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Vor Urteil im Leverkusener Messerstecher-ProzessOpfer soll 50.000 Euro erhalten

Lesezeit 3 Minuten
Mordprozess Waldsiedlung

Der Angeklagte (links) vor dem Kölner Landgericht

Leverkusen – Es sah schon beim vorigen Mal nicht gut aus für den jungen Messerstecher: Der 20-Jährige, der am 20. April in der Waldsiedlung die Mutter seiner jungen Liebe mit 36 Stichen eher durch Zufall nicht ermordet hat, muss nach Auffassung der Gutachter wie ein Erwachsener behandelt werden. Milderes Jugendstrafrecht kommt weder für die Psychiaterin Konstanze Jankowski in Betracht, noch für den Psychologen Hans-Jürgen Kunert.

Am Montag ging es für Ulrike Grave-Herkenrath und die anderen Richter der 4. Großen Strafkammer um eine Bewertung, ob der 20-Jährige eine ähnliche Tat wieder begehen könnte, ob man ihm „einen Hang“ zu exzessiver Gewalt unterstellen müsse. Ja – auch da waren sich die Psychiaterin und der Psychologe einig.

Bisher ein un beschriebenes Blatt

Dabei war der ehemalige Schüler des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums noch nie einschlägig in Erscheinung getreten. Für die Polizei war er bis zu diesem Tag ein unbeschriebenes Blatt.

Nach intensiver Begutachtung betrachten die Experten den Mann aber als „anti-sozial“; die grauenvolle Tat, deren Opfer offenbar nur durch Zufall die Mutter der Mitschülerin wurde, sei Resultat grenzenloser Wut – der Wut einer narzisstischen Persönlichkeit, die ein hohes Aggressionspotenzial mit sich herum schleppt. Schon sehr lange.

Grenzenlose Wut, aber keine Affekttat

Trotzdem – oder gerade aus diesem Grund – sei der Überfall auf das Haus keineswegs eine Affekthandlung, aus der man eine Minderung der Schuld ableiten könne. Der 20-Jährige sei voll zurechnungsfähig gewesen, ist das Urteil der Gutachter. Daran konnten auch die Fragen der Verteidigerin nichts ändern. Sie wies zwar darauf hin, dass ihr Mandant mit 14 Jahren in ein „erzieherisches Vakuum“ gefallen sei, als er seine sehr strenge Mutter verließ und zu seinem betagten Vater zog, der ihm – wohl um des Kontrastes willen und als Zeichen, dass er seinen Sohn ernst nimmt – überhaupt keine Schranken setzte.

Zu den negativen Effekten gehörte, dass sich der Heranwachsende immer mehr in eine Scheinwelt aus Computerspielen zurückzog und seine Isoliertheit mit heftigem Cannabis-Konsum erträglicher machte. Aber es war auch eine gewollte Isolation, lautet das Urteil der Gutachter. Sie diagnostizieren eine schwere Persönlichkeitsstörung, die sich in einem auf allen Ebenen unangepassten Verhalten äußere und nur in einer Klinik therapiert werden könne.

Klare Ansage von der Richterin

Eine Bestätigung für dieses Verdikt lieferte der 20-Jährige am Montag auch – jedenfalls aus Sicht der Vorsitzenden Richterin: Als er sich mit einem Halbsatz an Gutachterin Jankowski wandte, setzte es eine gehörige verbale Zurechtweisung.

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Unter diesen schlechten Vorzeichen werden am Mittwoch die Plädoyers gehalten und das Urteil gesprochen. Eine Last hat der 20 Jahre alte Mann ohne Schulabschluss schon auf seinen Schultern. 50.000 Euro Schmerzensgeld muss er an das Opfer zahlen. Darauf hat sich seine Anwältin mit den Vertretern der Nebenklage schon geeinigt. Wie er das bezahlen soll? Unklar.

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