Auf Baustellen und DächernHier muss in Oberberg trotz der Hitze gearbeitet werden

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Auf den Dächern Oberbergs wird es bei Temperaturen um die 37 Grad besonders heiß.

Oberberg – Der vermutliche heißeste Arbeitsplatz in Oberberg befindet sich ein paar Stockwerke über dem schattigen Grün, nach dem sich viele sehnen, wenn das Thermometer die 37-Grad-Marke knackt. Auf den Dächern wird es dann gut und gern 60 bis 70 Grad heiß. Die Höhe ist alles andere als luftig, zu allem Überfluss reflektieren Dachpfannen und Bitumen die Sonneneinstrahlung.

Über die Empfehlungen der Mediziner, sich am besten drinnen aufzuhalten und körperliche Anstrengungen zu meiden, kann Pascal Dibbern nur müde lächeln. Denn der Inhaber der Dachdeckerei Gerd Heinz hat – wie seine Kollegen und auch andere Bauunternehmer in Oberberg – volle Auftragsbücher. Hitzerekorde hin oder her: Die Arbeit müsse gemacht werden, betont einer von ihnen. Das gilt für alle rund 3400 Beschäftigen die nach Angaben der Arbeitsagentur im oberbergischen Kreis im Freien arbeiten, sei es als Landschaftsgärtnerin, Gerüstbauer, Landwirtin oder Straßenbauer.

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Die Dachdeckerei Schnellenbach im Sommereinsatz mit Firmenchef Bernd Schnellenbach. 

„Keiner sollte die hohe UV-Einstrahlung auf die leichte Schulter nehmen. Sie kann zu dauerhaften Schäden der Haut bis hin zum Krebs führen“, warnt der IG-Bau-Bezirksvorsitzende Mehmet Perisan. Sonnenmilch gehöre auf dem Bau zum Job wie Mörtel und Maurerkelle, sinnvoll sei auch ein am Helm befestigter Nackenschutz. Als besonders gefährlich gilt der „weiße Hautkrebs“, der seit 2015 eine anerkannte Berufskrankheit ist: „Ständige Sonneneinstrahlung schädigt die Haut schon lange, bevor sich ein Sonnenbrand bemerkbar macht.“

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An heißen Tagen achten die Dachdecker darauf, der prallen Sonne nicht zu sehr ausgesetzt zu sein. 

Dachdecker Pascal Dibbern aus Reichshof ist das durchaus bewusst: „Wir stellen vom Betrieb Kappen, Sonnenbrillen und Sonnencreme zur Verfügung.“ Das werde auch von der Berufsgenossenschaft gefördert. „Hut auf!“, fordert zudem sein Bergneustädter Kollege Bernd Schnellenbach von seinen Mitarbeitern.

Der 57-jährige Bergneustädter erinnert sich schmerzhaft an den Beginn seiner Lehrzeit, als der freie Oberkörper bei der Arbeit vielen noch als sexy galt. „Ich habe mir gleich am ersten Tag einen so furchtbaren Sonnenbrand geholt, dass ich eine ganze Woche lang flachgelegen habe. Das habe ich dann nie wieder gemacht.“ Seine Mitarbeiter schützen sich trotz der Hitze schon ganz von selbst mit langer Kleidung, weiß der Chef.

Ob man nicht mittags eine längere Siesta machen kann, um am Abend dann länger zu arbeiten, wie es in südlichen Ländern üblich ist? Theoretisch ginge das, überlegt Schnellenbach. „Wir dürften sogar bis 22 Uhr arbeiten, aber das will niemand, allein schon wegen der Fahrerei zu den verschiedenen Baustellen.“ Stattdessen fange man morgens schon um 6 Uhr statt – wie sonst – um 7 Uhr an, um 15 Uhr sei Feierabend. „An den besonders heißen Tagen machen wir auch mal um 14 Uhr Schluss, da sagt mein Sohn dann schon Bescheid, wenn ihm zu warm wird“, schildert der Dachdeckermeister und schmunzelt.

Das hält auch Dibbern so. Am allerwichtigsten sei es, viel zu trinken, betont er. „Fünf bis acht Liter Wasser pro Person sind da gar nichts.“ Das stehe immer reichlich bereit.

Lohn bei wetterbedingtem Arbeitsausfall

Die IG Bau verweist darauf hin, dass nicht nur die Zahl extremer Hitzetage, sondern auch die Stürme und des Starkregens zunehmen. Es gebe immer mehr Tage, an denen keine Outdoor-Arbeit möglich sei. „Deshalb braucht der Bau Lösungen, damit die Beschäftigten bei einem Arbeitsausfall nicht ohne Lohn dastehen“, fordert Perisan und verweist auf die Möglichkeit im Dachdeckerhandwerk, ein Schlechtwettergeld für Frühling, Sommer und Herbst bei den Sozialkassen zu beantragen, wenn wegen extremer Wetterereignisse nicht gearbeitet werden kann.

Ähnlich wie beim bekannten Winter-Schlechtwettergeld liege der Betrag bei 75 Prozent des Bruttolohns, es könne für maximal 53 Stunden pro Jahr gezahlt werden. „Wenn wetterbedingt einen halben Tag lang gar nicht gearbeitet werden kann, nehmen wir das in Anspruch“, heißt es bei den Schnellenbachs. 

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