„Sehnsucht nach klarer Haltung“Hier feiert Wolfgang Bosbach seinen 70. Geburtstag

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Wolfgang Bosbach kurz vor seinem 70. Geburtstag am Donnerstagabend auf Sardinien mit Familie.

Wolfgang Bosbach kurz vor seinem 70. Geburtstag am Donnerstagabend auf Sardinien mit Familie.

Bergisch Gladbach – Nicht um den heißen Brei herumzureden, hat für Wolfgang Bosbach in den vergangenen 13 Monaten eine ganz neue Bedeutung bekommen. Und dabei geht es nicht um jene Eigenschaft, die ihn einst zum gefragtesten politischen Talkshowgast der Republik machte, sondern ganz wörtlich um das, was ganz junge Erdenbürger gerne zu sich nehmen. „Ich habe mir immer ein Enkelkind gewünscht, jetzt bin ich stolzer Opa“, sagt er und berichtet von den morgendlichen Spaziergängen mit dem 13 Monate alten Camer Can. „Das ist die schönste Zeit des Tages.“

Prominente Gäste bei Geburtstagsparty auf Sardinien

Und natürlich ist auch Camer Can dabei, wenn Bosbach mit seiner Familie und einer „Reihe guter Freunde“ an diesem Samstag Bosbachs 70. Geburtstag feiern.

Dass unter den Gästen neben langjährigen Weggefährten wie Horst Becker aus Bergisch Gladbach, Ex-Fußballfunktionär Reiner Calmund, Schauspieler Thomas Heinze, Fußballtrainer Christoph Daum, Restauranttester Christian Rach und Sportmoderator Ulli Potofski mit Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) nur ein Berufspolitiker aus Berliner Zeiten ist, zeigt, dass das Leben des CDU-Politikers Bosbach immer schon mehr war als Politik.

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„Politik war und bleibt immer ein wichtiger Teil meines Lebens, aber sie war nie allein mein Leben“, sagt der Mann, dessen Herz zeitlebens unter anderem ebenso für den Sport wie für den Karneval brannte – und brennt.

Wolfgang Bosbach als Karnevalsprinz 1977.

Wolfgang Bosbach als Karnevalsprinz 1977.

Wolfgang Bosbach als scheidender Präsident (2012)

Wolfgang Bosbach als scheidender Präsident (2012)

Trotzdem: Der selbst gewählte Abschied aus dem Deutschen Bundestag 2017 sei wohl das einschneidendste Ereignis der vergangenen Jahre gewesen, sagt Bosbach am Telefon aus dem Urlaub auf Sardinien. Tochter Caroline, die auf der Strandliege nebenan liegt, stimmt hörbar zu.

70 Jahre Wolfgang Bosbach in Zahlen

Vom Supermarktleiter in die Politik

1952 kam Wolfgang Bosbach in Bergisch Gladbach auf die Welt.  Nach der mittleren Reife wurde er Einzelhandelskaufmann und Leiter eines Supermarktes, machte das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg und studierte Jura in Köln.  Seit 1991 ist er Rechtsanwalt in der Bergisch Gladbacher Kanzlei Winter, Jansen & Lamsfuß. 3Töchter haben  Sabine und Wolfgang Bosbach: Caroline, Natalie und Viktoria. 13 Monate alt ist  Enkel Camer Can Junior von Bosbachs Tochter Viktoria und Schwiegersohn Camer Can Demircan.  Neben der Familie feiern rund 50 Gäste den 70. Geburtstag auf Sardinien mit. 1972 trat Bosbach in die CDU ein, war im Kreistag (1975 – 1979), im Gladbacher Stadtrat (1979 – 1999) und wurde ab 1994 bei sechs Bundestagswahlen  im Rheinisch-Bergischen Kreis direkt in den Bundestag gewählt.

35 Jahre arbeitete Bosbach im Bundestag, davon 12 Jahre als Mitarbeiter von MdB Franz Heinrich Krey, 6 Jahre eigene Abgeordnetentätigkeit in Bonn und 17 Jahre  Abgeordneter in Berlin, 2000 bis 2009  war Bosbach Fraktionsvize, dann  Innenausschussvorsitzender. 2017 kandidierte er nicht erneut. 22 Jahre war Wolfgang Bosbach Präsident der Großen Gladbacher KG. 100.000 Kilometer pro Jahr legte Wolfgang Bosbach allein im Flugzeug auf dem Weg zu Terminen und Auftritten bei Veranstaltungen und in ungezählten Talkshows zurück, hinzu kamen Tausende Kilometer bei Fahrten mit der Bahn und dem eigenen Auto.

