„Mulch ist unser Toilettenpapier“Gartencenter in Rhein-Berg werden überrannt

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Die Jungpflanzen in der Baumschule Becker werden von Vanessa Pleines bewässert.

Die Jungpflanzen in der Baumschule Becker werden von Vanessa Pleines bewässert.

Rhein-Berg – „Das hier ist quasi unser Toilettenpapier“, sagt Oliver Fink lachend und deutet auf die über- und nebeneinander gestapelten Säcke mit Rindenmulch. „Kurz bevor die Kontaktsperre begann“, schildert der Inhaber der Gartenbaumschule Becker in Refrath, „wurden wir hier fast überrannt.“ Rindenmulch und Gartenerde seien von den Kunden schneller in die Autos geladen worden, als man habe nachfüllen können.

In den Gartencentern ist Hochsaison, Hobbygärtner sind dabei, ihre Beete zu verschönern und suchen nach frischem Grün für den heimischen Garten. Fink hat die Corona-bedingten Empfehlungen für Beschränkungen konsequent umgesetzt, achtet darauf, dass nicht zu viele Kunden auf den Freiflächen nach Pflanzen suchen und hat den Innenbereich mit der Kasse zu einer Einbahnstraße gemacht, so dass sich die Kunden nicht begegnen, sondern nacheinander an die mit Plexiglas geschützte Kasse herangeführt werden. Platz genug ist auf den Außenflächen. Fink: „Wir verkaufen auf einem Hektar.“

Getrennte Teams

Auch die Teams sind getrennt – Verkaufsmitarbeiter und Gartenbauer begegnen einander nicht mehr. Die Fahrzeuge sind mit Wasser und Seifenspender ausgestattet worden. „In den letzten zwei Wochen“ berichtet Fink, „war es schon sehr, sehr anstrengend. Aber unser Onlineshop hilft ungemein, weil die Kunden auch telefonisch und online bestellen können. Dadurch haben wir natürlich auch reichlich mit Lieferungen, Abholungen oder Versand zu tun.“

Im Gartencenter suchen Monika und Johannes Strücker Ersatz für den eingegangenen Basilikum.

Im Gartencenter suchen Monika und Johannes Strücker Ersatz für den eingegangenen Basilikum.

Dennoch ist Fink froh, dass in Nordrhein-Westfalen die Gartenmärkte noch geöffnet haben, anders als in Niedersachsen und weiteren Bundesländern. „Ein Kollege aus Niedersachsen hat sein Unternehmen nahe der Grenze zu Nordrhein-Westfalen - da fahren die Kunden natürlich über die Landesgrenze, und er geht leer aus“, schildert Fink. Währenddessen kommen stetig Kunden durch das Tor, einzeln, aber meist zu zweit, und schauen nach dem frischen Grün. Der Gartenbauer macht jedoch auch Kunden bereits bei telefonischen Anfragen klar, dass ein Besuch im Gartencenter kein Familienausflug sein dürfe.

Auf Abstände achten

Ganz ähnlich sieht das auch Peter Schreiber, Leiter des Knauber Garten- und Freizeitmarktes: „Wir achten sehr auf die Abstände, die Kassen sind mit Plexiglas-Scheiben abgetrennt, und es dürfen sich nicht mehr als drei Personen auf 100 Quadratmetern im Markt aufhalten, also nicht unbedingt die ganze Familie. Bei uns kommen ja noch Bastelspielzeug und Farben hinzu, auch wichtig für die Freizeitbeschäftigung.“ Generell erlebt Schreiber die Kunden aber als „sehr relaxt“, und es werde wenig Beratung in Anspruch genommen. Rindenmulch verkaufe sich sehr gut, sagt Marktleiter Schreiber, Gartenarbeit sei eben auch eine sehr beliebte Freizeitbeschäftigung. Zu schaffen machen dem Markt einige Krankheitsfälle, die nicht Corona-bedingt sind, aber, so Schreiber, generell sei man gut aufgestellt, alles laufe in geordneten Bahnen.

Oliver Fink verkauft Blumenerde.

Oliver Fink verkauft Blumenerde.

Bei Oliver Fink in Refrath helfen die Familienmitglieder mit, Sohn Ben hat bei ihm „Baumschule“ und Tochter Pia hat die Kasse übernommen, mit Mundschutz - den trägt sie allerdings vorwiegend, um ihren Heuschnupfen zu dämpfen. Schließlich sind tausende Pflänzchen und junge Bäume oder Sträucher zu bewässern, die in den kommenden Wochen eine neue Heimat in einem Garten oder Vorgarten finden sollen. Tomaten und Salatpflänzchen kaufen zwei ältere Damen, jetzt können sie ins Beet eingesetzt werden. Monika und Johannes Strücker feiern zwar ihren 46. Hochzeitstag, wollen aber gar nichts Großes mitnehmen aus dem Refrather Gartenbaubetrieb.

Auf der Suche nach Basilikum

„Der Frost hat unser Basilikum erwischt“, schildert Monika Strücker, „und wir suchen Rat wegen der Schädlinge am Rhododendron.“ Das Paar empfindet sich als durchaus privilegiert, einen schönen Garten zu haben und so mit wenigen Schritten ins Grüne zu können. Was beide vermissen, ist eine Umarmung von Kindern oder Enkeln – „Videotelefonate sind nicht dasselbe“, sagen Monika und Johannes Strücker. Ab und zu komme die Tochter mit dem Enkel zwar vorbei, dann begegne man sich jedoch mit großem Abstand.

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Das Paar stöbert noch hier und da in den jungen Blumen und Pflanzen und macht sich dann auf dem Heimweg, während weitere Kunden die Gartenbaumschule Becker betreten. Denn das Gärtnern ist derzeit nun mal eine der wenigen Beschäftigungen, die nicht unter Verdacht stehen.

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