Seit über 120 Jahren in Morsbach"Das Lädchen" in Lichtenberg hat viele Stammkunden

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Brigitte Kutscher steht ab 6 Uhr morgens für die Morsbacher hinter der Theke.

Lichtenberg – Wenn Brigitte Kutscher morgens um halb sechs die Türe zu ihrem Laden aufschließt, stehen Körbe mit noch warmen Brötchen und Backwaren schon auf der Theke. Die Bäckerei Rosenbaum aus Morsbach ist bereits dagewesen und hat Ware geliefert. Bäcker Hans-Joachim Rosenbaum hat einen Schlüssel zum „Lädchen“ in Lichtenberg, dem Tante-Emma-Laden, der sehr viel länger besteht als Inhaberin Kutscher auf der Welt ist. Ihr bleibt gerade genug Zeit, die Jacke auszuziehen und den großen Brötchenkorb ins Regal hinter der Kasse zu stellen, als bereits der erste Kunde hereinkommt. Er kauft ein Schoko-Brötchen, zur Stärkung vor der Arbeit.

Seit Jahrhunderten eine Institution in Lichtenberg

Eigentlich hat „Das Lädchen“ erst ab 6 Uhr geöffnet, aber sie könne die Leute doch nicht vor der Türe warten lassen, sagt Kutscher. Sie wusste, was auf sie zukam als sie das Geschäft übernahm, zuvor hatte sie als Aushilfe dort gearbeitet. „Das frühe Aufstehen macht mir nichts aus“, sagt sie. Seit 1972 lebt Kutscher in dem kleinen Ort der Gemeinde Morsbach und hat das Lädchen auch als Kundin immer geschätzt – ebenso wie viele andere Lichtenberger. Und das schon seit Jahrhunderten.

Das Lädchen ist eben eine Institution in Lichtenberg. Das älteste Kassenbuch, das die ehemalige Ladenbetreiberin Klara Utsch im Nachlass ihrer Schwiegereltern gefunden hat, ist datiert auf das Jahr 1897. Die Schwiegereltern führten das Geschäft bis 1960, dann haben Klara Utsch und ihr Mann es übernommen, und sie hat es am Ende bis 2002 allein geführt. Danach wechselten die Eigentümer.

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Im Volksmund hieß der Tante-Emma-Laden meist „Utsch-Lädchen“. Heute ist es halt „Das Lädchen“. „Es war immer mein Traum, so ein kleines Geschäft zu haben“, verrät Brigitte Kutscher. Anfang dieses Jahres ergab sich die Möglichkeit, das Lädchen zu übernehmen. Da habe sie nicht lange gezögert, sagt die Hausfrau und zweifache Mutter und Großmutter. Auch wenn sich der Zeitpunkt der Übernahme im Nachhinein als denkbar ungünstig erwiesen habe. Denn in dem großen Ladenlokal ist derzeit viel Platz, genau genommen: zu viel.

Stammkunden blieben dem Lädchen auch während Corona treu

Die Bistro-Tische und Stühle, die sonst einen guten Teil des Raumes einnehmen, stehen zusammengeräumt in einer Ecke. „Corona hat uns einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt Peter Kutscher, der seine Frau bei der Arbeit unterstützt. Entmutigen ließen sie sich aber nicht, und am 1. Mai war der Lichtenberger Laden wieder offen – unter Berücksichtigung aller Corona-Auflagen und Abstandsregelungen.

Die Stammkunden halten dem Lädchen auch in dieser Zeit die Treue und bestellen fleißig belegte Brötchen mit warmer Fleischwurst oder Fleischkäse für die Frühstückspause. Rund 100 Kunden kommen etwa pro Tag in den Kiosk unterhalb der Kirche in Lichtenberg. Viele arbeiten in den umliegenden Betrieben des immer größer gewordenen Gewerbegebiets rund um die Stippe.

Aber auch viele Lichtenberger holen sich ihre Brötchen, die Tageszeitung, Butter, Eier vom örtlichen Biohof, Zucker, Mehl, Getränke oder Hygieneartikel, Waschmittel und Glückwunschkarten – und was sonst noch gerade so fehlt. „Viele Leute wissen es zu schätzen, dass es den Laden hier gibt. Das spürt man“, betont Brigitte Kutscher. Einigen älteren Kunden, die nicht mehr gut zu Fuß sind, bringt ihr Mann schwere Dinge auch nach Hause. Nicht nur dann heißt es beim Bezahlen ganz oft: „Stimmt so!“. Ebenso, wie es ganz oft „Guten Morgen, Brigitte!“ heißt, wenn jemand „Das Lädchen“ betritt. Es sind dieser persönliche Austausch und die Dankbarkeit der Menschen, die den Kutschers die Freude an der Arbeit schenken. Und dafür steht Brigitte Kutscher auch gern morgens um Viertel vor fünf auf.

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