Verlegerin Barbara BudrichBertelsmann? Nein, danke

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Barbara Budrich ist glücklich mit der Entscheidung, ihren eigenen Verlag zu gründen.

Barbara Budrich ist glücklich mit der Entscheidung, ihren eigenen Verlag zu gründen.

Ein halbes Jahr hat sie’s ausgehalten im Buchkonzern. Und selbst das stimmt nicht so ganz: Etwa fünf Monate war Barbara Budrich damit beschäftigt, den von ihrem Vater an Bertelsmann verkauften Verlag Leske & Budrich in das Riesenreich einzuordnen. Von Opladen aus. Danach ging es in den Schoß des Konzerns. Und das ging nicht. „Mich über die Dicke des Teppichflors im Büro definieren? Das konnte ich nicht“, bekennt Budrich.

Was sie konnte: selbst einen Verlag aufbauen. Der ist jetzt zehn Jahre alt und eine Nummer in der Branche. Inzwischen: Denn es ist nicht mehr so einfach, sich zu etablieren. Auf „zwei Jahre“ taxiert Budrich die Anlaufzeit. Und geholfen habe neben ihren in Jahrzehnten aufgebauten Kontakten unter anderem ein „glücklicher Zufall“ im Jahr 2006: Da habe sich Leske & Budrich aus dem Netzwerk UTB verabschiedet – die meist roten Bände gehören zum Inventar sämtlicher Universitäts- und Seminarbibliotheken. Barbara Budrich rückte bei UTB an die Stelle von Leske & Budrich und hat so „20 Lehrbücher geerbt“. So etwas schätzt man in der Branche, weil es regelmäßige Neuauflagen garantiert. Und regelmäßige Einnahmen.

So ähnlich verhält es sich mit den wissenschaftlichen Zeitschriften, die ein wichtiges Standbein für das kleine Unternehmen an Opladens „Medienmeile“ sind: An der Stauffenbergstraße gegenüber sitzt Garcia; aus Barbara Budrichs Büro fällt der Blick auf eine alte Middelhauve-Halle. Das Zeitschriften-Programm deckt die Themen Politologie, Pädagogik, Soziologie, Soziale Arbeit und Geschlechterforschung ab. In diesen Bereichen ist Budrich eine eingeführte Marke.

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Wandel durch das Internet

Und hier zeigt sich auch der Wandel durch das Internet am deutlichsten. Einige der Fachzeitschriften erscheinen gar nicht mehr auf Papier. „Einige Universitäten wollen das gar nicht mehr“, erklärt Barbara Budrich. Dazu zählt die renommierte Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich. Die ETH verlange, dass alle Texte auf ihrer Internet-Plattform frei zugänglich sind. Und wie wird dann bezahlt? „Mit einer Pauschale. Die handelt man vorher aus“, erläutert die Verlegerin. Allzu niedrig scheint die nicht ausfallen zu können. Bei Fachzeitschriften ist es auch nicht viel anders als bei elektronischen Büchern in der Wissenschaft: Der verlegerische Aufwand ist hoch, trotz eingesparter Druckkosten. Für Technik und Layout müsse viel Aufwand betrieben werden. „Und ich habe auch noch keinen Autor erlebt, der beim E-Book auf das Titelbild verzichten wollte“, so die 49 Jahre alte Verlegerin.

Noch ein Aspekt: „Man mus unglaublich gut verschlagworten“, um einen Mangel des E-Books auszugleichen. Budrich beschreibt ihn aus ihrer persönlichen Sicht: „Wenn ich am Bildschirm lese, habe ich kaum Orientierung in einem Buch.“ Notizen an den Rand kritzeln, farbige Zettel ankleben – das geht so ja nicht. Unterm Strich sei das elektronische Buch „15 bis 20 Prozent billiger“ als das gedruckte, so Budrich. Der eher geringe Unterschied resultiert auch aus den kleinen Auflagen. „1000 Stück bei einem wissenschaftlichen Buch sind schon ein Bestseller“, sagt die Verlegerin.

Die Autobiografie des südafrikanischen Paters Michael Lapsley ist so ein Fall. Der Kämpfer gegen die Apartheid verlor bei einem Attentat beide Hände und eines seiner Augen. Trotzdem predigt er Versöhnung. Barbara Budrich war mit ihm auf Lesereise und ist entzückt von dem Mann: Manchmal ist Büchermachen auch in einem Wissenschaftsverlag eine sehr emotionale Sache.

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