VerkehrssicherheitNeue Blitzer kommen paarweise

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Neue Technik, mit der auch NRW plant.

Neue Technik, mit der auch NRW plant.

Düsseldorf – Auf kaum einem Autobahnabschnitt Deutschlands haben sich in den vergangenen sechs Monaten mehr schwere und sogar tödliche Unfälle ereignet als auf der A1 zwischen Burscheid und Leverkusen – vor dem großen Stau wegen der für Lastwagen gesperrten maroden Leverkusener Autobahnbrücke. Blinklichter, Warnschilder, Blitzer und – ein erst kürzlich erweitertes – Tempolimit fruchteten nur bedingt.

Jetzt könnte die Strecke als erste in NRW mit einer komplexeren Form der Geschwindigkeitsüberwachung ausgestattet werden: mit Section Control, einem System, das das Tempo der Autofahrer über eine längere Strecke misst. Ein Bremsen vor einem Starenkasten reicht bei diesem System nicht mehr aus, um dem Bußgeld zu entgehen. Regierungspräsidenten Gisela Walsken hat kürzlich Section Control für die Gefahrenstrecke im Kölner Norden vorgeschlagen. Und NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hält es für möglich, dass NRW in Zukunft ein Strecken-Radar einsetzt. „Viel zu viele Autofahrer ignorieren Tempolimits. Fast jeder dritte Verkehrstote ist Opfer von zu hoher Geschwindigkeit“, so Jäger zum „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Voraussetzung für die Einführung von Section Control ist allerdings, dass das Verfahren rechtssicher angewandt werden kann.“ Besonders wichtig sei, die persönlichen Daten der Autofahrer zu schützen.

In Niedersachsen wird Section Control seit Herbst vergangenen Jahres getestet und soll in wenigen Wochen auf der B 6 zwischen Gleidingen und Laatzen (Raum Hildesheim) in die Praxisphase gehen – auf einer berüchtigten Unfallstrecke. Zur Beruhigung nicht nur von Innenminister Jäger: Die Datenschutzbeauftragte des Landes Niedersachsen hat nach intensiver Analyse schon ihr Okay für das System gegeben. Auf der 2,1 Kilometer langen Strecke werden Geräte aufgestellt, die eigens von Jenoptik entwickelt wurden und sich wesentlich von den Vorgängersystemen unterscheiden, die in anderen Ländern eingesetzt werden. Der abschließende Check der Geräte durch die Physikalisch-Technische Prüfanstalt steht kurz vor dem Abschluss. Würde eine entsprechende Anlage vor der Leverkusener Brücke eingesetzt, hätten es die Monteure nicht weit: Jenoptik hat eine Niederlassung in Monheim – und just dort wird das System entwickelt und gebaut. Zwei Kontrollpunkte am Beginn und Ende der Strecke sind mit Kameras versehen. Das Auto wird dort automatisch erfasst; das hintere Nummernschild bei der Einfahrt, das vordere samt dem Fahrer bei der Ausfahrt – aber nur dann, wenn das Tempolimit überschritten wurde. Die Zusicherung des Innenministeriums Niedersachsen: Nur von Temposündern werden die Daten weitergegeben, die Daten der anderen – sie werden während der beobachteten Fahrzeit verschlüsselt gespeichert – direkt wieder gelöscht. „Diese Daten“, so drückt es die Pressesprecherin des Innenministers Nadine Bunzler salopp aus, „verlassen die Kästen an der Einfahrt der Strecke überhaupt nicht“.

Datenschützer kritisieren, dass bei der Einfahrt in die Kontrollzone jeder Autofahrer fotografiert werden könne – auch diejenigen, die später unbescholten bleiben. Das soll auf der Niedersachsen Strecke jedoch gar nicht passieren; bei der Einfahrt würden „bestimmte Sektionen“ des Autos abgelichtet, nicht aber der Fahrer.

Auf Initiative Niedersachsens haben unterdessen die Innenminister der Länder bei ihrer jüngsten Konferenz im Saarland beschlossen, die Bußgelder bei Ordnungswidrigkeiten mit hohem Gefährdungsgrad zu überprüfen. „Da die Zahl der Unfalltoten und Schwerverletzten nicht sinkt und zu hohes Tempo Killer Nummer Eins auf den Straßen ist, müssen wir dringend weitere Maßnahmen ergreifen – dabei dürfe es keine Denkverbote geben, so Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius. Der Minister fordert höhere Bußgelder für Temposünder.

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