„Massiver Personalnotstand“Viele Kitas im Bergischen arbeiten im Notbetrieb

Lesezeit 4 Minuten
Kinder stehen in einem Raum, es sind nur die Beine zu sehen.

Kinder in einer Kita (Smybolbild)

Vielen Kitas ist wegen aktueller Krankheitswellen teilweise nur eine Notversorgung möglich. Die Personaldecke ist eh schon knapp, oft reicht es nicht.

Viele Kindergärten arbeiten derzeit an der Belastungsobergrenze. Etliche Erzieherinnen und Erzieher sind krank, Ersatz ist nicht zu bekommen. Die AWO-Kita „Kunterbunt“ in Bergisch Gladbach hat die Reißleine gezogen. Die Eltern dort dürfen ihre Kinder nur noch jeden zweiten Tag zur Kita bringen, eine Ausnahme gilt für Vorschulkinder und Kinder mit besonderem Förderbedarf.

Reduzierte Öffnungszeiten

Doch „Kunterbunt“ ist kein Einzelfall, sondern eher die Spitze eines Eisberges. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Rhein-Berg/Oberberg ist Träger von 44 Kitas in beiden Kreisen. In drei dieser Kitas herrscht laut AWO aktuell ein „massiver Personalnotstand“, der „zu einer Reduzierung der Öffnungszeiten dauerhaft und in erheblichen Maße“ geführt hat. Um welche drei Kindergärten es sich handelt, wollte die AWO nicht mitteilen, man wolle den Fokus nicht auf die Situation in einzelnen Einrichtungen legen, heißt es.

„Die aktuelle Krankenwelle durch Corona, RS-Virus, Grippe, Erkältung, Magen-Darm-Grippe und Co. trifft auf ein insgesamt schon geschwächtes System durch den Fachkräftemangel. Wie viele Kinder oder Mitarbeiterinnen sich krankmelden, ist ganz unterschiedlich und variiert von Woche zu Woche. Außerdem ist es so, dass jede noch so harmlose Erkältung sich gerade über mehrere Wochen zieht“, teilt die AWO mit. Generell würden alle Kitas unter dem Fachkräftemangel leiden.

Dünne Personaldecke

Die dünne Personaldecke in Kitas ist auch aus Sicht von Angelika Schlütter, Verwaltungsleiterin der Kirchengemeinde St. Severin Lindlar, ein großes Problem: „Wir sind Träger von drei Kitas und leiden – wie alle – unter dem Fachkräftemangel. Personell konnten wir die Kitas zwar ausreichend ausstatten, haben aber keinen ‚Puffer‘, wenn es zu Krankenständen kommt, wie es derzeit der Fall ist.“

Neben den üblichen Ausfällen habe man vermehrt mit Infektionen zu tun, die zu Arbeitsunfähigkeiten des Personals führen, aber auch zu Ausfällen, weil Kinder der Mitarbeitenden erkranken und deshalb zuhause betreut werden müssen.

In den drei katholischen Kitas in Lindlar kommt es laut Schlütter seit Dezember vermehrt zu Engpässen. Das Kibiz-Gesetz macht feste Vorgaben zur Mindestbesetzung beim Personal. Und so versuche man, mit dem verbleibenden Personal zumindest die Vormittagsbetreuung abzudecken. Die Eltern würden dann gebeten, ihre Kinder nach dem Mittagessen abzuholen.

Kitas mit Notgruppen

Dennoch kommt es immer wieder vor, dass auch morgens die Mindestbesetzung mit pädagogischem Personal nicht erreicht wird. Bislang wurden die Kinder dann in „Notgruppen“ zusammenfassen. Was bedeutet, dass die Eltern wegen der begrenzten Platzzahl gebeten werden, ihre Kinder zuhause zu betreuen, sofern das möglich ist.

„Dies ist in jeder Kita an einzelnen Tagen passiert und hat dank guter Zusammenarbeit mit den Eltern und deren Verständnis auch funktioniert“, sagt Angelika Schlütter. Bislang habe man ausgedehntere Einschränkungen in der Betreuung vermeiden können. „Das bedeutet aber eine hohe Belastung des Personals, und leider ist es dann auch oft nicht möglich, das geplante pädagogische Programm durchzuführen.“

Nicht alle sind betroffen

Eine Abfrage bei weiteren Kindergärten in Lindlar und Wipperfürth ergibt ein gemischtes Bild. Bei den Johannitern gab es im Dezember einen hohen Krankenstand, derzeit aber sei alles im „grünen Bereich“. Nur eine Johanniter-Kita aus Oberberg musste am Dienstagnachmittag schließen, soll ab Mittwoch aber wieder im Normalbetrieb laufen.

Dass Eltern gebeten werden, ihre Kinder früher abzuholen, kommt fast überall vor. Einzelne Gruppen wurden schon tageweise geschlossen. „In vielen Familie arbeiten jetzt wieder beide Eltern, und Home Office ist nicht mehr so verbreitet wie vor einem Jahr“, erklärt eine Mitarbeiterin vom Spatzennest in Lindlar – das verschärfe das Problem.

Keine großen Schwierigkeiten meldet dagegen die Kita Domino in Frielingsdorf. „Wir haben derzeit keinen erhöhten Krankenstand“, freut sich Kita-Leiterin Petra Furgoll. „Meine Mitarbeiterinnen sind sehr stabil. Nur wenn es gar nicht anders geht, bitten wir die Eltern schon mal, ihre Kinder früher abzuholen – wenn es möglich ist.“ Die meisten Eltern seien sehr kooperativ, im Zweifelsfall würden dann Oma und Opa mobilisiert.

Bei der Arbeiterwohlfahrt sieht man ein grundsätzliches Problem, von dem alle Einrichtungen und alle Träger betroffen seien. „Das wird so lange bestehen, bis es wieder genügend Erzieherinnen und Erzieher auf dem Markt gibt, oder die Politik, vor allem auf Landesebene, die Personalverordnung an die Situation der nicht vorhandenen Fachkräfte anpasst.“

KStA abonnieren