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FamilienbetriebWiehler Firma Simons zeigt, wie Generationswechsel gelingt

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Werbung entwickeln und technisch umsetzen, darauf hat sich die „Werbeproduktur“ Simons unter Leitung von Marcus Simons (l.) spezialisiert. Sein Vater Alfred akzeptiert die Neuausrichtung des Familienunternehmens.

Werbung entwickeln und technisch umsetzen, darauf hat sich die „Werbeproduktur“ Simons unter Leitung von Marcus Simons (l.) spezialisiert. Sein Vater Alfred akzeptiert die Neuausrichtung des Familienunternehmens.

Wiehl – Die Übergabe an die nächste Generation ist eine heikle Angelegenheit. Nicht selten führt sie zum Ende eines Familienbetriebs. Der Seniorchef kann nicht loslassen und überwirft sich mit seinen ungeduldigen Erben. Auch Alfred Simons hat es bis heute nicht vermocht, sich ganz von der Firma zu lösen. Mit 78 Jahren und nach 60 Jahren im Betrieb hat er sich kürzlich immerhin entschlossen, nur noch Teilzeit zu arbeiten.

Vier generationen

Marcus Simons führt die Firma in vierter Generation. Gegründet wurde sie 1909 von Rudolf Simons, der an der Wiehler Hauptstraße eine Buchhandlung führte, die auch Tabak- und Schreibwaren anbot. Dieser Teil des Unternehmens besteht noch immer fort in dem Geschäft, das Stephanie Simons am Weiherplatz führt. Doch an der Hauptstraße wurde damals auch gedruckt.

Rudolf Simons schickte seinen Sohn Karl darum in die Lehre bei der Ründerother Bücherfabrik Jaeger. Dessen Sohn Alfred wiederum lernte bei der Bergneustädter Druckerei Menn Schriftsetzer und sorgte so für eine weitere Professionalisierung. 1965 legte er die Meisterprüfung ab und übernahm nach dem frühen Tod des Vaters die Verantwortung.

Im Jahr 1989 fand er einen Ausweg aus den räumlich beengten Möglichkeiten an der Hauptstraße und übernahm das Gebäude an der Wiesenstraße, der noch immer Firmensitz ist. (tie)

Doch für Sohn Marcus, der seit zehn Jahren die Geschäfte führt, ist die Anhänglichkeit des Vaters kein Problem. Im Gegenteil schätzt er den guten Rat des Seniors. „Ich bin immer noch beeindruckt, wie selbstverständlich mein Vater die Unternehmerrolle abgegeben hat“, sagt der 46-Jährige. „Trotzdem hat das Engagement nie nachgelassen.“ Er schätzt es, einen Mitarbeiter zu haben, auf den er sich „1000-prozentig“ verlassen kann.

In einer Ecke der Produktionshalle steht noch immer eine alte Heidelberger Druckmaschine, die für manche Sonderaufträge sogar noch zum Einsatz kommt. Ansonsten hat sich hier in den vergangenen Jahren viel geändert. Marcus Simons ist nicht nur Industriemeister, sondern auch Diplominformatiker und Werbespezialist und hat die Firma umgekrempelt. Das Unternehmen firmiert seit dem letzten Jahr nicht mehr als Druckerei, sondern als „Werbeproduktur“. Simons hat sich das Kunstwort markenrechtlich schützen lassen. Er möchte nach außen tragen, dass er die Dienstleistungen einer Werbeagentur mit denen eines Herstellers von Werbetechnik verbindet, zu der weit mehr als Papierprodukte gehören. Angefangen von der strategischen Beratung bis hin zur Montage einer Leuchtreklame bieten Simons und seine acht Mitarbeiter ein kompletten Service an. Marcus Simons sagt: „Wer bei uns Flyer bestellt, den frage ich erst einmal, was er damit überhaupt erreichen will.“

Alfred Simons gibt zu: „Es geht mir nahe, dass die Druckerei in den Hintergrund getreten ist.“ Er sieht aber ein, dass dem Sohn angesichts eines rasanten technologischen Wandels und sich damit verändernden Marktbedingungen keine andere Wahl blieb, als das Unternehmen neu aufzustellen. Er nennt seinen Sohn einen „Glücksfall“.

Der Junior zollt dem Vater umgekehrt Respekt dafür, wie vertrauensvoll dieser ihm die Firmenleitung übertrug: „Ich weiß nicht, ob ich das selbst einmal auch so gut hinkriege. Die Firma ist mein Baby, es wäre sicher schmerzhaft, wenn mein Nachfolger das alles in Frage stellen würde.“ Doch die fünfte Generation ist in der Firma Simons auch noch lange nicht so weit. Und ob sie einmal ins Geschäft einsteigt, ist ungewiss. Aus eigener Erfahrung weiß Marcus Simons: „Die eigenen Kinder bekommen mit, welche Schattenseiten die Selbstständigkeit hat.“

Dass sein Vater noch immer mitarbeite, liege auch daran, dass ein selbstständiger Unternehmer nicht viele Hobbys habe. „Aber ich glaube auch, dass Arbeit nicht unglücklich machen muss.“ Vater Alfred ergänzt: „Und da macht es natürlich einen Unterschied, ob es der eigene Betrieb ist, in dem man morgens antritt.“

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