„Mit gemischten Gefühlen“, sagt Bosbach, sehe er, dass seine älteste Tochter, „das gleiche politische Temperament wie der Vater“ habe. „Man gewinnt viel, muss aber auch auf vieles verzichten“, sagt Bosbach.

Wolfgang Bosbach als Bergisch Gladbacher Jung.

Wolfgang Bosbach als Bergisch Gladbacher Jung.

„Aber ich habe in meinem Leben auch immer das Glück gehabt, das zu machen, was ich machen wollte“, sagt der braun gebrannte Bergisch Gladbacher, der zunächst Einzelhandelskaufmann und Supermarktleiter wurde, bevor er das Abitur nachholte, studierte, Rechtsanwalt wurde und schließlich in die Politik ging. Aus der schied er zwar 2017 als Abgeordneter aus, viel ruhiger geworden ist es deshalb aber bei ihm nicht: „Ich versuche ja, die Work-Life-Balance zu finden, aber ich bin immer noch mehr bei Work“, bilanziert der Rheinländer fünf Jahre nach seiner letzten Sitzungswoche in Berlin.

Wolfgang Bosbach als scheidender Abgeordneter 2017 in Berlin.

Wolfgang Bosbach als scheidender Abgeordneter 2017 in Berlin.

Auch jetzt reist er noch nahezu jede Woche zu Vorträgen, Talkrunden und Reden kreuz und quer durch die Republik. „Immer noch besser ein- als ausgeladen“, sagt er augenzwinkernd. Und er wirkt froh. Er müsse zwar viele Medikamente nehmen, habe „viele ärztliche Verpflichtungen“. Aus seiner Krebserkrankung hat Bosbach nie ein Geheimnis gemacht. „Aber wenn man so auf die 70 steuert, geht’s doch eigentlich ganz gut.“

Gerne nochmal ans Rednerpult

Ob’s ihn manchmal juckt, auch noch mal im Bundestag mitzumischen? „Ab und zu würde ich ja gerne nochmal ans Rednerpult...“ Tochter Caroline seufzt: „Herrgott.“ Bosbach reagiert schnell: „... aber man muss wissen, wann Schluss ist.“

Eine politische Äußerung schließt das natürlich keineswegs aus. Bosbach hat gerade sein drittes Buch fertiggestellt, im September soll es erscheinen. „Wer glaubt uns noch? Warum Politik Vertrauen verliert und was wir dagegen tun können“, lautet der Titel.

Den ganzen Tag mit der Familie zu verbringen, ist für ihn Luxus

„Die Menschen haben eine Sehnsucht nach klarer Haltung und danach, dass Politiker begründen, warum sie wie handeln“, erläutert er. Ein Jahr lang immer wieder zu beteuern, es gebe keine Impfpflicht und dann innerhalb einer Woche darauf umzuschwenken, sei einfach nicht gut, findet Bosbach.

Dabei gehe es nicht darum, zu allem eine feste Meinung zu haben. „Beim Thema der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine bin ich auch hin- und hergerissen und weiß nicht, ob wir damit Leiden nicht noch verlängern“, sagt Bosbach nachdenklich. „Trotzdem hätte ich dafür gestimmt, weil sich Krieg nicht lohnen darf, Putin nicht gewinnen darf.“

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Im Handumdrehen ist er wieder mittendrin in der politischen Debatte. Dabei sollte der Sardinien-Aufenthalt doch ganz im Zeichen der Familie stehen. „Im Normalfall sind wir sonst ja nur an Weihnachten mal alle zusammen.“ Jetzt ist sogar Tochter Natalie nachgekommen, hat drei Tage freibekommen. „Sie ist ja froh, dass sie nach Corona als Flugbegleiterin endlich wieder in der Luft ist“, sagt Bosbach und freut sich über das gemeinsame Ferienhaus mit der Familie: „Den ganzen Tag zusammen zu sein, das ist wirklich Luxus.“ Und zum Geburtstag ein ganz besonderes Geschenk.

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