Verkehrswende in LeverkusenWas die Datenspuren von Radlern verraten

Lesezeit 4 Minuten
Radverkehr-dhuennradweg--leverkusen_ALF_6111

Wo fließt der meiste Radverkehr? Erstmals gibt es eine Analyse, die allerdings auf der Basis von „Stadtradeln“ beruht. 

Leverkusen – Dhünn, Wupper, Balkantrasse. Das scheinen die wichtigsten Verkehrsachsen für Radler in der Stadt zu sein. Jedenfalls zeigen das die Karten, die auf Basis der Datenspuren entstanden sind, die engagierte Menschen hinterlassen haben. Jene nämlich, die sich an der Aktion „Stadtradeln“ beteiligt haben. Leverkusen macht seit fünf Jahren mit, seit 2018 wird aufgezeichnet, wo die Leute entlang fahren. Die Daten wurden an der Technischen Uni in Dresden ausgewertet und in Karten gegossen – auch für die Stadt Leverkusen.

Der Datenstrom ist zwar im Corona-Jahr dünner geworden, weil sich mit 1706 nur gut halb so viele Leute am „Stadtradeln“ beteiligten wie etwa im Jahr davor. Aber mit 358 269 legten sie kaum weniger Kilometer zurück. Daraus lasse sich viel ablesen, so Christian Syring. Der Mobilitätsbeauftragte in der Stadtverwaltung bezeichnet die Wege-Auswertung der Dresdner Forscher am Donnerstag als „planerisch relevant“. Zumindest scheinen sie zu bestätigen, dass die gut ausgebauten, kreuzungsfreien Rad-Tangenten in der Stadt tatsächlich rege genutzt werden.

Breiter Streifen auf der Balkantrasse

Auf den Karten sieht man breite Streifen auf den Wegen entlang der Dhünn, der Wupper und auch auf der Balkantrasse. Letztere gibt es ja nur, weil sich ein Verein dort ins Zeug gelegt und vor knapp sieben Jahren das verwirklicht hat, was den damals Verantwortlichen im Rathaus nicht einsichtig war: einen gut zu bewältigenden Anschluss ins Bergische auf der stillgelegten Trasse des „Balkan-Express“.

Deutlich zu erkennen ist auch die Bedeutung der Rheinbrücke – für Radfahrer wohlgemerkt, die sich dort baubedingt derzeit nur auf einem und dann auch noch Handtuch-breiten Weg aus dem Kölner Norden nach Wiesdorf kämpfen müssen. Dass von dort auch die Verbindung in den Norden der Stadt sehr gebraucht wird, lässt sich ebenfalls aus den Datenspuren ablesen.

Eine Premiere

Im Rathaus spricht man angesichts der Karten von der „ersten großflächigen Vermessung des kommunalen Radverkehrs“ und erklärt die Auswertung zu einer Grundlage der Ausbauplanung: Die Daten lieferten sehr wichtige Anhaltspunkte für „den Lückenschluss zu bestehenden und die Instandsetzung der vorhandenen Radwege“, fasst Syring zusammen. Die Auswertung suggeriert indes eine geringe Bedeutung der Ost-West-Verbindungen abseits des Dhünn-Radwegs: Auf dem Willy-Brandt-Ring, der Rathenaustraße oder am Bürgerbusch gibt es nur relativ schmale Datenspuren.

Aber ist das ein realistisches Bild? „Stadtradeln“ ist eine jeweils dreiwöchige Aktion, die in den Sommermonaten läuft, zuletzt vom 16. August bis 5. September. Nach allem, was die Teilnehmer von sich preisgeben, ist das tendenziell eine Aktion für Freizeitradler, wenn auch sehr oft passionierte. „Wir sehen das ja bei den Preisverleihungen: Da sind Leute dabei, die am Wochenende mal eben 120 Kilometer auf dem Rennrad zurücklegen“, beschreibt Syring seine Erfahrungen aus den vergangenen Jahren: „Anders käme man auch gar nicht auf diese Fahrstrecken.“

Drei Zählstellen

Sieben Tage die Woche, 24 Stunden: So wird künftig an drei Stellen in der Stadt der Radverkehr ermittelt. Mit Hilfe von Induktionsschleifen zählt die Stadtverwaltung auf ihrer Erfahrung nach viel befahrenen Routen deren tatsächliche Nutzung. Die Zählstellen werden auf dem Balkan-Radweg, an der Dhünn auf Höhe der Tannenbergstraße sowie am Rhein auf der Fährstraße in Hitdorf eingerichtet. Die erste auf der Balkanstrasse soll in den nächsten Wochen in Betrieb gehen, sagte der Mobilitätsbeauftragte Christian Syring. (tk)

Dazu kommt: Bei weitem nicht jeder, der mitmacht, hinterlässt auch seine Datenspuren. Rund 30 Prozent der 1706 Teilnehmer im vorigen Spätsommer hätten die App für das Smartphone benutzt, sagt Syring auf Anfrage. Grob kalkuliert wurden also nur 100 000 der fast 360 000 gefahrenen Kilometer aufgezeichnet und ausgewertet. Dabei sei 2020 auch das erste Jahr gewesen, in dem die App störungsfrei und verlässlich funktioniert habe – „früher gab es da immer wieder Ausfälle“, weiß Syring. Ein Vorteil dieser elektronischen Auswertung des Stadtradelns sei aber: „Man sieht wirklich, wo die Leute langgefahren sind, also auch Abkürzungen.“

Klar sei aber auch, dass die Datenspuren eher nicht die von Berufspendlern sind, für die das Rad einfach Ersatz ist für Auto oder Bus und Bahn. Deshalb kommt Syring zu dem Schluss: „Die Daten bieten nur einen groben Anhalt. Das ist nicht repräsentativ.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Trotzdem seien sie wertvoll. Weil man eben sonst eigentlich gar nicht an Auswertungen des Radverkehrs komme und sich die Karten aus Dresden durchaus mit den Erfahrungen deckten. Zusätzlich setzt der Beauftragte für Mobilität auf Induktionsschleifen in Radwegen. Aber mit dieser Art von Datenerhebung fängt die Stadt gerade erst an. Deshalb ist Syring froh über die Datenspuren aus dem „Stadtradeln“ vom vorigen Sommer.

KStA abonnieren