Umfrage: Quo vadis, VfL?Wie und wo die Oberberger um ihren Verein bangen

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Die Oberberger drücken ihrem VfL Gummersbach die Daumen.

 Jörg Runge

„Dä Tuppes vum Land“, fürchtet, dass ein großes Stück „oberbergische Tradition untergeht“. Zwar fährt der Büttenredner mit Töchterchen Neele nach Köln zum Konzert der Ersten Allgemeinen Verunsicherung, doch der Looper will den Liveticker auf dem Handy nicht aus den Augen lassen. „Sollte der VfL absteigen, fürchte ich, dass er nicht so schnell in die Erste Liga zurückkehrt“, sagt Runge. Die Situation sei auch dramatisch, weil der Verein mit der Schwalbe-Arena über eine tolle Infrastruktur verfüge. „Vielleicht könnte ein Abstieg aber eine Chance für einen Neubeginn sein – so wie jetzt beim FC.“ (höh)

Detlef Kämmerer

Der Vorsitzende des Bergneustädter Stadtsportverbands hätte das Spiel in Bietigheim gern gesehen, ist aber mit den „Othe-Tourern“ in Erfurt unterwegs. Beinharter VfL-Fan ist er nicht, einige Spiele in der Saison schaut er sich in Gummersbach aber an. Beim Thema Abstieg ist er zwiegespalten: „Einerseits ist es manchmal kein Fehler, sich gesundzuschrumpfen“, sagt er mit Blick auf die immer wieder akuten „finanziellen Unmöglichkeiten“ des Vereins. „Andererseits wäre es schade, wenn sie absteigen.“ Gummersbach ohne Bundesliga-Handball – das mag er sich nicht so recht vorstellen. (kn)

Tino Costa

Der Mann von der Pizzeria Tino in Gummersbach hat kein gutes Gefühl, wenn er an Sonntag denkt. Dennoch will er sich nicht vorstellen, dass der einst weltbeste Handballverein demnächst in der Zweiten Liga spielt. Die Handballer, die in den vergangenen Jahrzehnten in Gummersbach gespielt haben, kennt er alle. Seit 44 Jahren ist Tino bei den VfL-Spielern der Pizzabäcker des Vertrauens. Ob der verstorbene Erhard Wunderlich oder Stephan Kretzschmar – alle hörten nach dem Abpfiff, wie Tino es fand. Denn in der Halle gehört er seit zig Jahren zu den ganz treuen Fans. „Vielleicht haben sich zu viele Verantwortliche zu wenig gekümmert“, meint er. (ar)

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Dieter Lange

Der ehemaliger OVZ-Redaktionsleiter und Sportchef verfolgt seit mehr als 45 Jahren alle Höhen und Tiefen des VfL – als Journalist wie als Fan. Wie Heiner Brand bringt auch ihn der Gedanke an einen Abstieg um den Schlaf – spätestens seit es nach der Heimniederlage gegen Göppingen Spitz auf Knopf steht. Er warnt davor, auf einen raschen Wiederaufstieg zu setzen: „Das kann klappen, muss es aber nicht. Da ist schon mancher Traditionsclub in der Versenkung verschwunden.“ Ein Neuaufbau nur mit eigenem Nachwuchs, „das wird nicht reichen“. Nach wie vor gelte: „Geld schmeißt Tore.“ (kn)

Dr. Gudrun Sievers-Flägel

Sie leitete bis vor kurzem das Museum Schloss Homburg. Als die gebürtige Norddeutsche sich 1986 von Kiel aus für die Stelle in Oberberg bewarb, scherzte sie im Vorstellungsgespräch, dass sie gern dort leben wolle, wo ein Handballmeister zu Hause ist. Die Zeiten haben sich geändert: Heute ist Kiel Rekordmeister, Gummersbach kämpft um den Klassenerhalt. „Wenn der VfL absteigt, wäre das ein Riesenverlust für die ganze Region“, glaubt die Dieringhauserin. Aber auch für sie persönlich, weil sie nicht mehr hochklassige Spiele in der Arena erleben könnte: „Die Mannschaften aus der Zweiten Liga kenne ich gar nicht.“ Am Sonntag wird sie als Sky-Abonnentin vor dem Fernseher die Daumen drücken. (tie)

