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PflegeexpertinAnke Schwartmann ist die gute Seele im Brustzentrum

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Enger Austausch: Breast-Care-Nurse Anke Schwartmann (l.) und Chefärztin Dr. Anja Weishap.

Enger Austausch: Breast-Care-Nurse Anke Schwartmann (l.) und Chefärztin Dr. Anja Weishap.

Gummersbach – Den wachen Augen von Breast-Care-Nurse Anke Schwartmann entgeht nichts. Der Ärztin, der sie gerade eine Patientin zum Gespräch über die medikamentöse Therapie ihres Brusttumors geschickt hat, gibt sie noch einen Hinweis mit auf den Weg: „Die Patientin ist heute sehr nervös. Frag’ sie mal, ob sie Schmerzen hat.“ Die Breast-Care-Nurse kennt jede Patientin, die im Brustzentrum im Klinikum Oberberg in Behandlung ist. Schwartmann kümmert sich um Termine, einen reibungslosen Behandlungsablauf, erklärt Therapien, gibt Rat, spendet Trost und macht Mut.

Olga Werner (Name geändert) sitzt in dem kleinen Büro von Anke Schwartmann und hört sich tapfer die nächsten Behandlungsschritte an. Sie hat die operative Entfernung des Tumors bereits überstanden und bekommt heute die Termine für die Bestrahlung. Olga Werner ist eine gestandene Frau. Vor ein paar Tagen hat sie zu Hause für eine Familienfeier gebacken und gekocht. Vor der anstehenden Bestrahlung fürchtet sie sich. Tränen rollen über ihr Gesicht.

„Wir schaffen das“

Schwartmann rückt mit ihrem Stuhl an Olga Werner heran, nimmt die Hände der 51-jährigen Patientin in ihre und sagt: „Sie haben eine schwere OP überstanden, die Bestrahlung bringen Sie auch noch hinter sich. Wir schaffen das.“ Die Breast-Care-Nurse empfiehlt viel Bewegung und zeigt auf ihre eigenen Walkingstöcke: „Gehen Sie stramm spazieren, dreimal eine Stunde pro Woche. Bewegung minimiere das Risiko erneut an Krebs zu erkranken um 50 Prozent.

Jeden Mittwoch sitzt die 59-Jährige in ihrem Büro, um ihren Patientinnen die weiteren Behandlungsschritte zu erklären. Die Termine für ein CT, die Bestrahlung, die Anlage eines Ports, für ein Herzecho oder für Untersuchungen in der Nuklearmedizin im benachbarten Krankenhaus in Engelskirchen plant die Breast-Care-Nurse für jede einzelne Patientin. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen in der gynäkologischen Ambulanz kümmert sich Anke Schwartmann, die auch Leiterin der gynäkologischen Ambulanz ist, um Neuaufnahmen. Mit Patientinnen, die das erste Mal im Brustzentrum sind, spricht sie ausführlich über Vorerkrankungen, Medikamente und Allergien aber auch über die familiäre Situation.

Von der Diagnose bis zur Entlassung dabei

Präpariert mit einem Anamnesebogen von der Breast-Care-Nurse gehen die Patientinnen zum Arztgespräch. Jeden Dienstag bereitet Anke Schwartmann die Operationen von Mamakarzinomen vor. Dann schleust sie die Patientinnen durch den Krankenhausbetrieb von der Anästhesie bis zu den Chirurgen. Donnerstags finden die Operationen statt – oft wird noch während der OP der Brustkrebs bestrahlt. Dadurch verkürzt sich die ambulante Bestrahlung. Es folgen häufig noch Chemotherapie und Antihormontherapie.

Von der Diagnose bis zur Entlassung ist Schwartmann an der Seite ihrer Patientinnen – in der Regel für eineinhalb Jahre. Dann kann sich die Mehrheit der Patientinnen tumorfrei aus dem Brustzentrum verabschieden. Es klopft, eine junge Frau steckt den Kopf durch die Tür. Anke Schwartmann schaltet sofort um: „Sie haben jetzt einen Termin auf Ebene 2 zum Herzecho. Wenn Sie da fertig sind, kommen Sie wieder zu mir.“ Dann wendet sie sich wieder Olga Werner zu. „In einer guten Woche sehen wir uns wieder, dann frag ich Sie, ob Sie spazieren gegangen sind“, sagt Schwartmann und zwinkert ihrer Patientin zu. Die hat sich wieder gefangen und verabschiedet sich. „Rufen Sie mich an, wenn etwas ist“, verabschiedet sich Anke Schwartmann. Von diesem Angebot machen ihre Patientinnen gerne Gebrauch. „Bei allen Fragen und Sorgen ruft man einfach an“, erzählt eine andere Patientin (65), die seit ihrer Diagnose vor 21 Jahren von der Breast-Care-Nurse betreut wird. „Anke ist toll“, sagt sie. „Sie schafft es in drei Sätzen, dass die Frauen wieder lachen.“ Sie fühle sich gut aufgehoben. „Natürlich ist es nicht immer schön, was sie mir sagen muss. Aber sie zeigt mir direkt auf, was ich tun kann und dass sie für mich da ist.“

In der wöchentlichen Tumorkonferenz, in der alle Spezialisten für die Behandlung von Krebspatienten über die optimale Therapie jedes einzelnen Patienten im Klinikum Gummersbach beraten, ist die Breast-Care-Nurse eine wichtige Expertin. Sie bereitet für das Brustzentrum die Tumorkonferenzen vor. Sie kennt die nächsten Behandlungsschritte jeder Patientin, ist über Neuaufnahmen informiert und weiß um den seelischen Zustand ihrer Schützlinge. „Ich weiß zum Beispiel, welche Frau mal eine Pause von der Chemotherapie braucht.“

Auch als Hospizhelferin ausgebildet

Jeden Vormittag ist Betrieb im Chemoraum. Für eine junge Frau, Anfang 40, ist die tägliche Dosis des tumorzerstörenden Zytostatikas noch ungewohnt. Sie weiß erst seit Kurzem von ihrer Erkrankung. Ihrem Mann und ihrem sechsjähriger Sohn hat sie von der Diagnose Brustkrebs sofort berichtet. Weil sich der kleine Junge Sorgen um seine Mama macht, durfte er sie einmal begleiten. Anke Schwartmann – nicht nur Brustkrebs-Expertin sondern auch erfahrene Oma – hat ihm kindgerecht erklärt, was mit seiner Mutter passiert und ihm eine Aufgabe gegeben: „Du fragst die Mama jetzt jeden Tag, ob sie ein Stück Obst gegessen hat.“

Schwartmann ist als Hospizhelferin ausgebildet und wenn die Patientinnen es sich wünschen, begleitet sie die Breast-Care-Nurse bis zum Tod. „Die Männer brauchen mich in der Sterbephase oft mehr als die Frauen. Während die Frauen sich schon lange während ihrer Erkrankung mit dem Sterben befasst haben, fällt es vor allem den Männern sehr schwer loszulassen.“ (r)

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