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14 Meter hohe Wand im GartenDiese Ausbaupläne schockieren A3-Anwohner in Leverkusen

Lesezeit 4 Minuten
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Carsten Geilen wohnt schon immer am Erlenweg an der Autobahn.

Leverkusen – Marlene Geilen wohnt seit 1963 am Erlenweg. Da war sie 16 Jahre alt. Ein Leben ohne Autobahn, ohne A 3, direkt hinter ihrem Garten, in dem sie so gerne sitzt und die Sonne genießt – unvorstellbar. „Bevor die Wand gebaut wurde, hatten wir auch schon mal ein Auto im Garten liegen“, erzählt die Leverkusenerin unaufgeregt.

Anwohnerin Geilen: „Ich bin in Schockstarre“

Marlene Geilen ist nicht leicht aus der Ruhe zu bringen – und doch war das, was sie in der vergangenen Woche über die Ausbaupläne der Autobahn GmbH des Bundes erfahren hat, für sie ein Schlag in die Magengrube. „Ich bin in Schockstarre“, sagt die 74-Jährige, die zu jenen paar Dutzend A 3-Anwohnerinnen und -Anwohnern gehört, die von den Planern des Autobahn-Ausbaus zu einer geschlossenen Informationsveranstaltung eingeladen worden waren. Die Presse erhielt keinen Zutritt, auch die Stadt, die sich mit Händen und Füßen gegen das in Berlin beschlossene Bauvorhaben wehrt, war nicht eingeladen.

Was die Angestellten der Autobahn GmbH Marlene Geilen, ihrem Sohn Carsten, der über seiner Mutter wohnt, Nachbar Georg Marschner und vielen weiteren Anwohnenden da erzählten, war allerlei.

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Aktuelle Planungen sehen eine 14 Meter hohe Wand vor

Aktuelle Planungen sehen demnach eine 14 Meter hohe Lärmschutzwand vor. Diese soll zwei Meter näher als die bestehende und deutlich niedrigere Wand an die Häuser am Erlenweg heranrücken. Doch damit nicht genug: Zwischen Wand und Garten wird eine fünf Meter breite Schneise verlaufen. Ein Versorgungsweg, nicht nur für den Bau, sondern dauerhaft. Anders könne die Wand nicht regelmäßig gewartet werden. Viereinhalb Jahre werden aktuell für den Bau veranschlagt.

Es ist das erste Mal, dass solche konkreten Informationen über die Auswirkungen auf die Menschen an der A 3 nach außen dringen. Und eine Sprecherin der Autobahn GmbH bestätigt die Angaben am Freitag auf Anfrage des „Leverkusener Anzeiger“ in weiten Teilen, wenn auch mit Einschränkungen: Die Lärmschutzwand wird zwei Meter versetzt? Zu pauschal, sagt die Sprecherin: „Der Ausbau hat auf jedes Grundstück eine andere individuelle Auswirkung.“ Die Wand wird 14 Meter hoch? Zu pauschal, sie werde nicht überall gleich hoch, es handle sich um „eine grobe Planung“ und „vorläufige Berechnungen“.

Nur noch wenige Sonnenstrahlen fallen in den Garten

Sieben Meter kürzer wird der Garten von Marlene und Carsten Geilen also. Dahinter eine zubetonierte Straße, dann eine 14 Meter hohe Lärmschutzwand.

Nur noch wenige Sonnenstrahlen werden Marlene Geilen dann in den Garten mit Südwest-Ausrichtung – eigentlich ja perfekt für Sonnenanbeter – fallen. Die Autobahn GmbH hat ihr und den anderen bei der Informationsveranstaltung eine Computersimulation zu den Auswirkungen auf die Grundstücke vorgeführt.

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Georg Marschner, der am Anfang des Erlenwegs wohnt, soll künftig im Hochsommer noch bis 19.30 Uhr Sonne im Garten haben, habe er gesagt bekommen. Aber er hat auch ein deutlich größeres Grundstück als die Geilens. „Für uns ist dann schon am frühen Nachmittag Sonnenuntergang“, sagt Carsten Geilen. Wie er sich beim Gedanken daran fühle, wird er gefragt, und er antwortet mit Kraftausdrücken.

„Ich soll mich melden, wenn ich verkaufen will“

Die Sprecherin der Autobahn GmbH schreibt dazu, die genauen Auswirkungen seien noch nicht absehbar. Diese hingen unter anderem davon ab, wie hoch die Wand am Ende wird und ob transparente Elemente verwendet werden. Die Visualisierung könne sie aus technischen Gründen leider nicht zur Verfügung stellen.

Die gewaltige Wand vor der Nase, Lärm, Dreck und Abgase, dieser grausam sichtbar werdende Schnitt durch ihr Zuhause – das alles ist schon schlimm. Aber so richtig unwirsch wird Marlene Geilen, wenn sie davon erzählt, wie mit ihr bei der Info-Veranstaltung der Autobahn GmbH umgegangen worden sei.

„Ich habe eine Frau gefragt, ob es denn eine Entschädigung gibt, wenn unsere Häuser an Wert verlieren“, sagt sie. „Sie hat nur geantwortet, sie würde genug Leute kennen, die in Leverkusen händeringend Häuser suchen. Ich soll mich melden, wenn ich das Haus verkaufen will. Es findet sich schon ein Käufer, hat sie gesagt.“

Eine detaillierte Planung soll es 2025 geben

Die Autobahn GmbH schreibt dazu: „Tatsächlich hat der Wohnungsmarkt aktuell im Großraum Köln eine größere Nachfrage als das Angebot. Auch das wurde im Rahmen einzelner Termine thematisiert.“ Es werde keine generelle Prüfung einer Wertminderung geben, und für entfallende Grundstücksanteile würden Eigentümerinnen und Eigentümer natürlich entschädigt.

Eine detaillierte technische Planung will die Autobahn GmbH „frühestens 2025“ erstellt haben, schreibt sie. Marlene Geilen hat schon jetzt genug gehört: „Wir sind dabei uns zu organisieren“, sagt sie. „Wir möchten uns Gehör verschaffen. Ich wünsche mir, dass die ganzen Pläne vom Tisch kommen. Überall ist nur noch Autoverkehr, und Leverkusen wird mehr und mehr zur Betonstadt. Und die erzählen mir, ich soll mir keine Sorgen machen. Aber jetzt ist die Katze aus dem Sack.“

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