Vergnügungsstätten in LeverkusenLandesgesetz erleichtert weitere Wettbüros

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Leverkusens Bemühen, die Vielzahl von Wettbüros einzudämmen, wird vom Land konterkariert.

Leverkusens Bemühen, die Vielzahl von Wettbüros einzudämmen, wird vom Land konterkariert.

Leverkusen – Während sich in Leverkusen fast alle Einwohner und Politiker über neue Wettgeschäfte wundern, ärgern oder sie gar bekämpfen, spielt sich in der Landesregierung Seltsames ab. Dort wird gerade ein Gesetzentwurf behandelt, über den die Oppositionspolitikerin Eva Lux (SPD) aus Leverkusen schreibt: „Das torpediert unseren Kampf gegen den Wildwuchs des Glücksspiels in unseren Innenstädten. Die Landesregierung legt uns ein richtig dickes Ei. Sogar Spielhallen können unter einfachen Auflagen den Mindestabstand von 100 Meter reduzieren.“

Tatsächlich steht im Entwurf Drucksache 17/12978, dass, falls er so beschlossen werden würde, künftig nicht mehr nur alle 350 Meter eine Spielhalle oder ein anderes Wettgeschäft sein dürfte, sondern alle 100 Meter. Das soll auch für Spielhallen „mit besonderen qualitativen Voraussetzungen“ gelten. 100 Meter sind nicht viel: Für Schlebusch etwa hieße das, wenn die heiß bekämpfte Annahmestelle im ehemaligen „Apfelbaum“ eine Genehmigung bekäme, könnte der nächste Wett-Laden schon neben Sankt Andreas stehen.

Das wird konkrete Auswirkungen haben. Im Gesetz wäre dies die wahrscheinlich in Innenstädten am stärksten spürbare Änderung.

Alles zum Thema Herbert Reul

Viele Ministerien beteiligt

Daneben soll es auch Verschärfungen geben: Wettvermittlungsstellen müssen zu Sportstätten künftig mindestens 100 Meter Abstand haben. Das Gesetz ist aber noch nicht beschlossen. Federführend ist das Innenministerium von Herbert Reul (CDU), aber fast alle anderen Ministerien sind eingebunden.

In der nicht-spielenden Stadtbevölkerung werden Lockerungen für die Spiel- und Wettbranche kaum zu vermitteln sein. Abgesehen davon, dass eine ständige Verfügbarkeit von Spiel und Wettgelegenheiten für die Gruppe der Spielsüchtigen und deren Familien fatal ist. Allzu übel sind auch die Auswirkungen einer hohen Dichte von Spiel-und Wettgeschäften auf die umliegenden Geschäfte und Viertel. Laut Polizeistatistik sind Wettgeschäfte Treffpunkte des Problem-Klientels.

Fast unerklärlich ist, wie es diese Lockerungen in die Landtagsvorlage geschafft haben. Der CDU-Landtagsabgeordnete Rüdiger Scholz, der Wettbüros und Spielhallen immer mit bekämpft hat, kann nicht viel dazu sagen: „Das ist noch nicht beschlossen.“ Die Sache ist bisher an ihm vorbeigegangen. Er will jetzt in seiner Fraktion Gespräche führen. Nicht ohne Grund vielleicht fällt der Verdacht eines gut informierten Insiders auf die FDP, wenn es um unerklärbaren Lobbyismus geht. Die gelbe Partei könnte des Rätsels Lösung sein, denn die Freidemokraten sitzen in der Landesregierung und sie sind schon früher im Zusammenhang mit der Spielbranche aufgefallen.

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Dazu könnte passen, dass die FDP-Fraktion am 22. März im Rat geschlossen gegen eine Resolution gestimmt hat, mit der man den Landtag zu Verschärfungen des Gesetzes auffordern will. Parteiübergreifend sähen offenbar viele Kommunen die Wettbüros als sichere Einnahmequelle für den öffentlichen Haushalt, sagt die FDP-Fraktionsvorsitzende im Leverkusener Stadtrat, Monika Ballin-Meyer-Ahrens. Das sei ein Showantrag, weil man schon einmal eine Resolution beschlossen habe; eine Behauptung, die einer Recherche aber nicht standhält.

Wie sehr Lobbyisten und Praktiker auseinanderklaffen, zeigt sich hier: Die Resolution, die der Stadtrat im März beschlossen hat, wurde am Dienstag zu Minister Reul abgeschickt. Darin fordert die Stadt für Wettgeschäfte einen mit 450 Metern mehr als vierfach größeren Abstand untereinander.

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