750.000 Euro verlorenKölner Bezirksregierung entlastet Bürgermeister Wilfried Holberg

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Wilfried Holberg REDAKTION OB 181119

Bürgermeister Wilfried Holberg war nach dem Fristversäumnis unter Druck geraten.

Bergneustadt – Es ist wie ein Freispruch für Bürgermeister Wilfried Holberg: Weder der Landrat noch die Kölner Bezirksregierung sehen Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung Holbergs im Zusammenhang mit dem Fristversäumnis bei der Abrechnung der Wiedeneststraße. 750.000 Euro sind der Stadt dadurch entgangen.

Weil die Baumaßnahme auch vier Jahre nach Abnahme Ende 2014 noch nicht mit den Anliegern abgerechnet war, konnten 180.000 Euro nicht mehr eingefordert und mussten 570.000 Euro an Vorauszahlungen erstattet werden

Holberg erwartet jetzt eine Reaktion der Politik

Mit diesem Votum sei die Prüfung der Aufsichtsbehörde abgeschlossen, gab der Kreis am Montagmorgen per Pressemitteilung bekannt. Holberg selbst war zu diesem Zeitpunkt bereits informiert. Er begrüßte die Mitteilung und erwartet jetzt eine Reaktion der Politik. Der Stadtrat hatte Holbergs Umgang mit der Affäre gerügt und sich ein Abwahlverfahren vorbehalten. Die ausführliche Stellungnahme des Landrats will Holberg am Abend den Fraktionsvorsitzenden zur Kenntnis geben und das Thema auf die Tagesordnung der Ratssitzung am Mittwoch nächster Woche setzen.

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Hinter der nur siebenzeiligen Mitteilung des Landrats an die Öffentlichkeit steht eine ausführliche Betrachtung der Vorgänge um die Wiedeneststraße sowohl aus disziplinarrechtlicher als auch aus finanztechnischer Sicht. Wohl auch wegen des großen Aufsehens, das die 750.000-Euro-Panne erregt hat und vielleicht auch weil Holberg bis zu seiner Wahl 2014 in Diensten der Kreisverwaltung stand, hatte der Landrat die Kölner Bezirksregierung eingeschaltet.

Nicht für alles und jeden verantwortlich

Aber auch deren Bewertung unterschied sich nicht von der Auffassung des Kreises: Es habe in der Stadtverwaltung Bergneustadt kein Organisationsverschulden des Bürgermeisters gegeben. Die Organisation und die Regeln des Geschäftsbetriebs seien in Ordnung, zitiert Holberg aus dem Schreiben des Landrats. Finanziell werde der städtische Etat durch den Verlust der 750.000 Euro zwar langfristig belastet, das verstoße aber nicht gegen die Auflagen des Stärkungspakts.

Daraus, dass der Bürgermeister als Chef der Verwaltung die Gesamtverantwortung trage, sei nicht abzuleiten, dass er auch für jede einzelne Handlung seiner Mitarbeiter verantwortlich sei. Diese liege bei dem betreffenden Mitarbeiter – und seinem Fachbereichsleiter. Im Fall der Wiedeneststraße waren sowohl der städtische Kostenrechner als auch für den Tiefbau zuständige Mitarbeiter länger erkrankt. Die Stelle des Kostenrechner aber durfte erst mit dessen Eintritt in den Ruhestand Mitte 2018 nachbesetzt werden.

Holberg will nicht gegen Fachbereichsleiter vorgehen

Unbestritten ist, dass die Verwaltung der Politik auf Nachfrage eine falsche Rechtsauskunft zum Beginn der Verjährungsfristen gegeben hat. Aber auch darin sieht der Landrat kein schuldhaftes Verhalten angesichts der unterschiedlichen Rechtsprechungen in dieser Frage in verschiedenen Bundesländern. Holberg: „Man kann unterschiedlicher Rechtsauffassung sein, und dann kann so ein Fehler passieren.“

In dieser schon früh geäußerten Haltung fühlt sich Holberg jetzt durch den Bescheid des Landrats bestätigt – und sieht deshalb auch keinen Anlass, selbst disziplinarisch gegen seinen Fachbereichsleiter Ewald Baumhoer tätig zu werden. Um nicht in den Ruch einer Interessenskollision zu geraten, hatte Holberg die Prüfung seinem Allgemeinen Vertreter Matthias Thul übertragen und parallel ein renommiertes Anwaltsbüro konsultiert. Auch die Juristen hätten keine Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung des Fachbereichsleiters festgestellt, so Holberg.

Jetzt sieht Holberg die Politik am Zug. Die hatte ihm massive Vorwürfe wegen der Wiedeneststraße gemacht und ihm im Stadtrat eine Rüge erteilt. Dass dabei gleichzeitig ins Spiel gebrachte Amtsenthebungsverfahren wurde vom Ausgang der Ermittlung der Kommunalaufsicht abhängig gemacht. Das liegt jetzt vor. Er erwarte, dass die Politik sich jetzt „genauso öffentlich wie bei meiner Anklage dazu äußert“. Das Verhältnis zwischen Bürgermeister und den Ratsfraktionen hat seither deutlich gelitten.

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