Golf-Club KürtenNur nicht dem Ball hinterher schauen!

Lesezeit 6 Minuten

Kürten – „Stell dir vor, du bist ein Pendel!“ Beigefarbene Hosen, Polohemden und Kappen. Elektro-Autos auf weiten Grünflächen. Das sind die ersten Bilder, die man im Kopf hat, wenn man ans Golfspielen denkt. Der Sport für die Elite. Zugegeben, auch ich habe diese Bilder im Kopf, als ich mich mit Christian Klösgen, Jugendwart beim Golf-Club Kürten, zu meiner ersten Golf-Einführung treffe.

Verstohlen blicke ich mich um, als ich mich mit ihm in einem der unzähligen Golf-Carts auf dem Weg zum Grün mache und stelle fest, dass tatsächlich die Mehrzahl der Mitglieder Kappen tragen. Grün nennt man beim Golfen übrigens die kurzgemähte Rasenfläche, auf dem sich die mit weißen Fähnchen markierten Löcher befinden. Dicht und weich wie ein Teppich. Begeistert streiche ich mit den Fingern darüber und lerne gleich die erste Lektion: „Über das Grün wird nicht gerannt, sondern gegangen. Wir wollen ja nicht, dass das Grün einem Pferdeacker gleicht“, sagt Christian Klösgen schmunzelnd.

Wir beginnen mit der Haltung. Die Füße hüftbreit auseinander gestellt, parallel zum Loch. Als Rechtshänder wie ich legt man sich den Ball mit etwas Abstand vor den linken Fuß. Um erst einmal ein Gespür für den kleinen harten Ball zu bekommen, soll ich in eine von Pylonen markierte Fläche zielen. Schon nach zwei, drei Versuchen merke ich, dass das gar nicht so leicht ist. Mein Fehler: Ich arbeite zu viel aus den Handgelenken. „Stell dir, vor du bist wie ein Pendel einer alten Standuhr. Du schwingst gleichmäßig hin und her, und zwar aus den Armen. Deine Hände bleiben dabei ruhig am Griff deines Eisens“, erklärt Klösgen.

Wer jetzt Lust bekommt, das Golfspielen selbst auszuprobieren: Der Golf-Club Kürten bietet jeweils 25 Mädchen und 25 Jungen aus Rhein-Berg die Möglichkeit, ein halbes Jahr lang gratis Golf zu erlernen und zu spielen. Das Projekt „Kinder golfen kostenlos“ richtet sich an Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis 17 Jahren und wird gesponsert. Einmal wöchentlich erhalten die 50 Teilnehmer mindestens eineinhalb Stunden Golfunterricht unter der Leitung von Jugend-Trainer Christian Klösgen. Die jeweils 20 talentiertesten Mädchen und Jungen erhalten im Rahmen des Projektes für ein Jahr die Club-Mitgliedschaft geschenkt.

Anmeldung vom 10. bis 30. November unter ☎ 02268/8989 oder per E-Mail. Der Club hat eine eigene Internetseite und ist auch auf Facebook zu finden.

info@gckuerten.de

www.gckuerten.de

www.facebook.de/gckuerten.

jugendgolf

Es dauert, bis ich ruhig und gleichmäßig schwinge. Von Natur aus bin ich ein eher ungeduldiger, ruheloser Mensch. Fürs Golfen aber muss man Ruhe bewahren, den Kopf frei machen und runterfahren. Nur so kann man richtig putten, also den Ball auf dem Grün ins Loch rollen lassen. Und tatsächlich: So nach und nach nähere ich mich den Pylonen und freue mich, als der Ball fast ins Loch trifft. Klösgen bremst meinen Jubel etwas: „Du solltest dir vorher als Ziel setzen, in welches Loch du putten möchtest.“ Gar kein so schlechter Hinweis, immerhin befinden sich auf unserem Grün mehr als zehn dieser Löcher.

