NRWJustizminister sieht keine Pannen bei Geiselnahme in JVA Münster

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JVA Münster Biesenbach

Peter Biesenbach (CDU), Justizminister von Nordrhein-Westfalen, sitzt mit Mund-Nasen-Schutz vor einer Sondersitzung im Landtag.

Düsseldorf – Bei der Geiselnahme im Gefängnis von Münster sind nach Ansicht von NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) keine Pannen passiert. „Die Lage wurde ausgesprochen gut bewältigt“, sagte Biesenbach am Freitag in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses des Landtags. „Schulmäßig, sagt meine Abteilung.“

Der offenbar geistig verwirrte Geiselnehmer, der am Freitag vor einer Woche eine 29 Jahre alte Auszubildende in seine Gewalt gebracht hatte, war nach gut drei Stunden von SEK-Beamten erschossen worden. Die Leiche des 40-Jährigen wies vier Schussverletzungen auf.

Biesenbach äußerte sein Unverständnis über die von der SPD in der Herbstpause des Parlaments beantragte Sondersitzung. „Ich halte diese Sitzung für überflüssig. Da war eine junge Kollegin stundenlang in Todesangst“, sagte der Minister, aber die SPD habe keine anderen Sorgen, als möglichst live informiert werden zu wollen. Die SPD hatte kritisiert, dass Biesenbach die Abgeordneten nicht wie sonst üblich unmittelbar über diese besondere Tat informiert habe.

„Das ist die zweite Geiselnahme innerhalb weniger Wochen“

Die CDU-Abgeordnete Angela Erwin warf der SPD eine „Skandalisierung“ des Vorfalls vor. „Das ist die zweite Geiselnahme innerhalb weniger Wochen“, entgegnete die SPD-Abgeordnete Sonja Bongers. Da sei es selbstverständlich, dass das Parlament informiert werden wolle. Im September war eine Geiselnahme im Gefängnis von Geldern unblutig beendet worden. „Wie kann es sein, dass ein Täter, der als gefährlich bekannt ist, sich eine junge Auszubildende greifen kann?“, fragte Bongers zu der Tat in Münster.

„Sie selbst hätten die Sondersitzung vor einer Woche beantragt - mit Schaum vor dem Mund“, sagte der SPD-Abgeordnete Hartmut Ganzke zum Justizminister. „Wie sie mit den Rechten des Parlaments umgehen, ist eine Unverschämtheit.“ Die AfD lobte den Polizeieinsatz, der mit dem Tod des Geiselnehmers endete. Dies sei ein deutliches Zeichen an Nachahmer.

Geiselnehmer galt als gefährlich

In einem Bericht an den Rechtsausschuss heißt es, der Gefangene habe den Wäschetausch genutzt, um blitzschnell zwei Bedienstete zur Seite zu stoßen und die Auszubildende durch einen Griff in die Haare in seine Gewalt zu bringen. Dann habe er sie in den Schwitzkasten genommen und mit dem Griff einer angespitzten Zahnbürste bedroht.

Aus dem Bericht geht auch hervor, dass der Mann Auffälligkeiten aufwies, die für eine psychische Erkrankung sprechen. Weil er sich gegenüber JVA-Mitarbeitern und Mitgefangenen aggressiv verhalten hatte, waren eine Reihe verschiedener Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden. So durfte er nur allein duschen und allein zum Freigang auf den Hof.

Der bauliche Zustand des Gefängnisses habe die Geiselnahme nicht begünstigt. Der B-Flügel, in dem die Geiselnahme stattfand, sei saniert, sagte Biesenbach. „Der Rest ist Schrottimmobilie.“ Diesen Zustand habe aber vor allem sein Vorgänger Thomas Kutschaty (SPD) zu verantworten. „Deshalb muss jetzt eine neue Anstalt gebaut werden.“

„Da sind tickende Explosionsrisiken“

Er habe die Obleute des Rechtsausschusses nicht so zügig wie sonst über die Geiselnahme informiert, weil er im Urlaub an der Ostsee gewesen sei. Biesenbach sagte weiter, er unterstütze die Bemühungen, den Umgang mit psychisch kranken Gefangenen zu verbessern. „Da sind tickende Explosionsrisiken, die wir alle kennen. Es gibt immer mehr verhaltensauffällige Gefangene.“

Nach Angaben der JVA-Mitarbeiterin, die als Geisel genommen worden war, hatte der 40-Jährige zu ihr gesagt, er sei der Sohn der Jungfrau Maria und müsse nach Spanien, um mit einem Hammer das Coronavirus zu besiegen.

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Die 29-Jährige hatte mit leichten Verletzungen am Hals befreit werden können. Der Geiselnehmer starb noch vor Ort. Er war unter anderem wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr, versuchten Totschlags und vorsätzlicher Körperverletzung vorbestraft. Die aktuelle Strafe verbüßte er wegen eines Angriffs auf einen Vollzugsbeamten. Der 40-Jährige wäre im November freigekommen. Seit dem Jahr 2000 gab es nach Angaben des Ministers vier Geiselnahmen in NRW-Gefängnissen.

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