Nach 36 JahrenGerhard Altz scheidet aus dem Wiehler Stadtrat aus

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Mit Beethoven-Büste und einem Riesling von Beethovens bevorzugtem Weingut: Gerhard Altz, der heute 75 Jahre alt wird, hat sich in den hat sich nicht nur in der Politik, sondern auch im Gesangverein, in der Kirche und auch im Karneval engagiert.

  • Als junger Förderschullehrer kam Gerhard Altz 1975 in die Politik.
  • Seit 1984 sitzt er im Rat, kaum ein Lokalpolitiker hat eine vergleichbare Zeit im politischen Ehrenamt verbracht.
  • Aber das war nicht das einzige, was ihn umtrieb.

Wiehl – Gerhard Altz wird bei seinem Ausscheiden aus dem Rat nach der Wahl einer der dienstältesten Kommunalpolitiker in Oberberg sein. Am Samstag wird er 75. Reiner Thies sprach mit ihm über ein politisches Leben.

Frage: Sie hätten sich bereits im Jahr 2014 aus dem Wiehler Stadtrat zurückziehen können, haben aber nur den Fraktionsvorsitz abgegeben. Nun wollen Sie dem Rat als Sachkundiger Bürger erhalten bleiben. Fällt Ihnen den Rückzug schwer?

Gerhard Altz: Mein Vater Theo hat sich in Gummersbach als CDU-Fraktionsvorsitzender und Vizebürgermeister sehr in der Politik engagiert. Mit dem Eintritt in die Rente hat er dann abrupt alle Ämter aufgegeben. Und das ist ihm nicht gut bekommen, er ist in ein tiefes Loch gefallen. Deshalb wollte ich mich immer langsam aus der Politik herausschleichen.

Eigentlich hatte ich vor, zur Mitte der Wahlperiode auszuscheiden, aber dann ist mir mein Wunschnachfolger verloren gegangen. Nach der Wahl würde ich gern noch bis 2025 als Sachkundiger Bürger im Schulausschuss mitwirken, wo ich 1975 angefangen habe – damit sich der Kreis nach 50 Jahren schließt.

16 Jahre lang an der Spitze der CDU

Frage: In 16 Jahren an der Spitze der CDU-Fraktion haben Sie die Entwicklung der Stadt Wiehl geprägt. Mit welchen Errungenschaften soll man Gerhard Altz später einmal verbinden?

Gerhard Altz: Mit der Wiehler Wasser Welt. Es ist ein tolles Schwimmbad geworden, abgesehen von den zu kleinen Umkleidekabinen. Der Schwimmbadbau erforderte sieben Jahre intensive Vorarbeit. Am Anfang gab es Pläne, stattdessen das völlig marode Bielsteiner Hallenbad aufwendig zu sanieren. Das haben wir abgewendet. Und damit ist das Bad übrigens eine Blaupause für den Neubau des Gymnasiums.

In diesem Zusammenhang muss man natürlich den Erhalt des Bielsteiner Freibades erwähnen. Auch die Neugestaltung des Bielsteiner Zentrums war ein herausragendes Projekt in meiner Ära. Und die Förderung der Familienfreundlichkeit. Es reicht nicht, gute Ideen zu haben. In der Demokratie muss man dafür auch Mehrheiten gewinnen. Und ich bin mit dem verstorbenen SPD-Fraktionschef Friedhelm Thönes sehr oft einig geworden, und sei es bei einem Glas Jever im Urlaub auf Norderney.

Ein streitbarer Geist, der Zusammenarbeit lernte

Frage: Gibt es eine Überzeugung, die Sie seit Ihren Anfängen aufgegeben haben?

Gerhard Altz: Ich war früher direkter im Widerspruch, ein streitbarer Geist. Lotar Koch, mein Vorgänger an der Fraktionsspitze, hat mir beigebracht, dass man auch mit den Andersgläubigen zusammenarbeiten kann. Mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, führt zu nichts als Beulen. Mein Urteil über Willy Brandt hat sich grundlegend gewandelt. Mit seiner wagemutigen Ostpolitik hat er Recht behalten.

Frage: In vielen Bereichen haben Sie eine soziale Ader bewiesen. Haben Sie mal damit geliebäugelt, Sozialdemokrat zu werden?

Gerhard Altz: Nein. Ich war schon als Student im RCDS. Mein Vater hatte einen großen Einfluss, und ich bin katholisch aus Überzeugung. Die CDU steht anders als SPD und FDP für den Grundsatz: So viel Staat wie nötig und so viel Freiheit wie möglich. Ich habe mich immer mit Norbert Blüm und der sozialen Marktwirtschaft verbunden gefühlt, wobei ich das Soziale unterstreichen würde. Nur bei einer Bundestagswahl habe ich der CDU meine Zweitstimme verweigert: als Franz Josef Strauß Bundeskanzler werden wollte.

