50 Jahre Friedrich-Fröbel-SchuleRecht auf Bildung galt 1971 noch nicht für alle

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Der Einzelne im Mittelpunkt: Manuel möchte mit „Fröbel-Flair“ zum 50. Geburtstag einer besonderen Schule Gas geben.

Der Einzelne im Mittelpunkt: Manuel möchte mit „Fröbel-Flair“ zum 50. Geburtstag einer besonderen Schule Gas geben.

Bergisch Gladbach – Manuel gibt des Takt an, dann setzt die Schülerband ein: Happy Birthday. Ein Geburtstagslied für ihre Friedrich-Fröbel-Schule, die am Samstag ihren 50. Geburtstag feiert. Manuel strahlt. „Das wird ein Fest.“ Oberstufenschüler Manuel und seine Mitstreiter sind mit Feuereifer bei der Sache.

Feier zum 50-Jährigen

Mit Musik und Begrüßungsworten wird am Samstag, 11. Juni, ab 11 Uhr das Fest zum 50-Jährigen der Friedrich-Fröbel-Schule eröffnet. Mit dabei die Schülerband „Fröbel-Flair“ und die Mitarbeitendenband „Age Unlimited“. Ab 12 Uhr folgen Aktionen und Präsentationen auf dem Schulgelände, ab 14 Uhr ein buntes Bühnenprogramm mit Tanz und Musik. (wg)

Als ihre Schule vor einem halben Jahrhundert auf der grünen Wiese unweit des Moitzfelder Ortskerns gebaut wurde, war die Idee, aus der einmal die heutige Förderschule für geistige Entwicklung entstehen sollte, noch absolutes pädagogisches Neuland. Erst 1978 wurde überhaupt in Deutschland ein Recht auf Schule für Kinder mit „schweren und mehrfachen Behinderungen“ eingeführt.

So hieß die Einrichtung, die am 16. August 1971 mit 60 Schülerinnen und Schülern sowie neun Mitarbeitenden an den Start ging damals auch noch „Heilpädagogisches Zentrum“ und umfasste neben einem „Sonderkindergarten“ eine Schule und Werkstufe für „geistig behinderte Kinder und Jugendliche“, wie es damals noch hieß. Immerhin bestand für diese Personengruppe seit 1966 eine Schulpflicht.

„Es ging damals tatsächlich erst einmal um das Recht auf Bildung“, sagt Birgit Bohlscheid, die heutige Schulleiterin der mittlerweile 155 Kinder und Jugendliche zählenden Schule mit Blick auf die Anfangsjahre. „Bis zu einer Einstellung, wie sie in unserem heutigen Schulmotto »Selbstverständlich verschieden« zum Ausdruck kommt, war es damals noch ein weiter Weg.“

Friedrich-Fröbel-Schule in Zahlen

Schülerzahl in 50 Jahren fast verdreifacht

155 Kinder und Jugendliche besuchen aktuell die Friedrich-Fröbel-Schule in Moitzfeld, vor 50 Jahren waren es gerade mal 60. Und die Schülerzahl steigt weiter. Derzeit läuft wie berichtet die Planung für einen weiteren Erweiterungsbau.

115 Mitarbeitende hat die Friedrich-Fröbel-Schule. „Von der Wäschefee bis zur Schulleitung, von Schulbegleitern über Therapeutinnen und junge Freiwillige bis zu Sonderpädagoginnen und FSJlern“, so Schulleiterin Birgit Bohlscheid. Dass viele von ihnen Teilzeitstellen haben, bereichere die Arbeit, da so noch mehr unterschiedliche Perspektiven einflössen.

17 Plätze für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) beziehungsweise den Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) bietet die Friedrich-Fröbel-Schule an. „Eine tolle Chance, in ein spannendes Arbeitsfeld reinzuschnuppern“, sagt Schulleiterin Birgit Bohlscheid. Dabei sind fürs nächste Schuljahr bislang lediglich drei Plätze vergeben. Interessenten können sich bei der Schule melden. Infos dazu gibt’s auf der Internetseite: www.froebelschule-moitzfeld.de

1976 und damit noch zwei Jahre vor Einführung des Rechts auf Schule für Kinder mit „schweren und mehrfachen Behinderungen“ gründeten engagierte Eltern und Förderer den Förderverein der Friedrich-Fröbel-Schule. www.froebelschule-moitzfeld.de/foerderverein.aspx

1 „Garten der Erinnerung“ ist zum 50. Geburtstag der Friedrich-Fröbel-Schule auf dem Schulgelände angelegt worden. In ihm erinnern Schülerinnen, Schüler und Lehrende an Lebenswege, die die Schule begleitet hat, und an diejenigen, die das 50-Jährige nicht mehr erleben, darunter auch Gründungsschulleiter Bernd Saxler. (wg)

Mehr als zwei Jahrzehnte hat Bernd Saxler die Entwicklung der Schule, die 1972 nach dem Pädagogen Friedrich Fröbel (1782 – 1852) benannt wurde, als Schulleiter geprägt. Erst elf Jahre nach ihrer Gründung erhielt die Schule eine erste Lehrkraft mit sonderpädagogischer Ausbildung. Zwei Jahre zuvor bereits hatte ein erster Zivildienstleistender an der Friedrich-Fröbel-Schule angefangen.

