen Maßnahmenkatalog zum Klimaschutz in Leverkusen zu verhandeln. Anlass für das Planspiel ist die derzeit in Bonn stattfindende Weltklimakonferenz. „Für mich ist wichtig, dass sich jeder selbst fragt, ob er persönlich genug zum Klimaschutz beiträgt und nicht immer anderen die Frage stellt“, sagt Hans-Martin Kochanek, Leiter des Naturgut Ophoven, das die fiktive Ratssitzung durchführt.

Bereits um 8.30 Uhr trafen sich die Teilnehmer im Rathaus, um sich dann in fiktive Fraktionen zusammenzufinden, einen Fraktionssprecher zu wählen und sich schließlich zur internen Beratung über die jeweiligen Positionen zurückzuziehen. Dann ging es in Koalitionsgespräche um anschließend noch einmal in den Fraktionen zu beraten. „Genau so machen wir das in der richtigen Politik auch“, erklärt Oberbürgermeister Uwe Richrath bei einem Besuch zur Mittagszeit. „Wir versuchen, so viele Streitpunkte wie möglich schon vor der Ratssitzung in kleineren Gruppen zu klären. Und dann darf auch gerne gestritten werden. Aber hier im Ratssaal müssen wir dann irgendwann zu einem gemeinsamen Beschluss kommen, der das Beste für das Leben in unserer Stadt ist.“

Und in einem Punkt waren sich die Jugendlichen einig: Das Beste für Leverkusen wäre ein langer Autobahntunnel von Köln bis Alkenrath. „Es hat doch niemand viel Bock darauf, so viel Feinstaub einzuatmen“, argumentierte Emma für die Fraktion „Die Ökosoziale“. Und so gab es nur eine Gegenstimme zu dem Antrag – bei 61 Befürwortern und einigen Enthaltungen. Ein Teilnehmer klatscht nach der Auszählung vorsichtig in die Hände woraufhin Sitzungsleiterin Sonja Fasbender sagt: „Ja, ihr dürft ruhig klatschen, das ist euer Erfolg.“ Und lauter Applaus erschallt.

Handeln, nicht abwarten

„Wie stehen Sie denn zu Tunnel statt Stelze?“, will eine Teilnehmerin von Richrath wissen. „Wenn die Brücke über den Rhein ausfällt, gibt es einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kollaps in der Stadt. Deswegen haben wir im Stadtrat beschlossen, dass wir schnellstmöglich eine neue Brücke wollen“, sagt er. „Das gilt aber nur für die Brücke. In der Stadt wollen wir so viel Tunnel wie möglich. Aber das können wir nicht alleine entscheiden.“

Am frühen Nachmittag waren alle Punkte verhandelt, zumeist gegen den Willen der Fraktion „Die Konservativen“, die mehr auf Wirtschaftsförderung setzt. „Durch bessere Technik verringert sich der CO2 -Ausstoß von selbst“, argumentiert Colin. „Was ist das denn für eine Einstellung?“, bekommt er aus der Fraktion „Die Ökosoziale“ empört entgegengeworfen. „Wir müssen jetzt was ändern und nicht einfach abwarten, ob sich das schon alleine regelt.“ Genau die Antwort, die Hans-Martin Kochanek hören wollte.

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