Sehr gefährliche RücksichtnahmeSchlaganfall-Initiative warnt in Gummersbach

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Zurück in Gummersbach ist der Info-Bus zum Thema Schlaganfall, hier 2018 bei einem Halt an derselben Stelle 

Zurück in Gummersbach ist der Info-Bus zum Thema Schlaganfall, hier 2018 bei einem Halt an derselben Stelle 

Gummersbach – Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus allein sei es nicht, sagt Prof. Dr. Franz Blaes: „Viele wollten auch einfach Rücksicht nehmen, weil sie dachten, dass wir gerade in der Pandemie genug mit anderen Dingen zu tun hätten.“ Eine sehr gefährliche Rücksichtnahme, denn das, was der Chefarzt der Klinik für Neurologie am Klinikum Oberberg da erklärt, ist der auch dort festzustellende Rückgang der Behandlung von Schlaganfall-Patienten in den vergangenen beiden Jahren.

Blaes kennt die Studien: „Das ist nicht nur ein deutsches, sondern ein weltweites Phänomen.“ In 400 Zentren in 70 Ländern sei es untersucht worden – und überall war das Ergebnis ähnlich: Die Zahl der Menschen, die bei Anzeichen für einen Schlaganfall ein Krankenhaus aufsuchen, sei um 11 bis 16 Prozent zurückgegangen. Die Ursache scheint eindeutig, denn: „Das stellen wir vor allem überall dort fest, wo es hohe Wellen der Virusverbreitung gegeben hat.“

Sterblichkeit leicht gestiegen

Gefährlich ist das, weil damit auch die Sterblichkeit bei Schlaganfällen zumindest leicht angestiegen sei. Besonders drastisch, so Blaes, seien sogar die Zahlen aus England. Dort seien 30 Prozent mehr Menschen als vor der Pandemie außerhalb einer Klinik an einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt gestorben. Dabei weiß gerade Neurologe Blaes: „Je schneller ein Patient mit Symptomen ins Krankenhaus kommt, umso besser können wir ihm helfen.“ Das gelte nicht nur für heftige Anfälle: „Oft sind es gerade die leichten, die ein Vorbote für schwere sind. Behandeln wir sie, können wir die schwereren verhindern.“

Wenn aber, wie jetzt in der Pandemie, gerade bei den vermeintlich leichteren Symptomen die Menschen einfach zu Hause bleiben, seien die schweren Folgen absehbar. Für Blaes und die anderen Protagonisten der Schlaganfall-Initiative Oberberg, zu der neben dem Klinikum auch die AOK, des Gesundheitsamt und der Rettungsdienst des Kreises, Reha-Einrichtungen wie die Dr. Becker Rhein-Sieg-Klinik sowie die Mediclin Reichshof und die Kassenärztliche Vereinigung Oberberg gehören, ist dieser Corona-Effekt auch eine persönliche Niederlage: Mit viel Aufwand und öffentlicher Präsenz hatten sie vor der Pandemie geworben, dass die Menschen in der Region genauer hingucken und gerade nicht zu Hause bleiben, wenn Symptome wie Sehstörungen, Sprachstörungen, Lähmungserscheinungen, Schwindel oder Kopfschmerzen plötzlich auftreten. „Wir haben einen Effekt unserer Bemühungen bemerkt: Die Menschen kamen früher. Das war mit Corona dann aber plötzlich vorbei.“

Am Donnerstag in Gummersbach

Umso wichtiger sei es, jetzt wieder darauf aufmerksam zu machen. Gelegenheit dazu gibt es am heutigen Donnerstag: Dann macht der Schlaganfall-Bus – ein roter Londoner Doppeldeckerbus, der deutschlandweit auf Tour ist – in Gummersbach Station.

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Der Info-Bus und ein Rettungswagen stehen von 10 bis 15 Uhr auf dem Lindenplatz in der Fußgängerzone. Die Schlaganfall-Initiative selbst sorgt für ein umfangreiches Aufklärungsprogramm: Ärzte und Therapeuten aus den Beteiligten Kliniken sowie Mitarbeiter des Rettungsdienstes des Oberbergischen Kreises und der AOK bieten verschiedene Gesundheitschecks und Ernährungsberatung an.

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