Unsichere DatenBetrüger in Leverkusen wälzen Rechnungen auf Tote ab

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In Leverkusen wurden Handyrechnungen von Betrügern auf Tote abgewälzt.

Wie viel verdienen Firmen an meinen Daten, mag sich so mancher Internetnutzer fragen. Bernhard Pilch kennt die Antwort. „Eine E-Mail-Adresse zu verwalten, kostet 30 Euro im Jahr“, erklärt der Leiter der Verbraucherzentrale in Leverkusen.

„Diese Kosten werden nicht nur mit Werbung, sondern eben auch mit dem Verkauf von Daten reingeholt.“ Das Thema Datensicherheit treibt ihn um: „In der letzten Woche kamen zwei Menschen auf uns zu, deren Ehepartner verstorben sind. Die Bankkonten der Toten waren noch aktiv – und wurden von Betrügern für Handyverträge und Sexhotlines missbraucht.“

Auch Missbrauch möglich

Zwei bittere Fälle, in denen Betroffenen plötzlich bewusst wird, wie wichtig die Sicherheit der eigenen Daten ist. „Diese Sensibilität ist bei den meisten Leuten noch nicht da“, stellt Pilch fest: „Vieles ist im Internet kostenlos, zumindest kostet es keinen Euro. Aber es kostet Daten.“ Und die sind bares Geld wert. Der 58-Jährige erklärt, dass große Unternehmen schon für grundlegende persönliche Daten – Name, Anschrift und Geburtsdatum – rund 30 Euro an jene Konzerne zahlen, die diese Daten bereitstellen – oft im gesetzlichen Graubereich.

Dabei gehe es nicht ausschließlich um klassischen Betrug, sondern auch um Missbrauch: „Es gibt den begründeten Verdacht, dass wir bei wichtigen politischen Wahlen über persönliche Kanälen oft nur mit bestimmten Informationen bedient werden.“ Eine Beobachtung, die nach Verschwörungstheorie klingt, im Grunde aber beschreibt, wie unsere digitalisierte Welt funktioniert.

Wer hat welche Daten von mir?

Pilch veranstaltete bei der Verbraucherzentrale in der Dönhoffstraße einen Aktionstag, um Bürgern anzubieten, ihre Daten einzusehen. „Wir haben Anleitungen dafür gemacht, wie man herausfindet, welche persönlichen Daten große Konzerne von uns haben.“

Einfache Daten-Tipps vom Profi

Es ist lästig, sich mit der eigenen Datensicherheit zu befassen. Das weiß auch Bernhard Pilch von der Verbraucherzentrale - und gibt deshalb drei Tipps, mit denen man ganz schnell ein gutes Stück sicherer unterwegs ist:

1. Lange Passwörter

„Ob wir Buchstaben oder Zahlen in unseren Passwörtern verwenden, ist eigentlich egal. Wichtig ist, dass sie lang sind und nicht gerade ein Goethe-Zitat, dann ist man ab zwölf Zeichen auf der sicheren Seite.“

2. App-Berechtigungen

„In unseren Einstellungen können wir sehen, welche Berechtigungen unsere Apps haben – und diese deaktivieren. Wenn eine Taschenlampen-App wissen will, wo man wohnt, sollte man das ablehnen. Besonders gefährlich sind vorinstallierte Apps – die werden mit jedem Update auf ihre ursprünglichen Berechtigungen zurückgesetzt.

3. Sichere Smartphone-Sperre „Wenn man das eigenen Handy verliert, kann der versierte Nutzer auf alles zugreifen und über die Mail-Adresse Passwörter ändern – es sei denn, es ist gut gesperrt. Muster-Sperrungen bringen nicht viel, ich empfehle Zahlenkombinationen.“ (pg)

Bei amerikanischen Datenriesen wie Facebook, Google oder Amazon gibt es die Möglichkeit, das herauszufinden – sofort, online. Einige Leverkusener haben diese Möglichkeit am Aktionstag genutzt, eine ältere Dame nutzte die Gunst der Stunde, um sich von dem Datenexperten ihr neues Smartphone erklären zu lassen. Warum auch nicht.

Unterschätzte Gefahren

„Seit der Datenschutzgrundverordnung müssen die Unternehmen auch preisgeben, was andere Firmen, mit denen sie zusammenarbeiten, über uns wissen“, erklärt Pilch. Dass die Möglichkeit, das herauszufinden, den Nutzern nicht auf der jeweiligen Startseite entgegenspringt, liegt in der Natur der Sache. Die Anleitungen sollen es trotzdem leicht machen.

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Auf einige mag der 59-Jährige wirken wie ein Apokalyptiker, der den neuen technischen Möglichkeiten unserer Zeit mit übertriebener Skepsis begegnet. Er sagt: „Ich glaube, es tut noch nicht genug weh. Es kann sein, dass jemand, der heute einen Account mit falschem Geburtsdatum hat, in 20 Jahren deswegen einen Job nicht bekommt. Das ist den meisten nicht bewusst.“ Und so versucht er weiterhin aufzuklären. Darüber, dass im Internet nichts kostenlos ist.

www.verbraucherzentrale.nrw

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