Theater im ForumAnne Franks Geschichte als Puppentheater: Zartes Spiel, ernstes Thema

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Spürbare Enge: Anne Frank als Puppe im roten Kleid.

Spürbare Enge: Anne Frank als Puppe im roten Kleid.

Leverkusen – Im Zentrum steht diese eine Zahl: 761. Es ist die Anzahl an Tagen. die das jüdische Mädchen Anne Frank zwischen 1942 und 1944 in einem versteckten Hinterhaus an der Amsterdamer Prinsengracht 263 zubrachte. Oder bessser: zubringen musste. Sich verkriechen musste mit ihrer Familie vor den  Nazi-Horden.

Weil Anne Frank ihre Gedanken in einem Tagebuch niederschrieb, ging ihre Geschichte um die Welt. Und sie bewegt unabhängig vom Format, in dem sie seitdem dargeboten wird – Film, Buch, Theater –, noch immer. Was sich an diesem Abend im Forum einmal mehr zeigt.

Am Jahrestag der Wannseekonferenz

Im Studio des Haues gastieren zwei Mitglieder des Artisanen-Theaters aus Berlin und präsentieren zum 80. Jahrestag der Wannseekonferenz, bei der am 20. Januar 1942 die nationalsozialistische Reichsregierung den Massenmord an den Jüdinnen und Juden beschlossen, Anne Franks Geschichte als Puppentheaterstück.

Was sich zunächst unvereinbar und geradezu absurd anhören mag – ein derart ernster Stoff als Bestandteil einer oftmals mit Heiterkeit und kindlicher Naivität assoziierten Form des Schauspiels –, erweist sich als schlüssig, eindringlich und maximal berührend.

Zusammengewürfeltes Mobiliar

Denn Inga Schmidt und Stefan Spitzer, Absolventin und Absolvent der Berliner Schauspielschule Fritz-Busch, zeigen Anne Franks Geschichte gerade dank der Puppen und der Puppenspielkulisse so, dass sie die Zuschauenden – die meisten von ihnen Jugendliche von hiesigen Schulen - berührt. Die Bewegungen der Figuren sind wunderbar zart, wohl bedacht, fein, hoch konzentriert im Zwielicht. Das zusammengewürfelt erscheinende Mobiliar und der kleine Schaukasten im Zentrum der Bühne spiegeln die räumliche Enge des damaligen Verstecks ebenso wie das Gefühl des Eingeengt-Seins, das Anne Frank geradezu auf die Seele gedrückt haben muss.

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Nein: Das hier hat nichts mit kindlichem Puppenspiel zu tun. Das hier ist – sicherlich auch wegen der für ein 13-jähriges Mädchen unfassbar tiefgreifenden und mitunter philosophisch-lebenswichtigen Gedanken – emotional schwere Kost. Sie zieht gerade aus dem scharfen Kontrast zwischen Thema und Kunstform ihre Wucht und Eindringlichkeit. Ablesen lässt sich dies an dem Umstand, dass es im Publikum von Sekunde eins an still ist. Und still bleibt. Was bei Vorstellungen vor Schülerinnen und Schülern nicht selbstverständlich ist.

Tief empfundener Respekt

Hier und heute jedoch ist da nichts als tief empfundener Respekt für das Spiel des Mimen-Duos. Und Respekt vor diesem nach wie vor die Welt bewegenden Schicksal eines Mädchens, das am Ende eben doch umkam. Verraten. Entdeckt. Deportiert ins Konzentrationslager. Auf dem Zettel einer Typhus-Erkrankung erlegen. In Wahrheit ermordet von den Nazis.

Die anschließende Gesprächsrunde zwischen den jungen Zuschauenden und den Darstellenden dauert entsprechend nicht nur ein paar Minuten. Sie dauert eine habe Stunde, ehe sie allein aufgrund der fortgeschrittenen Zeit beendet wird.

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