Abo

Mallorca-AffäreAusspäh-Attacke auf die Tochter der NRW-Umweltministerin Heinen-Esser

Lesezeit 3 Minuten
Heinen-Esser 170322

Ursula Heinen-Esser 

Düsseldorf – Kaum war die nordrhein-westfälische Umweltministerin Ursula Heinen-Esser zurückgetreten, weil sie kurz nach der Flutkatastrophe länger als bekannt mit ihrer Familie auf Mallorca urlaubte und mit Kabinettskollegen den Geburtstag ihres Mannes feierte, da nahm sich Sarah Philipp, die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Ministerpräsident Hendrik Wüst vor. Der Chef der NRW-CDU müsse erklären, was er über die Mallorca-Affäre wusste. An die Staatskanzlei wurde ein Fragenkatalog gerichtet mit dem Tenor: Die Landesregierung habe eine Woche Zeit, diesen zu beantworten „und alle Fakten transparent und nachvollziehbar auf den Tisch zu legen“, sagt Philipp.

Die heiße Phase des Wahlkampfes zwischen Rhein und Weser läuft, und da kam „Mallorca-Gate“ für die Genossen gerade recht. Nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ versuchte ein Mitarbeiter von Philipp jedoch in der Mallorca-Affäre jedoch, die minderjährige Tochter der Umweltministerin einen Tag vor deren Rücktritt am 7. April dieses Jahres auszuforschen.

SPD versuchte sich Zugang zu Instagram-Account von Heinen-Essers Tochter zu verschaffen

Dieser Zeitung liegt ein Screenshot vor, in dem die Tochter Heinen-Essers um 14.29 Uhr vom Instagram-Account der Landespolitikerin angeschrieben wurde. Und zwar mit der Bitte, in den privaten Bereich der Jugendlichen aufgenommen zu werden. Drei Minuten später versuchte Philipps Mitarbeiter für Soziale-Medien den Zugang als „Follower“. Letzterer zeigt sich auf seiner Instagram-Plattform gerne als Freund der Mächtigen. So posierte er mit dem SPD-Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty und Bundeskanzler Olaf Scholz im Landtag.

SPD entschuldigt sich bei Heinen-Esser

Am Nachmittag des 6. April kursierten erste Gerüchte im Landtag, dass die Kölner CDU-Politikerin Heinen-Esser wenige Tage nach der tödlichen Flutwelle den Geburtstag ihres Mannes auf Mallorca gefeiert haben könnte. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigte die Ereignisse am späten Abend desselben Tages als wahr. Womöglich erhoffte sich die SPD, auf dem Account der Tochter kompromittierende Fotos vom Urlaub zu finden oder von der Geburtstagsfeier, an der seinerzeit außerdem die Bauministerin Ina Scharrenbach, ihr Amtskollege Stephan Holthoff-Pförtner sowie die Kölner Bundestagsabgeordnete Serap Güler teilnahmen.

Philipp bestätigte am Donnerstag die Kontaktversuche zum Instagram-Account der 16-Jährigen. Diese seien ihr aber bis zur Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ nicht bekannt gewesen. „Sie sind durch einen studentischen Mitarbeiter aus meinem Abgeordnetenbüro, der auch meinen Social-Media-Account mitbetreut, ohne meine Kenntnis und ohne meine Erlaubnis erfolgt“, teile die SPD-Politikerin mit: „In einem persönlichen Gespräch habe ich ihm heute deutlich gemacht, dass sein Verhalten inakzeptabel ist. Dafür bitte ich Frau Heinen-Esser und ihre Tochter – auch im Namen meines Mitarbeiters – um Entschuldigung. Die Motivation war Neugierde und wenig sensibel. Der Mitarbeiter ist sich über sein Fehlverhalten bewusst und bedauert es.“

CDU: „Dieses Verhalten ist das Letzte“

Die Tochter der damaligen Umweltministerin hatte die Anfragen am 6. April nicht bestätigt. Wie ein Insider berichtete, wurde die Schülerin durch ihre Eltern stets aufs Neue davor gewarnt, unbekannte Personen auf Instagram zuzulassen. Erst am Tag des Rücktritts ihrer Mutter setzte die Tochter ihre Familie über den gescheiterten Spähversuch ins Bild. Auf Anfrage wollte sich Heinen-Esser nicht zu dem Sachverhalt äußern.

Das könnte Sie auch interessieren:

Klaus Voussem, CDU-Landtagsabgeordneter, zeigte sich entsetzt: „Die SPD schwingt die moralische Keule gegen eine Ministerin - und überschreitet dann selbst jede Grenze des politischen Anstands. Ein minderjähriges Kind zu benutzen, um an Bilder aus dem Privatleben einer Politikerin zu kommen, ist das Letzte.“ Matthias Kerkhoff, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, sieht das ähnlich. „Das Ausspähen von Kindern ist inakzeptabel und eine absolute Grenzüberschreitung. Familien müssen auch in Wahlkampfzeiten streng tabu in der politischen Auseinandersetzung sein.“ SPD-Chef Kutschaty müsse „unverzüglich“ zu den Methoden seiner Partei Stellung beziehen.

Am Freitag ist die Ministerin wieder im U-Ausschuss

Am Freitag wird Heinen-Esser erneut vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags zur Flut-Katastrophe als Zeugin vernommen. SPD und Grünen wollen wissen, wann Ministerpräsident Henrik Wüst (CDU) über das Ministertreffen auf Mallorca informiert wurde. Es wird erwartet, dass auch der Ausspähversuch ein Thema in der Sitzung sein wird.

KStA abonnieren