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Nachbarin vergewaltigtAngeklagter sieht sich von fremder Macht ferngesteuert

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Der Eingang des Landgerichtes in Bonn

Der Eingang des Landgerichtes in Bonn

Bonn/Reichshof – Das Blitzlichtgewitter, das den jungen Eritreer im Gerichtssaal erwartete, machte ihm große Angst. Der 33-jährige Bürgerkriegsflüchtling stürzte auf die Knie und suchte Schutz vor den Kameraschüssen unter der Anklagebank. Sein Verteidiger zog ihn wieder hoch, versorgte ihn mit einer schwarzen Aktenmappe, um sein Gesicht zu verdecken.

Auch später noch, als die Fotofragen längst den Saal verlassen hatten, schien der Angeklagte eher ängstlich und verwirrt – so als rechne er mit einem neuen Anschlag. Das Verbrechen, das dem 33-Jährigen selbst vorgeworfen wird, ist an Abscheulichkeit wiederum kaum zu übertreffen: Im Juni soll er eine gelähmte Nachbarin in ihrer Wohnung in Reichshof vergewaltigt haben.

Angeklagter bestreitet die Tat nicht

Beim Prozessauftakt am Mittwoch vor dem Bonner Landgericht hat der 33-Jährige nicht bestritten, die Tat gegenüber der durch einen Schlaganfall einseitig gelähmten Frau begangen zu haben: „Ich habe das nicht gewollt, aber ich bin dazu gezwungen worden“, erklärte er dem zunächst ungläubigen Gericht.

Er werde von einer Art Geist beherrscht, der ihm befehle, was er zu tun habe. Von der fremden Macht sei er beauftragt worden, die für ihn viel zu alte Frau zu vergewaltigen. Er sei nicht „Herr seines Willens“ gewesen.

Grauenhafte Situation für das Opfer

Für die 59-Jährige war es eine grauenhafte Situation: Am frühen Morgen erschien der Angeklagte unangekündigt in der Wohnung, zerrte sie vom Stuhl ins Bett und zog sie aus. Zunächst habe sie laut protestiert, aber dann habe sie sich vor Schmerz nicht mehr wehren können, heißt es in der Anklage. Am Vorabend soll er schon mal da gewesen sein und ihren Schlüssel mitgenommen haben. Vorher seien sie sich nie bewusst begegnet. Nach der Tat habe sie ihre Tochter alarmiert und die Vergewaltigung angezeigt.

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Es war nicht der erste Auftritt des Angeklagten im Gerichtssaal. Im September 2015 hatte das Bonner Schwurgericht ihn wegen gefährlicher Körperverletzung zu fünf Jahren Haft verurteilt: 2014 hatte er in einer Asylunterkunft in Reichshof einen Mitbewohner mit einem Messer lebensbedrohlich in seinem Bett attackiert. Er hatte damals erklärt, dass er sich bedroht gefühlt habe und in Notwehr gehandelt habe. Das Gericht glaubte ihm nicht, hatte aber auch kein anderes Motiv gefunden.

Nach seiner Haftentlassung 2019, erklärte der Angeklagte jetzt, sei der Geist erstmals aufgetaucht. „Er wurde mir vom Gericht als weitere Strafe auferlegt.“ Seitdem spreche der nicht nur mit ihm, sondern steuere ihn mit Gewalt. „Er ist mächtig, viel zu mächtig!“, stöhnte er.

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