Abo

Vater auf verzweifelter MissionKreis Oberberg schob Vierjährige nach Sri Lanka ab

Lesezeit 4 Minuten
Solomon Ayoldele (r.) kämpft mit Sandra Dasberg um die Rückkehr seiner Aashaa nach Deutschland. Sie war mit ihrer Mutter abgeschoben worden

Solomon Ayoldele (r.) kämpft mit Sandra Dasberg um die Rückkehr seiner Aashaa nach Deutschland. Sie war mit ihrer Mutter abgeschoben worden

Gummersbach/Petershagen – Solomon Omomeje Ayodele steht die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. Alles, was ihm von seiner vierjährigen Tochter Aashaa geblieben ist, sind einige wenige Bilder. Dass das kleine Mädchen gemeinsam mit dessen Mutter Ende Januar diesen Jahres nach Sri Lanka abgeschoben wurde und das trotz eines laufenden Verfahrens zur Prüfung einer Kindeswohlgefährdung durch die Mutter, macht ihn noch immer fassungslos.

„Ich habe noch nicht mal erfahren, dass sie abgeschoben werden. Erst vier Tage danach – und da war es zu spät, etwas zu unternehmen“, bedauert ihr Vater. Das Sorge- und Umgangsrecht teilen sich beide Elternteile, obwohl sie bereits während der Schwangerschaft getrennt waren. Zuletzt lebte das Mädchen bei der Mutter.

Aus Nigeria stammender Vater mit Duldung

Der aus Nigeria stammende Ayodele, der mittlerweile bei seiner neuen Lebensgefährtin Sandra Dasberg in Petershagen im Kreis Minden lebt, hat selbst nur eine Duldung. Beide hoffen nun, dass diese in eine Beschäftigungsduldung umgewandelt werden kann. Dasberg, die ihren jetzigen Partner seit 2016 kennt und ihn seitdem in allen Belangen unterstützt, hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben: „Im Juni steht die neue Anhörung an und da Solomon in Gummersbach gearbeitet hat und auch jetzt hier in Petershagen arbeitet, wollen wir auf diesem Weg versuchen, dass er bleiben kann.“

Der Kontakt zur Tochter beschränkt sich auf kurze Telefonate und Nachrichten. Aber das sei alles sehr schwierig. „Die Videos, die ihre Mutter aus Sri Lanka schickt, sind wirklich besorgniserregend. Sie fleht uns an, Aashaa dort herauszuholen“, berichtet er und schlägt immer wieder die Hände über dem Kopf zusammen. Die Geschichte ist kompliziert. „Die Mutter ist leider psychisch krank und nicht in der Lage, sich adäquat um ein kleines Mädchen zu kümmern. Leider hat das bereits Spuren bei Aashaa hinterlassen. Sie ist deutlich unterentwickelt und spricht kaum“, erklärt Dasberg.

Abschiebung während eines laufenden Verfahrens

Sie hat den Schriftverkehr im Namen ihres Lebensgefährten mit Gerichten, Behörden, Anwälten und dem Jugendamt übernommen. „Für uns ist es unvorstellbar, dass der Oberbergische Kreis eine Abschiebung während eines laufenden Verfahrens durchführt. Und das auch noch bei der aktuell sehr dramatischen Lage in Sri Lanka.“ Dort gibt es mittlerweile eine Ausgangssperre. Mutter und Tochter kämen so also auch nicht an das Geld ran, dass Ayodele regelmäßig schickt.

„Sie haben nur Brot vom Nachbarn, sonst nichts“, erzählt Ayodele und zeigt die letzten Mailverläufe auf seinem Smartphone. „Hier bekommt man vielleicht einen Eindruck, wie es um den psychischen Zustand der Mutter bestellt ist. Eine echte Unterhaltung ist gar nicht möglich. Sie ist einfach gedanklich in einer anderen Welt. Sie spricht in Wortfetzen über Prostitution oder ist in einer Art religiösem Wahn“, fasst Dasberg zusammen.

Jugendämter bestätigen Zweifel am Verbleib bei der Kindesmutter

Eine Frau, die vom Jugendamt Gummersbach als Verfahrensbeistand bestellt ist, bestätigt das. In ihrer Stellungnahme schreibt die Diplom-Sozialarbeiterin: „Die Kindesmutter scheint hochgradig psychisch erkrankt zu sein. Ein Verbleib bei der Kindesmutter wird zum jetzigen Stand als fragwürdig angesehen.“ Auch eine Sachbearbeiterin des Jugendamtes Gummersbach berichtet, dass die Kindsmutter im Jugendamt aggressiv und ausfallend geworden sei. Gleichzeitig stellt sie fest, dass bei Aashaa „eine enorme Entwicklungsverzögerung erkennbar“ sei. Das Kind selbst habe sie allerdings nicht in Augenschein nehmen können.

„Das ist für uns auch schwer nachvollziehbar“, so Dasberg. Dabei hätten immer wieder Nachbarn das schreiende und von der Mutter allein zurückgelassene Kind aus der Wohnung geholt. „Aber die wollen nicht aussagen. Es sind Afrikaner, die in der gleichen Unterkunft wohnten. Sie haben Angst vor Anfeindungen und dass ihnen niemand glaubt“, bedauert Ayodele.

Verfahren mit Waldbröler Anwältin erneut angeschoben

Nun hat das Paar gemeinsam mit einer Anwältin aus Waldbröl das Verfahren mit dem Hinweis auf die Amtsermittlungspflicht durch das zuständige Amtsgericht Gummersbach erneut angeschoben. „Außerdem braucht Solomon dringend das Aufenthaltsbestimmungsrecht für seine in Deutschland geborene Tochter“, sagt Dasberg.

Zum Zeitpunkt der Abschiebung habe es bereits drei familiengerichtliche Verfahren in dieser Angelegenheit beim Amtsgericht Gummersbach gegeben. Das Paar hat nun Beschwerde eingelegt. Diese hat das Amtsgericht inzwischen an das Kölner Oberlandesgericht als Beschwerdegericht weitergegeben. Immerhin gibt es bereits ein Aktenzeichen. Ayodele versichert: „Wir würden Aashaa sofort bei uns aufnehmen. Ich wünsche mir, dass sie ein glückliches Lebens leben und sich altersgerecht entwickeln kann.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Die zuständigen Dezernate des Kreises haben auf Anfrage eine Stellungnahme zu dem Fall unter Berufung auf geltenden Datenschutz abgelehnt.

KStA abonnieren