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Praxen in Engelskirchen und BielsteinKinderärzte in Oberberg finden keine Nachfolger

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Er weiß nicht wohin mit seinen Patienten: Richard Irswan Ghozali ist ratlos, wie es mit seiner Praxis weiter gehen soll.

Er weiß nicht wohin mit seinen Patienten: Richard Irswan Ghozali ist ratlos, wie es mit seiner Praxis weiter gehen soll.

  • Richard Irswan Ghozali ist seit mehreren Jahren auf der Suche nach einem Nachfolger für seine Praxis.
  • Das Hauptproblem für den Ärztemangel im ländlichen Bereich sieht Ghozali in der fehlerhaften Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung.

Bielstein/Engelskirchen – Die Kinderarztpraxis von Richard Irswan Ghozali ist geschlossen – in der Woche vor Weihnachten verabschiedete sich der 69-Jährige von seinen kleinen Patienten und deren Eltern. 28 Jahre lang war er Kinderarzt in Bielstein, jetzt geht er in den Ruhestand. So richtig freuen kann er sich nicht, denn die Zukunft seiner Praxis steht noch in den Sternen.

Seit dreieinhalb Jahren ist Ghozali auf der Suche nach einem Nachfolger – ohne Erfolg. „Das ist für mich sehr schwer, denn als Arzt möchte man natürlich sicher sein, dass für die Patienten gesorgt ist“, sagt er. „Nur zwei Ärzte waren in den drei Jahren Suche persönlich in meiner Praxis, um sich die Räumlichkeiten anzugucken“, sagt Ghozali. Nach wenigen Tagen kam dann beide Male die Absage per Mail.

Fehlerhafte Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung

Im Jahr 1990 kam Ghozali, der gebürtig aus Indonesien stammt, nach Bielstein und baute sich rasch einen großen Patientenstamm auf. 1100 Kinder pro Quartal hat er zuletzt behandelt. Wo diese demnächst versorgt werden, ist zum Teil noch unklar. Einige Patienten werde eine Kinderärztin in Wiehl übernehmen, andere gehen nach Bergneustadt. Der Rest müsse noch verteilt werden, und das sei schwierig. Denn viele Kinderärzte im Oberbergischen seien schon jetzt völlig überlastet, sagt der Kinderarzt.

Das Hauptproblem für den Ärztemangel im ländlichen Bereich sieht Ghozali in der fehlerhaften Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung. „Als ich 1990 hier angefangen habe, wurde die Versorgung durch Kinderärzte im Oberbergischen bei 148 Prozent angesetzt, es gab somit eine Überversorgung“, erzählt er. Bis heute stehe diese Zahl auf dem Papier, obwohl sie schon lange nicht mehr stimme.

Zehn Minuten pro Untersuchung

Als Kinderarzt im ländlichen Bereich werde man zu streng reglementiert, sagt Ghozali. Für eine Untersuchung seien beispielsweise im Schnitt nur zehn Minuten vorgesehen. Diese Probleme kennt Dr. Cornelia Hof aus Engelskirchen. Ende März möchte auch sie in den Ruhestand gehen. Bereits seit vier Jahren ist sie auf der Suche nach einem Nachfolger für ihre Praxis – ebenfalls ohne Erfolg. „Es waren zwar einige Interessenten da und fanden die Praxis auch schön, am Ende haben aber doch alle abgesagt“, sagt sie.

Die Begründung sei häufig, dass die Praxis nicht nah genug an Köln liege oder dass es sich um eine Einzelpraxis handele. „Viele wollen heute gerne Teilzeit arbeiten und suchen eher nach Gemeinschaftspraxen“, erklärt Dr. Hof. Um 1500 Patienten kümmert sie sich pro Quartal und weiß nicht, wo die unterkommen sollen. „In vielen Kinderarztpraxen in der Nähe gilt schon einen Aufnahmestopp.“ Viele ihrer kleinen Patienten müssen demnächst wahrscheinlich bis nach Köln fahren. Für Familien ohne Auto sei das allerdings kaum machbar.

„Viel Arbeit ist okay, aber die Bezahlung muss stimmen.“

Ghozali wünscht sich eine Reaktion aus der Politik – aber eine, die durchdacht sei. Die Kinderärzte seien total überlastet und bei der Bezahlung im Vergleich unter den Ärzten im unteren Drittel. „Viel Arbeit ist ja okay, aber die Bezahlung muss stimmen.“ Die Hoffnung, dass sich noch ein neuer Kinderarzt für Bielstein findet, hat er nicht aufgegeben. Interessenten könnten nach Rücksprache mit der Kassenärztlichen Vereinigung in ganz Oberberg mit einer Kinderarztpraxis sesshaft werden. Ghozali sagt: „Auch mein Praxissitz ist noch nicht verloren. Er kann für sechs Monate noch aufrechterhalten werden.“

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