Mittlerweile hat sich die Sonne ihren Weg durch die Wolkendecke gebahnt, sodass ich immer öfter die Augen zukneifen muss. Schattenspendende Bäume? Fehlanzeige. Ich beginne zu verstehen und wünschte, ich hätte an eine Kappe gedacht. Doch obwohl ich geblendet werde, scheint Klösgen mit meinen Ergebnissen zufrieden zu sein, und wir gehen ein Stück vom Grün hinunter, auf das sogenannte Vorgrün, das etwas höher ist. Mit meinem Eisen komme ich jetzt gar nicht mehr weit. Das lange hohe Gras stoppt meine Pendelbewegung, und der Ball rollt auch nicht. Hilflos schaue ich zu meinem Trainer. Und jetzt? Jetzt kommt das Golfpack ins Spiel. In einer Art Rucksack auf Rädern hat ein Golfspieler alles dabei, was er so braucht. Neben Proviant für die langen Wege sowie Golfbällen dürfen die Spieler in ihren Packs insgesamt 14 Eisen mitführen. Welche das sind, ist egal, wichtig ist nur, dass es nicht mehr als 14 sind. Die Eisen sind unterschiedlich geformt, haben unterschiedliche Abschlagkanten und verschiedene Winkel. Mein Eisen zum Putten, auch Putter genannt, war ein sehr gerades, damit der Ball schön flach auf dem Grün rollt. Für das etwas höhere Vorgrün reicht der Putter nicht mehr. Hier muss der Ball etwas geschlagen werden, um das Gras zu überwinden. Je nach Winkel der Eisen fliegt der Ball entsprechend höher oder auch weiter. Diese Technik nennt sich chippen. Welches Eisen ich nehme und ob ich besser chippe oder putte, hängt also von der Distanz der Löcher ab.

Natürlich verschätzen sich auch Profi-Golfer schon mal mit der Distanz oder chippen aus dem falschen Winkel, sodass die Bälle ihre Bahnen verlassen und über den Platz fliegen. Damit sich niemand verletzt, wird in diesem Fall der internationale Ausdruck „Fore!“ gerufen. Dann zieht man am besten ganz schnell seinen Kopf ein und duckt sich, wenn es nicht schmerzhaft enden soll. Ich habe mittlerweile ein passendes Eisen und schaffe es immerhin, den Ball zu bewegen, wenn auch nicht in die richtige Richtung. Während ich versuche, meine Arme zu schwingen wie ein Pendel, schaue ich dem Ball hinterher. Ein Fehler, erklärt Klösgen: „Du darfst dem Ball nicht hinterher schauen. Damit beeinflusst du deine Arme und fängst an, aus den Handgelenken zu schwingen.“ Verdammt, doch gar nicht so leicht, wie es immer aussieht. Ruhig und konzentriert sein, parallel stehen, schwingen und pendeln, dem Ball nicht hinterher sehen – und das alles gleichzeitig! Mein Trainer lacht und lobt: „Aller Anfang ist schwer! Dafür, dass du das heute zum ersten Mal machst, klappt’s doch wirklich gut!“

Tatsächlich: Je näher mein Ball an die Pylonen kommt, desto mehr Spaß macht mir das Ganze. Auch wenn mir das Stehen ganz schön auf den Rücken geht. Ich bin so sehr in mich vertieft, dass ich gar nicht merke, was um mich herum passiert ist. Gott sei Dank habe ich einen erfahrenen Golfer an meiner Seite. „Hast du den »Fore«-Ruf nicht gehört?“ fragt mich Klösgen, und seine lustigen Augen funkeln mich an. Ich erstarre. „Zum Glück hat er in die andere Richtung gerufen, es hat uns also nicht betroffen.“ Das ist ja gerade noch einmal gut gegangen!

Unsere Trainingseinheit neigt sich dem Ende zu. Doch ehe ich entlassen werde, fahren wir noch kurz zur Driving Range. Hier werden die langen Schläge auf lange Distanzen geübt. Solche Bahnen können schon mal mehrere hundert Meter lang sein, da ist es gut, wenn man weit schlagen kann, schließlich möchte man mit möglichst wenigen Schlägen ins Loch kommen. Die Range ist überdacht, sodass hier auch bei schlechtem Wetter trainiert werden kann. „Wir spielen hier eigentlich immer, außer wenn es schneit“, erzählt mir mein Trainer, während ich mich an den langen Abschlägen versuche. Die nächste Markierung ist der 50-Meter-Punkt, den ich bei weitem nicht erreiche. Aber es ist eben noch kein Meister vom Himmel gefallen. Und eines habe ich mit Sicherheit gelernt: Golf hat vielleicht weniger mit Schnelligkeit und Ausdauer zu tun, dafür viel mit Gefühl, Technik und jeder Menge Geduld. Nicht alle Golfer tragen beigefarbene Hosen, Christian Kösgen dürfte ein gutes Beispiel dafür sein, und vor allem: Beim nächsten Mal trag auch ich eine Kappe.

KStA abonnieren