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Kritik an China-LieferungWird die Leverkusener Rheinbrücke mit „Billigstahl” gebaut?

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Rheinbrücke DPA 101219

So könnte die sanierte Leverkusener Brücke aussehen.

  • Die Stahlteile, die zur Sanierung der Leverkusener Brücke verwendet werden sollen, werden Anfang 2020 aus China geliefert.
  • Die Entscheidung für chinesischen Stahl hatte 2018 für Unmut gesorgt: So kritisierte ein deutscher Stahlverband, dass China nur billiger sein könne, weil man auf deutsche Qualitätsanforderungen verzichte. Ein fairer Wettbewerb sehe anders aus.
  • Flackert die Diskussion nun erneut auf, wenn der Bau beginnt? Die zuständige Baufirma befürchtet das.

Leverkusen/Köln – Die ersten Stahlbauteile aus China für den 364 Millionen Euro teuren Neubau der Leverkusener Rheinbrücke sind auf dem Seeweg in Rotterdam eingetroffen und werden Mitte Januar über den Rhein nach Leverkusen verschifft.

Für den ersten der zwei Brückenteile, der im November 2020 fertig sein soll, sind 30.000 Tonnen Stahl nötig. Zwei Drittel kommen aus China. Insgesamt geht es um 80 Bauelemente von jeweils bis zu 27 Metern Länge, die in vier Ladungen nach Leverkusen gelangen. Der Pylon, für den weitere 10.000 Tonnen Stahl nötig sind, wird in Deutschland gefertigt. Wenn die erste Brückenhälfte steht, wird die alte Rheinbrücke abgebrochen. Das dauert ungefähr ein Jahr, der anschließende zweite Teil des Neubaus soll im November 2024 fertig sein.

„Wir können garantieren, dass der Stahl aus China allen europäischen Qualitätsstandards entspricht“, sagt Karl-Heinz Strauss, Vorstandschef des österreichischen Bauriesen Porr AG, der den Wettbewerb für den Neubau gewonnen hatte. „Wir haben mit unseren eigenen Leuten die Fertigung in China kontrolliert. Straßen NRW als Auftraggeber war auch mit einem Büro vor Ort.“ Überdies habe der Tüv Rheinland für jedes Bauteil eine Konformitätserklärung abgegeben. „Damit war ich beruhigt. Die Überwachung war konstant und hat auch Mängel aufgezeigt, die behoben worden sind“, sagt Hans Wenkenbach, Chief Operating Officer bei Porr.

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Sorge um Diskussion über chinesischen Billigstahl

Dennoch fürchtet die Baufirma, dass in Deutschland nach zwei Jahren die Diskussion über den vermeintlichen Billigstahl aus China wieder aufflackern könnte. Zumal in Duisburg der Neubau der Rheinbrücke Neuenkamp für die A 40 ansteht. Der Spatenstich erfolgt am 16. Dezember, die Ausschreibungsfrist für die Brücke endet am 15. Januar 2020.

Im Januar 2018 hatte Bernhard Hauke, Geschäftsführer des Branchenverbands „Bauforumstahl“, den China-Import für Leverkusen kritisiert. China könne nur billiger sein, wenn man auf deutsche Qualitätsanforderungen verzichte. Das sei kein fairer Wettbewerb. Sonst „wären die Angebote des deutschen Stahlbausektors absolut konkurrenzfähig“, sagte Hauke. Knapp zwei Jahre später erklärt der Branchenverband auf Nachfrage, dass in der Zwischenzeit in China auch Material zur Verfügung stehe, das europäischen Qualitätsnormen entspricht. „Ob jedoch alle an der Bauausführung Beteiligten die erforderlichen Qualitätsansprüche im Projekt Leverkusener Brücke vollumfänglich entsprechend der nationalen Regularien umgesetzt haben, können wir nicht beurteilen“, heißt es in einer Stellungnahme.

Rheinbrücke Neuenkamp nach gleichem Prinzip erneuert

Die Rheinbrücke Neuenkamp, die als Zwillingsschwester von Leverkusen gilt, wird nach dem gleichen Prinzip erneuert. Bis 2023 soll das erste Brückenbauwerk stehen und danach den Verkehr mit jeweils drei Fahrspuren pro Richtung aufnehmen. Danach wird die alte Brücke abgerissen und bis 2026 der zweite Teil gebaut.

Die Brücke Neuenkamp, die rund 365 Millionen Euro kostet, wird nicht von Straßen NRW, sondern von der Deges beauftragt, der nationalen Fernstraßengesellschaft, die im Zuge der deutschen Einheit gegründet wurde. Ob dort China-Stahl zum Einsatz kommt, ist unklar. „Der Stahl wird von uns mit der höchsten Qualitätsanforderung ausgeschrieben, nach Zertifizierungen der Deutschen Bahn“, sagt eine Sprecherin.

Die Porr AG hat nach eigenen Angaben unlängst zwei Bahnbrücken in Bayern erneuert – mit Stahl aus China.

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