„Schulen werden zu Testzentren“Corona-Regeln sorgen für Ärger bei Eltern und Lehrern

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Vorgaben zu Testungen in Schulen sorgen für Überlastungen bei Schülern und Lehrern.

Vorgaben zu Testungen in Schulen sorgen für Überlastungen bei Schülern und Lehrern.

Rhein-Berg – „Wir sind nur noch fassungslos und geschockt. Hier werden wieder Verantwortungen auf die Beschäftigten in den Schulen abgewälzt, sie müssen auffangen, was andere nicht schaffen“, sagt Jana Koch, Lehrerin aus Oberberg und Mitglied des Leitungsteams der Landesfachgruppe Grundschule.

Die neuen Regelungen für Testungen in Schulen sehen vor, dass Schülerinnen und Schüler an Grundschulen nun bei einem positiven Pooltest nicht mehr PCR-getestet, sondern an den Schulen mit Antigen-Schnelltests nachgetestet werden, um die infizierten Kinder identifizieren zu können.

Lehrer müssen ohne Schutzkleidung infizierte Kinder testen

„Grundschulen werden immer mehr zu Teststationen, ohne Konzept – wir bekommen teilweise nicht einmal Schutzkleidung“, kritisiert Koch weiter. Die Gefahr, der sich Lehrerinnen und Lehrer aussetzen, weil sie potenziell infizierte Kinder testen, sei nicht mehr zu rechtfertigen. Lehrerinnen und Lehrer würden immer mehr be- und überlastet werden, auch emotional, weil die Politik mal wieder zu spät reagiert habe.

Hinzu komme, dass die neuen Antigen-Schnelltests nicht mehr so sensitiv seien wie die alten und schon gar nicht wie die Lolli-Tests. „Das ist so, als würden wir erst mit einem Teesieb sieben und dann mit einem Lattenrost nachjustieren, hat heute Morgen eine Kollegin zu mir gesagt – und sie hat recht“, sagt sie.

Außerdem sei es unverantwortlich, potenziell infizierte Kinder wieder zur Schule fahren zu lassen: „Die neuen Vorgaben bedeuten, dass wir nach einem positiven Poolergebnis wissentlich mindestens ein positiv getestetes Kind mit einem vollen Schulbus in eine voll besetzte Klasse holen, damit es dort gemeinsam mit den anderen Mitschülern einen Antigen-Schnelltest macht“, sagt sie.

„Gesundheitsgefährdung wird wissentlich in Kauf genommen“ 

Anschließend müsse dieses Kind dann isoliert und wieder von den Eltern abgeholt werden. Das habe mit „bestmöglichem Infektionsschutz“ wie ihn die Ministerin postuliere, nichts mehr zu tun und sei eine „Gesundheitsgefährdung, die wissentlich in Kauf genommen wird“. Außerdem sei die Situation auch emotional extrem belastend für die Kinder. Auffangen könne man das kaum noch, da schon vor den neuen Aufgaben für die Beschäftigten Personalmangel geherrscht habe.

Auch Elternvertretung und Schulleitungen aus Rhein-Berg sind von den neuen Regelungen alles andere als begeistert.

Elisa Kültz-Schiewen von der Elternvertretung der Gemeinschaftsgrundschule Kippekausen zeigt sich verblüfft über die aktuelle Entwicklung: „Ich finde das extrem ungünstig, wenn ich ehrlich bin, und bin auf jeden Fall überrascht, dass Kinder jetzt trotzdem kommen können, obwohl sie potenziell infiziert sind.“

„Da kann man dann die Pooltests eigentlich auch gleich lassen“

Die Ergebnisse der Pooltestungen kämen teils so spät abends, dass ohne die Einzelergebnisse vor allem der Druck auf Eltern und Kindern steige, dann trotzdem noch schnell einen Test zu machen, meinte Kültz-Schiewen.

„Da kann man dann die Pooltests eigentlich auch gleich lassen und Antigen-Schnelltests nutzen“, sagt sie. Auch fehle ihr das Verständnis für die Gesamtsituation und die Informationslage, weil etwa einige Kitas ja nach wie vor mit Pooltestungen auskämen.

Ähnlich geht es der Schulleiterin der städtischen Gemeinschaftsgrundschule Refrath, Birgitt Sprafke-Zucker.

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Die Corona-Politik sei erschreckend und sie frage sich „natürlich schon, ob man das nicht absehen konnte“, sagt sie. Sie befürchtet, dass die Schlangen vor den Bürgertests abends zu lang werden, wenn auch noch Eltern mit potenziell infizierten Kindern anstehen müssen.

Pooltestungen haben auch vorher nicht problemlos funktioniert

Deshalb geht sie davon aus, dass viele Kinder nach einem positiven Pooltest am nächsten Morgen mit Antigen-Schnelltests in der Schule getestet werden müssen. „Das können wir aber notfalls bewältigen, wir können genug Tests beschaffen“, sagt sie.

Die Pooltestungen hätten aber auch in den letzten Wochen selten einwandfrei funktioniert, so Sprafke-Zucker: „So richtig schnell und gut ging das nur, wenn alle negativ waren.“

Cilli Briese, Mutter zweier Kinder auf der Grundschule Katterbach, hat sich mit den Pool- plus Einzeltestungen auch sicherer gefühlt.

„Ich kann die Situation ja verstehen, dass da die Kapazitäten fehlen“, sagt sie, das zeige auch, dass Kinder keine Priorität hätten. Sie fürchte auch, dass die Antigen-Schnelltests die Omikron-Variante nicht gut genug erkennen können. Die Grundschule Katterbach in Bergisch Gladbach hat ihre Antigen-Schnelltests pro Kind erhöht und kann die neuen Herausforderungen stemmen. „Ich bin froh, dass die Kommunikation mit der Schule so gut läuft“, sagt Briese.

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