Lange vor der kuriosen IrrfahrtWie Morsbach-Rom eine Fußballwette gerettet hat

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Rom gefunden: Kurt Brumme, damals Sportchef beim WDR, steht jubelnd am Schild der Ortschaft in der Gemeinde Morsbach.

Rom gefunden: Kurt Brumme, damals Sportchef beim WDR, steht jubelnd am Schild der Ortschaft in der Gemeinde Morsbach.

  • Rom? Da war doch was. Heribert Lennarz kramt erst ganz tief in seinen Erinnerungen, dann im Büro.
  • Kaum hat er von Luigi Rimontis unfreiwilligem Abstecher nach Morsbach-Rom im Süden Oberbergs erfahren, gerät er ins Grübeln.
  • Und tatsächlich. Während immer noch über die Irrfahrt des 81 Jahre alten Italieners gesprochen wird, erzählt der 69-jährige Lennarz aus Waldbröl-Seifen seine eigene Rom-Geschichte.

Oberberg – „Meine Rom-Geschichte beginnt mit einem Anruf“, erinnert sich Lennarz. Am anderen Ende der Leitung: Kurt Brumme (1923 – 2005), Sportchef beim Westdeutschen Rundfunk. Und der hat drei Fragen: „Habt Ihr in Waldbröl einen Rasenplatz? Ein Stadion? Und Lust auf ein Freundschaftsspiel gegen Arminia Bielefeld?“

Zunächst denkt Lennarz, damals Geschäftsführer beim Fußball-Bezirksligisten Rasensport 19, er werde verschaukelt. „Aber die tiefe Stimme von Kurt Brumme kannte ich nur zu gut aus dem Radio“, betont der Sportfan heute, wenn er an den Sommer 1981 denkt. „Natürlich habe ich alle Fragen mit ,Ja!’ beantwortet.“

Trotz 15 Gegentoren „gut mitgehalten“

Damals hat der Hörfunkmann Brumme eine Wette verloren: Etwas voreilig hat er behauptet, der damalige Bundesligist Arminia Bielefeld werde den Klassenerhalt nicht mehr schaffen und steige ab. Sollte der Aufsteiger doch die Klasse halten, dann laufe er eben zu Fuß nach Rom, das ist Brummes Wetteinsatz.

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Die Arminen belehren ihn prompt eines Besseren und retten sich mit einem 3:2 über den TSV München 1860 auf den 15. Tabellenplatz. Das „Wunder vom 9. Mai“ geht in die Vereinshistorie ein, und der Kölner Brumme bricht am 18. Oktober 1981 zu einer „Bußwallfahrt“ auf – am Vereinslokal von Rasensport 19.

Und nicht nur das: Dr. Jörg Auf der Heyde (1934 – 1989), Präsident des Bundesligaclubs und Wettgegner Brummes, begleitet den Journalisten auf seiner Pilgerstrecke, die in Rom und bei seiner „Scheinheiligkeit Heinrich III.“ endet: So nennt sich der Hotelier und Gastwirt Heinz Klein, der bis 2015 in Rom das Hotel „Zum Römertal“ geführt hat. Im vergangenen Jahr ist der umtriebige Klein im Alter von 79 Jahren gestorben.

Kurt Brumme kannte Morsbach-Rom

„Klar war, dass Kurt Brumme Morsbach-Rom kannte“, berichtet Heribert Lennarz, der den Radio-Reporter gern begleitet hätte. Doch hat Lennarz an jenem Oktober-Tag viel zu viel um die Ohren: Denn Arminen-Boss Auf der Heyde ist nicht allein ins Oberbergische gereist, er bringt die Bundesliga-Kicker mit. Und die laufen an der Maibuche zum Freundschaftsspiel auf. Und noch lieber hätte Lennarz, selbst Mittelfeldläufer bei Rasensport, mitgemischt. „Aber daran war einfach nicht zu denken.“

An der Maibuche klingelt es schließlich 15-mal im Waldbröler Kasten. „Wir haben trotzdem echt gut mitgehalten“, findet Lennarz noch heute. Hätte bei den Marktstädtern nicht Armin Hoffmann zwischen den Pfosten gestanden, wäre die Waldbröler Klatsche wohl noch viel höher ausgefallen, lobt diese Zeitung damals den Keeper.

Das Spiel gegen Arminia Bielefeld

Der 18. Oktober 1981 ist ein grauer Sonntag. Es schüttet wie aus Eimern. 700 Fußballfans wollen das Spiel dennoch erleben. Um 15.14 Uhr wird es von Schiedsrichter Hans Essmann (Wildbergerhütte) angepfiffen.

Denn bekannte Profis wie Ewald Lienen, Torhüter Volker Diergardt, Gerd-Volker Schock, Dirk Hupe, Karl-Heinz Geils (später auch in Köln) und Frank Pagelsdorf stehen in den weiß-schwarz-blauen Reihen der Arminen unter Trainer Horst Franz. Gegen den heutigen Kreisligisten fahren sie einen 15:1-Sieg ein. Den einzigen Treffer der Marktstädter erzielt Einwechselspieler Uwe Brensing in der 71. Minute. Hupe und Schock schießen die meisten der Bielefelder Tore. Noch heute ist es in alten Fußballerkreisen übrigens ein Rätsel, warum WDR-Sportchef Brumme ausgerechnet in Waldbröl anrief – und nicht in der Nachbargemeinde Morsbach.

Deren Ort Rom wird Irrfahrer Luigi Rimonti kaum vergessen: Über seine kuriose Reise spricht die ganze Welt, zuletzt berichtete etwa die „Daily Mail“ in Rimontis Wahlheimat Großbritannien über den Italiener, der die Ewige Stadt verfehlte, aber das kleinere Rom entdeckte.

Solche Zeitungsberichte, den Spielbogen und etliche Fotos von jenem denkwürdigen Sonntag hütet Lennarz wie einen Schatz, alles klebt in einem dicken Album. Im Spielbericht vermerkt ist etwa, dass Torwart Volker Diergardt eine Verletzung am linken Knie davongetragen hat.

Der WDR ist derweil mit einem Übertragungswagen angerückt, sendet live aus Rom und natürlich Waldbröl. „Ich denke, am Mikro saß Manni Breuckmann“, überlegt Lennarz. Sicher ist er indes nicht, „nach all den Jahren“.

In Rom füllt Hotelier Klein die Taschen seiner prominenten Gäste mit Aufklebern fürs Auto: „Gruß aus Rom“, steht darauf geschrieben und zu sehen ist ein Soldat, der – bestimmt kein Zufall – an einen Schweizer Gardisten erinnert.

Zum Dank für diesen gelungenen, alles andere als unfreiwilligen Abstecher in den Süden Oberbergs lädt Arminia Bielefeld den Vorstand von Rasensport 19 zu einer Bundesligapartie auf die Bielefelder Alm ein. „Dieses Spiel habe ich dann doch völlig vergessen, leider“, bedauert Heribert Lennarz.

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