„Klimazonen des Karnevals“Die jecken Hochburgen in Oberberg

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Klimazonen: Vom raderdollen Rot über Orange, Gelb und Grün bis zum geruhsamen Grau reicht die Farbpalette, mit der wir die Intensität des organisierten Karnevals in Oberberg dargestellt haben.

Klimazonen: Vom raderdollen Rot über Orange, Gelb und Grün bis zum geruhsamen Grau reicht die Farbpalette, mit der wir die Intensität des organisierten Karnevals in Oberberg dargestellt haben.

Oberberg – Auch in Köln soll es Karnevalsmuffel geben. Ob jemand gerne schunkelt, hängt nicht vom Wohnort ab.

Aber es gibt eben Gegenden, in denen man am Rosenmontag nur im Kostüm angemessen gekleidet ist. Und am selben Tag provoziert man in Nümbrecht oder Gummersbach mit einer Pappnase verwunderte Blicke.

Vergleich zu vor zehn Jahren

Vor zehn Jahren haben wir schon einmal die „Klimazonen des Karnevals“ erforscht. Hat sich seitdem etwas verändert? Damals wie heute haben wir uns bei der Untersuchung am organisierten Frohsinn orientiert und messbare Kriterien zugrunde gelegt: das Gründungsjahr der örtlichen Karnevalsgesellschaft und deren Mitgliederzahl sowie die Zahl der Teilnehmer am Karnevalsumzug und der Besucher bei der größten Sitzung. Am Ende ergibt sich ein Jeckheitsfaktor, der von raderdoll-rot bis geruhsam-grau reicht.

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Je näher zu Köln, desto doller

Willibert Pauels weiß: „Wer im Rheinland über Tische und Bänke springt, der ist normal. In Westfalen wird er psychiatrisch behandelt.“ Und das Oberbergische, sagt der Wipperfürther Büttenredner, sei so etwas wie der „Gazastreifen“ zwischen den Landesteilen.

Beim ersten Blick auf die Karnevalskarte fällt auf, dass Wipperfürth, Engelskirchen und Lindlar, also die Kommunen, die bis 1975 dem Rheinisch-bergischen Kreis angehörten, immer noch jecke Hochburgen sind. Diese sind katholisch geprägt, der Kölner Dom liegt in Sichtweite. Auch viele der östlicheren oberbergischen Vereine wurden einst von Kölner Exilanten ins Leben gerufen.

KG „Närrische Oberberger“ gibt es seit 1893

Bis sich eine KG etabliert und Strahlkraft in die Bevölkerung entwickelt hat, können viele Jahre ins Land gehen. Das zeigt auch die Engelskirchener Karnevalsgeschichte. Die KG „Närrische Oberberger“ wurde bereits 1893 gegründet, nahm aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg richtig Fahrt auf.

Der Ründerother Teil der Gemeinde Engelskirchen war bis 1975 noch eine eigene Welt, trägt mit seinem damals neu gegründeten Verein heute aber dazu bei, dass die Gemeinde in ihrer Gesamtheit das karnevalistische Epizentrum von ganz Oberberg ist.

Umzüge sind entscheidend

Die anregende Wirkung der Umzüge ist entscheidend. Größe und Schauwert der jecken Karawanen sind vielen informellen Karnevalsgruppen ein Ansporn. Diese tauchen in der Landkarte des organisierten Frohsinns gar nicht auf, obwohl sie ein wichtiger Faktor sind.

Das gilt auch für die Eckenhagener und Schönenbacher Karnevalisten – die immerhin eigene Tollitäten haben – ebenso für viele Vereine, die eigentlich einen anderen Zweck haben und dennoch wild Fastelovend feiern. Sei es die Katholische Jugend in Frielingsdorf oder der Bernberger Schießverein, ganz zu schwiegen von den Veranstaltern der vielen Weiberfastnachtsfeiern.

Individueller Enthusiasmus entscheidet

Wo die Gesellschaft nicht – wie eben in Engelskirchen – komplett vom Karneval durchdrungen ist hängt alles vom Enthusiasmus Einzelner ab. Wie überall im Vereinsleben gibt es dann starke Aufs und Abs, und ein Verein kann auch wieder komplett eingehen.

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Das lässt sich gut im oberbergischen Norden ablesen. Die KG „Heukeswagener Botterblömchen“ wurde im Jahr 2000 gegründet – und 2017 aufgelöst. Den Hückeswagener Kinderkarnevalszug organisiert die Kolpingfamilie. Auch in Radevormwald schwächelt die KG Rot-Weiß.

Das Damendreigestirn aus dem Vorjahr muss noch eine zweite Session dranhängen, weil sich keine neuen Tollitäten fanden. Die Galasitzung fällt aus. Doch mit der KG Rua Kapaaf hat sich in Rade 2014 auch eine neue Gesellschaft gegründet, die inzwischen immerhin schon mehr als 50 Mitglieder zählt.

Gummersbacher feiern eher Kostümpartys

In Gummersbach gibt es keinen Karnevalsverein, wenn man von den Hohler Bären absieht, die aber eigentlich mehr ein Ründerother Außenposten sind. Dennoch gewinnt das Jeckentum in der Kreisstadt an Boden. Nur eben nicht mit dem traditionellen Sitzungskarneval, sondern mit Kostümpartys.

Wenn in der ausverkauften Halle auf dem Steinmüllergelände „Arena alaaf“ ausgerufen wird, feiern tausende junge Leute zur Musik von Kasalla und Co. in einer Atmosphäre, die hinter den Großveranstaltungen in den Zelten von Engelskirchen und Denklingen nicht zurücksteht. Schon darum war es unumgänglich, Gummersbach in der Karnevalskarte nicht mehr grau, sondern zart-grün darzustellen.

Auch Marienheide und Bergneustadt können Karneval

Und wie gesagt: Dass Marienheide und Bergneustadt grau unterlegt sind, heißt nicht, dass man dort nicht Karneval feiern kann. Das weiß jeder, der schon einmal in der Turnhalle Jahnstraße oder im Belmicker Annaheim auf den Bänken stand.

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