Start-Ups, neue IdeenDiese Firmen aus Leverkusen profitieren von der Coronakrise

Lesezeit 4 Minuten
Zoom Meeting Symbolbild dpa

Vieles verschiebt sich ins Internet: Ein Zoom Meeting (Symbolbild)

Leverkusen – Mit der Corona-Pandemie stehen viele Unternehmen nicht nur in Leverkusen und der Umgebung auf einmal vor unbekannten Herausforderungen. Dass jedoch längst nicht alle Branchen von der Krise betroffen sind, zeigt die Neugründung von etwa 300 Unternehmen im Zeitraum zwischen Mitte März und Ende Mai – vornehmlich im Bereich des E-Commerce, der Bildung und der Medizin.

„Corona hat uns eigentlich fast in die Karten gespielt“, erzählt der Unternehmensneugründer Peter Radonjic während der Online-Veranstaltung „Ärmel hoch – Mutmacher zeigen ihren Weg aus der Krise“, organisiert vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW). Gemeinsam mit zwei weiteren Gründern schuf Radonjic das Start-up Neove, die erste rechtskonforme Lösung für digitale Eigentümerversammlungen. Radonjic und seine Kollegen trafen damit den Nerv der Zeit.

Mit Einfallsreichtum aus der Krise

Ebenso ist das E-Commerce Unternehmen Netzkameraden aus Lindlar, das sich darauf spezialisiert hat, anderen Unternehmen bei der Produktplatzierung auf Amazon unterstützen, von der Pandemie wenig betroffen. „Wir sind eigentlich Profiteure der aktuellen Situation und man schämt sich fast, so etwas zu sagen“, räumte Andreas Jansen von Netzkameraden ein.

Doch auch Unternehmen aus Branchen, die durch das Coronavirus größtenteils eingeschränkt sind, haben es mit kreativem Einfallsreichtum bis jetzt durch die Krise geschafft. „Als der erste Lockdown kam, war uns relativ schnell klar, dass wir uns umstellen müssen“, erzählte Ulrich Kämmerling, Inhaber der Eventagentur Artimage aus Schlebusch. Da die Veranstaltungsbranche von der Pandemie besonders betroffen ist, habe Kämmerlings Unternehmen starke Umsatzeinbrüche in diesem Jahr zu verzeichnen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Doch dank eines bereits existierenden Notfallplans und der nötigen Flexibilität hat die Eventagentur einen einigermaßen geebneten Pfad aus der Krise gefunden – und konnte im August sogar eine Auszubildende einstellen. „Wir sind bis jetzt mit neuen Ideen aus der Krise herausgekommen, die uns auch weiter begleiten werden“, sagte Kämmerling.

So unterschiedlich die Profile der Unternehmen in der Online-Diskussion waren, so verschieden war auch ihr Krisenmanagement. „Wir waren erfolgsverwöhnt von einem stabilen Wachstum bis zum Frühjahr 2020“, stellte Michael Althoff, Geschäftsführer von Yellotools fest. Althoff lebt in seinem Unternehmen die Philosophie des „Kaizen“, eine japanische Methode zur stetigen Verbesserung von Strukturen und Prozessen, die in der Unternehmenswelt auch als „Lean Thinking“ oder „Lean Management“ bezeichnet wird. „Durch unsere täglichen Lean-Meetings haben wir schon vor der Krise Besonderheiten im Tagesablauf und den Prozessen stetig analysiert und haben versucht uns dem anzupassen. Wir sind die kontinuierliche Veränderung gewohnt“, erzählte Althoff.

Yellotools stellte seine Produktion vom Sonderwerkzeugbau für Werbetechniker auf Face Shields um – und produzierte innerhalb weniger Monate 450 000 Stück für einen britischen Kunden. „Das Leben einer Lean-Kultur hat uns die Existenz gesichert“, erklärte der Unternehmer und rät, Veränderung als feste Größe im unternehmerischen Alltag zu akzeptieren. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit zeichnen sich alle an der Online-Diskussion beteiligten Unternehmen durch eine große Flexibilität und Kreativität im Umgang mit der Krise aus. Hilfreich seien vor allem auch die existierenden Netzwerke gewesen, so Althoff. Gleichzeitig betont er: „Netzwerke sind keine Einbahnstraße. Man muss in Netzwerke auch einzahlen und kann nicht immer nur abheben.“ Zudem fordert er Unternehmen auf, über den Tellerrand zu schauen. „Vielleicht kann man auch neue Allianzen gründen. Betriebswirtschaftlich, nicht politisch gesehen, sollte quer gedacht werden“, erklärte Althoff. Auch Radonjic rät zum Mut im Umdenken: „Das, was Astrid Lindgren ihrer Hauptfigur mitgibt, können wir als Unternehmer auch gebrauchen.“ Und er verweist auf ein Zitat von Pippi Langstrumpf: „Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicher gut.“

Dass die Kommunikation eine große Rolle spielt, nehmen die Unternehmer als selbstverständlich wahr, erklärte Bodo Boer von der in Leverkusen ansässigen Tropper Dataservice AG. Dem Unternehmen sei vor allem zugute gekommen, dass die Technologie zur nötigen Digitalisierung bereits vorhanden war. „Digitalisierung hilft, sie ersetzt jedoch nicht den menschlichen Kontakt“, stellte Boer fest. Jonas Krömer vom Leverkusener Start-up Skillconomy sieht das ähnlich. Digitalisierung sei kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, das richtig eingesetzt werden müsse, erklärte der Unternehmer.

KStA abonnieren