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Trotz gelungener IntegrationSeyed Mohsen Hoseyni droht die Abschiebung

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Ausgezeichnet, aber vor der Abschiebung: Seyed Mohsen Hoseyni soll zurück nach Afghanistan, obwohl er sich gern als Facharbeiter in Oberberg nützlich machen würde.

Wiehl – Seyed Mohsen Hoseyni könnte ein strahlendes Vorbild sein für die gelungene Integration von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Paradox: Gerade weil der Wiehler sehr erfolgreich eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik abgeschlossen hat, gerade weil er perfekt Deutsch gelernt hat, gerade weil er alles richtig gemacht hat, soll der 21-Jährige jetzt gehen. Und zwar nach Afghanistan, wo er zuletzt als zweijähriges Baby gewesen ist.

Der junge Mann verstand die Welt nicht mehr, als er einen Tag nach seiner theoretischen Abschlussprüfung das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln mit der Ablehnung seines Asylantrags in den Händen hielt und die Begründung las.

„Fremdes Afghanistan“

Darin werden seine Fluchtgründe nicht anerkannt und ein extremes Gefahrenniveau in seinem Herkunftsland bestritten, und es heißt weiter: „Es spricht daher – ungeachtet dessen, dass der Kläger sich vorbildlich in die deutsche Gesellschaft integriert hat und es daher konsequent wäre, dass er auf ausländerrechtlicher Schiene einen gesicherten Aufenthalt erreicht – vielmehr alles dafür, dass es ihm auch gelingen wird, sich in den für ihn ebenso fremden Kulturkreis in Afghanistan zu integrieren.“

Gute Integration als Ablehnungsgrund? „Das ist doch Schizophrenie in Schriftform“, wettert Jörg Decker, Geschäftsführer der Sozialraum Management GmbH, die den jungen Mann betreut hat, seit er 2015 als 17-jähriger nach Wiehl gekommen ist. „Es ist das Perverseste, das ich je gehört habe!“

„Ich will auf eigenen Füßen stehen“

Hoseyni fragt sich, ob es falsch war, sich so viel Mühe zu geben, und vergleicht sich unwillkürlich mit Gleichaltrigen: „Manche machen gar nichts, hängen nur rum, bekommen soziale Leistungen und dürfen bleiben. Und ich? Weil ich so gut bin, darf ich nicht bleiben? Das ist schwer zu verstehen.“ Auch Jörg Decker kann das nicht nachvollziehen. Nicht nur aus menschlichen, auch aus volkswirtschaftlichen Gründen: „Der deutsche Staat hat viel investiert in die Betreuung und Ausbildung von Seyed.“ Jetzt habe er eine abgeschlossene Ausbildung in einem gefragten Beruf: „Viele Firmen suchen angesichts des Facharbeitermangels händeringend solche Mitarbeiter.“

Dabei sollte nach seiner Prüfung das Leben für Hoseyni richtig losgehen. „Ich möchte arbeiten in meinem Traumjob, am liebsten baue ich Schaltkästen. Ich will auf eigenen Füßen stehen und nicht länger von Ämtern abhängig sein.“ Er kann sich nicht so recht über den Facharbeiterbrief freuen, den er am Montag in Empfang nahm.

Mit 300 Euro in Kabul

„Nun soll er mit vielleicht 300 Euro Übergangsgeld in Kabul am Flughafen stehen in einem Land, wo er niemanden kennt und für das noch Reisewarnungen des Auswärtigen Amts gelten“, malt Decker die Zukunft des jungen Mannes aus, der kaum Dari spricht, weil er mit seinen Eltern jahrelang im Iran gelebt hat.

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Die einzige Hoffnung für den 21-jährigen frisch geprüften Elektroniker: Jetzt schnell einen festen Arbeitsplatz zu finden, darüber zunächst eine Duldung und nach mindestens fünf Jahren und erheblichen bürokratischen Hürden und Bedingungen eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Zur Zeit schreibt er Bewerbungen.

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