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Merle Barth im InterviewNümbrechterin spielt jetzt für Turbine Potsdam

Lesezeit 5 Minuten
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Angekommen: Am Montag ist Merle Barth in die Vorbereitung mit Potsdam eingestiegen.

  • Am Montag war Trainingsauftakt für Merle Barth. Die 26-jährige Fußballerin spielt seit dieser Saison in der Bundesliga für Turbine Potsdam.
  • Für die Nümbrechterin ist das ein echter Karrieresprung.
  • Mit der Sportlerin des Jahres 2019 sprach Andrea Knitter.

Nümbrecht – Sie sind als Jugendliche 2010 vom SSV Nümbrecht zu Bayer Leverkusen gewechselt und waren zuletzt Kapitänin der Bundesliga-Mannschaft. Wie kam es jetzt zu dem Wechsel?

Ich hatte schon öfter mit dem Gedanken gespielt zu wechseln, kurzfristig auch einmal daran gedacht, ins Ausland zu gehen. Doch es kamen Verletzungen dazwischen, und ich habe in Leverkusen meine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht. Irgendwie bin ich nie weggekommen, auch weil ich wusste, was ich an Leverkusen habe. Als im Winter die Anfrage aus Potsdam kam, bin ich ans Überlegen gekommen.

Was hat den Ausschlag für Potsdam gegeben?

Alles zum Thema Fußball-Bundesliga

Ich wollte etwas Neues machen. Zudem wollen wir die oberen Tabellenplätze angreifen. Mit Leverkusen haben wir vor allem gegen den Abstieg gespielt, haben in dieser Saison sogar erst am letzten Spieltag die Klasse gehalten. Potsdam hat die Saison auf Tabellenplatz vier abgeschlossen. Die ersten drei Mannschaften spielen in der Champions League, wo wir mit Potsdam gerne am Ende der Saison stehen würden.

In Leverkusen waren Sie zuletzt Kapitänin, hatten auf dem Platz viel Verantwortung. Werden Sie daran in Potsdam anknüpfen?

Potsdam hat eine sehr junge Mannschaft, in der ich zu den ältesten Spielerinnen gehöre. Bei den Vertragsverhandlungen wurde mir gesagt, dass sie auch auf meine Routine setzen. Anders als in Leverkusen, wo ich vor allem in der Innenverteidigung gespielt habe, sieht mich mein neuer Trainer auf der Sechser- Position, da wo ich mich am wohlsten auf dem Platz fühle. Ich habe in Potsdam einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben, und dann sieht man mal.

Am Sonntag sind Sie endgültig nach Potsdam umgezogen. Was steht in der Vorbereitung für Sie an?

Umgezogen bin ich schon am Wochenende vorher, war aber die vergangene Woche noch mal in Leverkusen und Nümbrecht, um mich von meinen Freunden und der Familie zu verabschieden. Hier in Potsdam habe ich eine Wohnung direkt an der Havel und freue mich schon darauf, mit meinen neuen Mitspielerinnen die Umgebung zu erkunden. Wir haben zweimal am Tag Training und fahren vom 31. Juli bis zum 8. August ins Trainingslager nach Österreich. Zudem stehen Testspiele gegen Männerteams und ausländische Frauenmannschaften auf dem Plan.

Hatten Sie Ihre Mannschaft schon vor dem Trainingsstart getroffen?

Nein, ich habe meine Mitspielerinnen erst am Montag kennengelernt. Drei oder vier kannte ich aber schon vorher, da ich mit ihnen in Leverkusen zusammen gespielt hatte. Morgen haben wir ein Teamevent, um uns besser kennenzulernen.

Es sind ja nicht nur Sie, die neu in der Bundesliga-Mannschaft ist.

Ganz neu ist vor allem Sofian Chahed, der zum ersten Mal eine Frauenmannschaft trainiert. Er kommt von Hertha BSC Berlin, wo er in den vergangenen vier Jahren für verschiedene Jugendteams zuständig war. Als Profi hat er zuvor unter anderem bei Hannover 96 und Berlin gespielt. Es ist der Beginn einer Kooperation mit Hertha BSC Berlin.

Inwiefern?

Nachdem der 1. FFC Frankfurt mit Eintracht Frankfurt fusioniert hat, ist Turbine Potsdam der einzige reine Frauenfußballverein in der Bundesliga und hat eine Menge Tradition. Und doch wird es immer schwerer, alleine erfolgreich zu bestehen. Schon jetzt ist man von Vereinen wie Wolfsburg oder Bayern München abgehängt. Neben der finanziellen Unterstützung wird es auch eine Zusammenarbeit sportlicher oder medizinischer Art geben. Anders als Frankfurt fusioniert Potsdam aber nicht, sondern bleibt eigenständig.

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Wie sehen Sie die Entwicklung im Frauenfußball?

Es geht schon immer weiter bergauf, auch wenn die Öffentlichkeitsarbeit noch weiter professionalisiert werden könnte. Mehr Werbung würde uns gut tun, und dazu gehört, dass die Übertragungen der Bundesliga-Spiele frei zugänglich sein müssen.

Werden Sie in Potsdam neben dem Fußball weiter als Bankkauffrau arbeiten?

Ja, die Mittelbrandenburgische Sparkasse ist ein Exklusivpartner des Vereins, und da werde ich 20 Stunden pro Woche arbeiten. Ich fange aber erst am 1. September an, um an der kompletten Saisonvorbereitung teilnehmen zu können.

Hatten Sie nach dem späten Abschluss der Bundesligasaison noch Zeit für Urlaub?

Kaum, denn durch die englischen Wochen zum Saisonende hatte ich viele Minusstunden in der Bank aufgebaut, die ich ausgleichen musste. Die letzte Woche hatte ich jetzt frei und genutzt, um mich von allen zu verabschieden.

Auch die Frauen-Bundesliga wurde mit Geisterspielen, also ohne Zuschauer, beendet. Wie blicken Sie darauf zurück?

Der Start nach der langen Corona-Pause war schon schwierig, ich habe mich am Ende aber trotzdem gefreut wieder zu spielen. Wir sind zweimal die Woche getestet worden, das eine Mal jeweils einen Tag vor dem Spiel.

Was nehmen Sie aus zehn Jahren Bayer Leverkusen mit nach Brandenburg?

Meine komplette Erfahrung von der Jugend bis hin zur Bundesliga. Und damit die Erkenntnis, dass man nie aufgeben darf, sondern immer bis zum Ende kämpfen muss. Ich konnte bei meinen Verletzungen auf die medizinische Betreuung bauen und fand anschließend immer wieder schnell ins Team zurück.

Was erwarten Sie bei Turbine Potsdam?

Mit einem neuen Team zu arbeiten und mich weiter zu entwickeln. Und ich weiß, dass wenn wir am ersten September-Wochenende in die Saison starten, es nicht von Beginn an gegen den Abstieg gehen wird. Ich hoffe, dass möglichst schnell wieder Zuschauer zugelassen werden, denn in der Bundesliga ist Turbine Potsdam der Verein mit den meisten Fans.

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