Urteil wegen sexueller BelästigungLeverkusener Fahrlehrer begrapscht seine Schülerin

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Autofahren lernen kann unangenehm sein. Eine Schülerin wirft ihrem Fahrlehrer sexuelle Belästigung vor. Das Gericht glaubte ihr.  

  • Dieser Text aus Leverkusen gehört zu den meistgelesenen im Jahr 2021. Erstmals ist er am 2. Dezember erschienen.

Leverkusen – War es am Donnerstag oder am Freitag? Am Ende spielt es für Torsten Heymann keine Rolle, wann genau der Fahrlehrer seiner Schülerin an den Oberschenkel gefasst hat und ob das eine Reaktion darauf war, dass sie die Kupplung nicht richtig getreten hatte, insofern also irgendwie erlaubt: So sehen es jedenfalls der heute 71 Jahre alte Mann, seine Ehefrau und sein Anwalt.

Selbst die Staatsanwältin sieht den Tatvorwurf der sexuellen Belästigung nach reichlich zweistündiger Beweisaufnahme im Amtsgericht nicht als erwiesen an, plädiert auf Freispruch, was den Mann aus Opladen kurzzeitig beruhigt. Bis Heymann ihn wegen sexueller Belästigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt.

„Verleumderische Unterstellungen“

Er sei „extrem schockiert und sauer“ angesichts der „verleumderischen Unterstellungen“, die „haltlos und ehrverletzend“ seien. Das bringt sein Verteidiger vor, der sich hernach redlich bemüht, die Aussagen der Mutter der damals 18-Jährigen als so unglaubwürdig darzustellen wie die Äußerungen der jungen Frau selbst.

Das geht so weit, dass Richter Heymann den Verteidiger mehrmals ermahnt, die Zeugin „nicht zu beeinflussen“ und die junge Frau beruhigt: „Das ist nur Show.“ Die äußert sich in der Verhandlung zwar frei und beredt, sieht sich aber wegen ihrer nicht exakten Zeitangaben immer mehr in die Enge getrieben.

Heymann glaubt der jungen Frau

Doch was sie aussagt über den Intensiv-Fahrkurs im Spätsommer 2020, als der Corona-Stau die Fahrschulen überquellen ließ, wirkt auf den Richter total glaubwürdig: In der zweiten Doppel-Fahrstunde habe sie der Fahrlehrer auf dem Opladener Marktplatz nach einem Fehler so laut angebrüllt, „dass das sogar die Leute auf der Straße mitgekriegt haben“. Später sei sie in Tränen ausgebrochen. Da habe ihr der alte Mann eine Träne abgewischt und nach dem Aussteigen an den unteren Rücken gefasst. Mit dem Kommentar, dass sie ja ganz verschwitzt sei.

Ein paar Tage drauf sei dann der Griff an den inneren Oberschenkel erfolgt – und das sei auch nicht alles gewesen. Immer wieder mal habe der Fahrlehrer, „der ja älter ist als mein Opa“, sie angefasst. Mal am Bein, gerne aber auch an der Hand, wenn sie die auf dem Schalthebel hatte: Dann habe er die Hand gestreichelt und das mit anzüglichen Bemerkungen garniert. Auch die Frage, ob sie als junges Mädchen String-Tangas trage, sei einmal gekommen. Und man könne sich ja auch mal am Abend treffen.

Unter diesen Umständen habe sie dann auch eine andere Bemerkung des Fahrlehrers nicht mehr locker nehmen können: Als sie sich mal mit einem längeren schwarzen Kleid ins Auto gesetzt habe, sei dieser Spruch gefallen: „Da kannst Du ja gleich im Bikini kommen.“

Sexistischer Vergleich

Im theoretischen Unterricht habe sie den Mann, der seit fast fünf Jahrzehnten Fahrlehrer ist, noch „ganz cool“ gefunden. Aber über seine Erklärung für den Unterschied zwischen Leer- und zulässigem Gesamtgewicht habe sie als eine von zwei jungen Frauen nicht lachen können: Man solle sich die beiden nackt und angezogen vorstellen.

Ihre Mutter hatte von dem Problem zunächst oberflächlich Kenntnis erhalten. Nach einer Woche aber kündigte sie den Vertrag mit der Fahrschule. Im Gespräch mit der Frau des Beschuldigten, die das Büro leitet, habe sie angemerkt, dass die 16 Jahre Jüngere zu bemitleiden sei. An die Antwort „so sind Männer nun mal“ konnte sich die Frau von der Fahrschule vor Gericht nicht mehr erinnern. Ihr Mann sei „eine rheinische Frohnatur“, mehr nicht.

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Richter Heymann sieht das ganz anders: „Es gibt überhaupt keinen Grund, dass ein Fahrlehrer seine Schüler anfasst.“ Der Beschuldigte will das vor dem Landgericht klären lassen.  

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