Engagement in vielen Bereichen

Frage: Menschen, die sich wie Sie sowohl als Politiker als auch in der Kirche, im Gesangverein und im Karneval engagieren – und zwar zeitweise gleichzeitig – gibt es nicht mehr viele. Stirbt diese Spezies aus?

Gerhard Altz: Im Karneval habe ich mich erst im Ruhestand eingesetzt, zum Dank für viele Besuche des Vereins in der Kükelhaus-Schule. Und den Fraktionsvorsitz habe ich erst angetreten, als ich aus dem Vorstand des MGV ausgeschieden bin. Dennoch ist es sicher selten geworden, dass jemand so viele Ämter übernimmt.

Ich fürchte, es liegt an der Seuche, die Egoismus heißt. Es ist heute immer von der Work-Life-Balance die Rede. So etwas ist mir fremd. Für mich war der Lehrerberuf eine Berufung, das politische Ehrenamt hat davon profitiert und umgekehrt. Allerdings führte diese Haltung auch dazu, dass ich Mitte der 90er Jahre etwas kurieren musste, was man heute einen Burn-out nennt. Nach dem Brand und dem Neubau der Schule war ich dann fertig.

Privates stand oft zurück

Frage: Sie haben ja auch im Beruf als Leiter der Hugo-Kükelhaus-Schule an vorderster Front gestanden. Bedauern Sie im Rückblick, dass angesichts der vielen beruflichen und ehrenamtlichen Aufgaben Privates oft zurückstehen musste?

Gerhard Altz: Da berühren Sie einen wunden Punkt. Die Familie ist oft zu kurz gekommen. Aber für meine beiden Töchter war ich immer voll da. Mit den großen Problemen sind sie zu mir gekommen. Wir haben heute ein enges Verhältnis. Und meine Frau ist immer zu mir gestanden. Wir haben jetzt Goldhochzeit gefeiert. Es waren 50 harmonische Jahre – vielleicht, weil wir uns nicht so oft gesehen haben (lacht).

Jetzt hat die Union eine Kampfansage gemacht

Frage: Die Erfolge in Wiehl sind oft auf einen besonders harmonischen Politikstil, auf den Einfluss einer großen Koalition von CDU und SPD zurückgeführt worden. Jetzt hat die Union eine Kampfansage gemacht und strebt eine absolute Mehrheit an. Ist das das Ende des Wiehler Wegs?

Gerhard Altz: Es war nie eine große Koalition. Jeder hatte immer seine eigenen Vorstellungen und ganz unterschiedliche Auffassungen, etwa in der Schulentwicklung. Nur haben wir uns bemüht, in den wichtigen Fragen einen gemeinsamen Weg zu finden. Alle großen Parteien streben vor der Wahl eine Mehrheit an.

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Die SPD hat sie in Wiehl ja einmal gehabt, das war für uns keine einfache Zeit. Für die CDU ist es daher ein legitimes Ziel, auch wenn es in Zeiten so vieler Parteien im Rat sehr schwer werden wird, eine absolute Mehrheit zu erreichen. Die Leute, die jetzt in der CDU nachrücken, kenne ich sehr gut. Ich sehe nicht die Gefahr einer neuen Konfrontation.

Frage: Was ist eigentlich aus dem Philosophiestudium geworden, das Sie vor fünf Jahren aufnehmen wollten?

Gerhard Altz: Das habe ich bisher noch nicht geschafft. Aber der Plan bleibt, man muss ja fit im Kopf bleiben.

Zur Person

Der junge Förderschullehrer Gerhard Altz kam 1975 als Mitglied des Schulausschusses in die Politik. Seit 1984 sitzt er im Rat, kaum ein Lokalpolitiker hat eine vergleichbare Zeit im politischen Ehrenamt verbracht. Von 1999 bis 2014 leitete er die CDU-Stadtratsfraktion.

Nach dem Studium in Köln fand der gebürtige Dieringhauser bei der Schule für Erziehungshilfe in Eckenhagen zum Sonderschullehramt. 1978 half er beim Aufbau der Schule in Vollmerhausen mit. 1980 wurde er Leiter der neuen Hugo-Kükelhaus-Schule für Körperbehinderte vor seiner Haustür in Oberbantenberg. Seit 2007 ist er im Ruhestand.

Engagiert hat sich Altz zudem im MGV Oberbantenberg, den er 20 Jahre lang als Vorsitzender leitete und dessen Ehrenvorsitzender er heute ist. Er ist Mitglied des Senats des Karnevalvereins Bielstein und geschäftsführender Vorsitzender des Vorstands der katholischen Kirchengemeinde St. Bonifatius Bielstein. Mit Ehefrau Roswitha hat er die Töchter Angela und Martina sowie fünf Enkel.

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