Die Pädagogen der mittlerweile von 72 Kindern und Jugendlichen besuchten Schule suchten früh den Kontakt zu ähnlichen Schulen und Institutionen im Ort. Bereits seit Anfang der 80er Jahre gibt es jährlich stattfindende Spiel- und Sportfeste der Förderschulen mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, mit den Geistlichen der katholischen und evangelischen Gemeinden am Schulstandort pflegt die Schule unter anderem im Hinblick auf Kommunion, Konfirmation und Firmung der Schülerinnen und Schüler eine intensive Zusammenarbeit.

Zusammenlegung mit Schule aus Romaney

Nach Zusammenlegung mit der Förderschule aus Bergisch Gladbach-Romaney wurde zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit komplexen Behinderungen ein Erweiterungsbau mit rollstuhlgerechtem Schwimmbad, Turnhalle, Pflegeräumen und den Klassenräumen des heutigen Mittel- und Oberstufentraktes sowie mit Therapie und Fachräumen erforderlich. Und das sollte nicht die letzte Erweiterung bleiben.

Mitte der 90er Jahre wurde die pädagogische Arbeit erstmals in einem Schulprogramm verankert. Motto: „Gemeinsam weiter gehen“. Dabei blieben Förderschüler und -lehrende keineswegs unter sich. Im Gegenteil.

1994 wurde eine Kooperation mit der Grundschule Moitzfeld, ein Jahr später eine weitere mit dem Gymnasium in Herkenrath eingestielt. Das Ziel: eine stärkere Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft als „Begegnung auf Augenhöhe“.

Zugleich wurden die Fördermöglichkeiten an der eigenen Schule insbesondere für Kinder mit komplexen Behinderungen ausgebaut und beispielsweise ein „Snoezelen“-Raum samt Bällebad eingerichtet, um gezielte Angebote zur sensitiven Wahrnehmung sowie zu Entspannung und Ruhe zu ermöglichen.

„Selbstverständlich verschieden – In Vielfalt gemeinsam weiter gehen.“

Um die Jahrtausendwende wuchs der Anspruch, auch zentrale Bildungsinhalte anzubieten. Jährliche Literaturwochen mit Lesungen wurden ebenso eingeführt wie der verstärkte Einsatz von Computern im Unterricht. Eine Schulfußballmannschaft, eine Schulband, Projektwochen, die Gründung von Schülerfirmen und Wohntrainings in einer nun ebenfalls zur Schule gehörenden Trainingswohnung ergänzten das ganzheitliche Angebot, das sich auch im Selbstverständnis der Schule widerspiegelte. Das Schulprogramm wurde überarbeitet und das Schulmotto erweitert: „Selbstverständlich verschieden – In Vielfalt gemeinsam weiter gehen.“

Im Zuge der Inklusion gibt es seit einigen Jahren ebenso gemeinsame Sachunterrichtsangebote mit der Gemeinschaftsgrundschule Moitzfeld wie gemeinsamen Biologieunterricht mit dem Gymnasium Herkenrath. Als eine der ersten Förderschulen im Land bildete die Friedrich-Fröbel-Schule Lernende zu Medienscouts aus. Immer stärker entscheiden die Schülerinnen und Schüler selbst, was und wie sie lernen möchten.

Jeder Schüler verlässt die Schule mit einer individuellen beruflichen Perspektive

„Multiprofessionelle Teams von Pädagogen, Therapeuten, Schulbegleitern und weiteren Mitarbeitenden gestalten heute den Ganztagsschulbetrieb, der neben klassischen Unterrichtsfächern auch Bereiche wie Förderpflege und gestaltete Freizeit umfasst “, erläutert Schulleiterin Bohlscheid das Konzept, das Schüler von der Primarstufe bis zur Berufspraxisstufe begleitet.

„Jeder Schüler verlässt die Schule mit einer individuellen beruflichen Perspektive“, sagt Sonderpädagogin Anke Köhler.

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Das umfassende Schulprofil mit vielfältigen pädagogischen Konzepten und ebenso therapeutischen Angeboten, schätzen die Eltern sehr und bescheren der Schule auch aktuell einen sehr großen Zulauf. (siehe auch „Die Friedrich-Fröbel-Schule in Zahlen“). Ein Ansatz, in dem der Einzelne im Mittelpunkt steht und mit seinem Förderbedarf den Takt angibt – so wie Manuel am Schlagzeug der Schulband, die am Samstag zum 50. Geburtstag der Schule so richtig Gas geben möchte.

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