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Allerletzten ihrer ArtNur noch wenige klassische blaue Straßenschilder in Rhein-Berg

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Die Dr. Robert-Koch-Straße in der Stadtmitte von Bergisch Gladbach.

Die Dr. Robert-Koch-Straße in der Stadtmitte von Bergisch Gladbach.

Rhein-Berg – Ja, es gibt sie noch, die „antiken“ Straßennamenschilder aus Emaille. Sie gibt es nach alter Tradition in blauer Farbe mit weißer Schrift, und bis vor über drei Jahrzehnten waren sie immer und überall zu sehen im Straßenbild. Dann kamen die „Kollegen“ aus weißem Hartkunststoff. Die waren billiger, besser lesbar und haltbarer, und die blauen aus Emaille verschwanden. Schleichend, nicht auf einmal. Das ist in Gladbach so gewesen, und in den anderen Orten auch. Wer sucht, findet aber tatsächlich noch einige Originale in Emaille.

Dabei haben die alten Schilder Charme, sie sind wuchtig ausgeführt und mit leichter Wölbung. Heute gibt es die blauen Schilder von einst meist nur noch im Online-Auktionshaus im Internet. Ab etwa 50 Euro ist so ein Schild zu haben. Auch in Partykellern sollen sie zu finden sein. In den späten 80ern und frühen 90ern kamen die Mitarbeiter der Stadtverwaltungen, schraubten kaltblütig und herzlos „Blau“ ab und „Weiß“ an. Oft landeten die alten Schilder unbeachtet im Müll, nach Jahrzehnten treuer Dienste. Wie konnte es soweit kommen? Die blauen Straßennamenschilder sind übrigens nach wie vor erlaubt auf den Straßen, es gibt keine Vorschrift, nur die weißen zu nehmen.

Einige wenige der blauen haben tatsächlich „überlebt“. Sie verstecken sich gut, um bloß nicht der nächsten Einspar- oder Abschraubwelle zum Opfer zu fallen. Wer nicht genau hinschaut, übersieht die Relikte aus alter Zeit leicht. Das ist zum Beispiel an der Paffrather Straße so. Tatsächlich gibt es da noch ein blaues Emaille-Schild. Es hängt an der Hauswand der Tachometerwerke von Deuta, auf der anderen Seite des Stadions. „Paffrather Straße“ ist da zu lesen.

An Häuserwänden haben die blauen Schilder offenbar eine besondere Überlebensstrategie entwickelt. Auch an der Ecke Lustheide/In der Auen in Refrath gibt es so einen Fall, mit dem Straßennamen „Lustheide“ an der Wand des Tankstellengebäudes. Auch das Geschäftshaus an der Ecke von Paffrather Straße und Robert-Koch-Straße in der Stadtmitte trägt noch stolz den „Oldie in Blau“ an seiner Fassade. Das Straßenschild zeigt den Namen des Mediziners, sogar mit Doktortitel. Allerdings sind nicht mehr alle Schrauben vorhanden, die das Schild an der Hauswand festmachen. Und die Schrauben, die es gibt, sind verrostet.

Irgendwann wird es runterfallen. Und noch ein Schild: Der Lückerather Weg, zwischen Bensberg und Gladbach, ist längt nur noch ein belangloser Fußweg an dieser Stelle - aber an der Hauswand zeugt das vergessene Straßenschild von vergangener Größe. Tausende Autos fahren auf der Gladbacher Straße jeden Tag vorbei.

In den Nachbarkommunen sind die „Blauen“ ebenfalls Raritäten. Man muss sie schon mit der Lupe suchen. An der Kreuzung von Feldstraße und Bensberger Straße in Rösrath-Forsbach gibt es gleich zwei von ihnen. In Rösrath-Rambrücken hat sich auch „Steeg“ erhalten. In Kürten-Spitze gibt es die „Bechener Straße“ in klassisch blauem Gewand. Immerhin sind nicht alle verschwunden.

Und es gibt es zwei Ausnahmen: neue Schilder in Blau, allerdings aus Kunststoff, nicht in der Emaille-Ausführung. In Bergisch Gladbach sind in jüngster Zeit zwei angebracht worden: für den „Hans-Hachenberg-Platz“ in Paffrath und den „Charly-Vollmann-Platz“ am Historischen Rathaus in der Stadtmitte. Für Martin Hardt , Leiter der Abteilung Verkehrsflächen, war es zweimal eine Entscheidung mit Herzblut: Die besondere Bedeutung des Ortes und die besondere Bedeutung der beiden Namensgeber sei entscheidend gewesen.

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Zu Ehren von Hans Hachenberg, unvergessen als „Doof Noss“ im Karneval, und von Charly Vollmann, der am Ende des Weltkriegs die Stadt an die Alliierten übergeben hatte, passe das historische Zeugnis bestens in den Zusammenhang. „Die blauen Schilder sind in beiden Fällen eine sehr bewusste Entscheidung gewesen“, bestätigt die Bergisch Gladbacher Stadtsprecherin Marion Linnenbrink.

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