Rolf Medgenberg

Der frühere Chef des TV Rodt-Müllenbach und des Gemeindesportverbands Marienheide rechnet nicht damit, dass der VfL als Sieger vom Platz geht: „Und vielleicht wäre das für den Verein gar nicht mal so schlecht.“ Was die Gummersbacher seit Jahrzehnten praktizieren, könne jetzt zum Abstieg führen, meint Medgenberg, der 40 Jahre lang Handball gespielt hat und es bis in die Regionalliga brachte. „Früher hatte der VfL Spieler aus der Umgebung, die sich mit dem Verein identifizierten – die fehlen heute leider.“ Der VfL habe zu viele junge Talente aus der Region ziehen lassen, anstatt sie weiter aufzubauen. Ein Abstieg, meint er, biete dem Verein die Chance, ein Team von unten aufzubauen. „Andernfalls dümpelt der VfL doch nächstes Jahr wieder so dahin.“ (ag)

Stella Kramer

Die ehemalige Handball-Nationalspielerin aus Marienheide glaubt hingegen fest an den Klassenerhalt: „Das Team wird alle Kräfte mobilisieren.“ Ein Abstieg in die Zweite Liga bringe große Schwierigkeiten mit sich: „Dann ist fraglich, ob Sponsoren und Spieler dabeibleiben. Es braucht eine Menge Geld, um wieder aufzusteigen.“ Wie sehr der VfL ganz Oberberg bekanntgemacht hat, erfährt die mittlerweile in Herne lebende Kramer immer wieder: „Wenn ich erzähle, dass ich aus der Nähe von Gummersbach komme, werde ich direkt auf den VfL angesprochen.“ (ag)

Peter Lindeskog

Unter Trainer Horst Dreischang wurde er 1968 Vizemeister mit dem VfL, ist seit 30 Jahren Jugendhandballtrainer, coacht zurzeit die U11. Er weiß, wie es sich anfühlt, mit einer Gummersbacher Mannschaft aus der Ersten Liga abzusteigen: Er spielte für den TuS Derschlag, der 1978 ins Unterhaus musste, weil der TuS die Finanzauflagen nicht erfüllte. Zuletzt war er gegen Göppingen in der Halle: „Bei den Spielen davor nicht, da ich mich häufig über die Spielweise der Mannschaft geärgert habe.“ Ein Abstieg würde ihn aber sehr treffen: „Ich habe als Kind beim VfL  Ich habe als Kind beim VfL mit dem Handball angefangen, bin mit dem Verein mitgewachsen.“ Ein Abstieg wäre auch für den Unterbau  mit der Handballakademie traurig: „Die Magnetwirkung einer Bundesligamannschaft würde wegfallen.“ (sül)

Susi Fabritius

Sie fiebert am Fernsehschirm mit. „Dass der VfL absteigt, kann man sich ja gar nicht vorstellen“, sagt die ehemalige Kreisläuferin und Defensivspezialistin des VfL Engelskirchen, die in den Achtzigern zu den „Engelchen“ gehörte und in ihrer Blütezeit um die Deutsche Meisterschaft mitspielte. Was ein Abstieg des VfL für die Handballstadt Gummersbach bedeuten würde, will sie sich lieber nicht vorstellen. Das Argument, es wäre jetzt Zeit für einen Neuanfang in Liga zwei, hat sie auch schon gehört. „Das sagen ja viele – ich hoffe und glaube aber, dass sie es am Sonntag schaffen! Und die Leute, die die Mannschaft jetzt schlechtreden, sollten sich zurückhalten. Wer selber noch nie in so einer Situation war, weiß nicht, welcher Druck auf den Spielern lastet.“ (sül)

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