Anruf von der „Polizei“Wie eine Seniorin fast Opfer von Trickbetrügern geworden wäre

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Stundenlang werden ältere Bürger von Betrügern am Telefon bearbeitet, um an deren Wertsachen zu gelangen.

Stundenlang werden ältere Bürger von Betrügern am Telefon bearbeitet, um an deren Wertsachen zu gelangen.

Odenthal – Am späten Abend klingelt bei der 78 Jahre alten Rentnerin Maria Gall (Name geändert) das Telefon. Die Odenthalerin hat es sich gerade in ihrem Wohnzimmer gemütlich gemacht und bereitet sich langsam auf die Bettruhe vor. Die Telefonnummer (0 22 02) 110 steht auf dem Display ihres Telefons und Gall erschrickt, fragt sich, was die Polizei um diese Zeit von ihr will. Sie hebt ab und am anderen Ende der Leitung meldet sich wie erwartet die Polizei. Der Rentnerin wird erklärt, dass in ihrer Wohngegend Einbrecher unterwegs seien. „Ich erhielt die Anweisung, sofort alle Fenster und Türen zu schließen. Dann wurde mir gesagt, dass ich als erste auf einer Liste von geplanten Einbrüchen stehe“, sagt die 78-Jährige. Sie wurde auch gefragt, ob Bargeld, Schmuck oder andere Wertgegenstände habe. Diese solle sie in eine Kiste packen, die später von der Polizei zu ihrem eigenen Schutz abgeholt werde.

Die Rentnerin ist verunsichert und überlegt, den Anrufern ihre Wertsachen zu überlassen. Gall: „Dann wurde mein Kopf wieder klarer und ich wählte während des Gesprächs am anderen Telefon die Nummer meiner Nachbarn. Ich bat sie, ganz schnell zu mir zu kommen. Die Anrufer hörten das Gespräch auf der anderen Leitung mit und hängten sofort ein.“ Die Nachbarn trafen wenige Minuten später bei der 78-Jährigen ein. Gemeinsam riefen sie die „richtige“ Polizei an. In einem mehrstündigen Gespräch mit ihren Nachbarn verarbeitet Gall die Situation und ist überzeugt, dass sie „ohne das liebevolle Verständnis“ keine normale Nachtruhe gehabt hätte.

Drei Tage nach dem Anruf ist die Rentnerin „immer noch überrascht“, wie sie das Erlebte verfolgt. „Eigentlich bin ich tough, aber das Geschehen lässt mich so schnell nicht los.“ Sie ist froh, nicht zum Opfer geworden zu sein. „In meinem Alter knickt man ein, wenn um 22.30 Uhr die Polizei anruft. Wenn jemand in Uniform vor der Tür gestanden hätte, hätte ich wahrscheinlich sogar geöffnet“, glaubt Gall. Die Odenthalerin hat Glück gehabt: Am selben Abend erbeuteten die Täter insgesamt Schmuck und Bargeld in sechsstelliger Höhe.

Polizei ruft nie mit der Rufnummer 110 an

Aktuell mehren sich im Rheinisch-Bergischen Kreis die abendlichen Anrufe bei älteren Mitbürgern. Die Polizei spricht von einer „Seuche“ und von einem Trickbetrug im großen Stil. Polizeisprecher Richard Barz: „Die Polizei ruft nie mit der Rufnummer 110 an. Polizeibeamte, Bankmitarbeiter oder sonstige Berater fragen am Telefon nicht nach Wertsachen oder Bankdaten.“ Zweifle man an der Identität des Anrufers, solle man den kostenfreien Notruf 110 der Polizei anrufen.

Veranstaltungen der Polizei zur Prävention

Zur Aufklärung der Bevölkerung wird die Polizei Rhein-Berg noch in dieser Woche zu zwei Info-Veranstaltungen des Fachkommissariat für Prävention und Opferschutz einladen. Mittwoch, 24. Januar, sind die Beamten um 15 Uhr in Rösrath im Bürgersaal (Hauptstr. 248). Am Donnerstag, 25. Januar informiert die Polizei ab 18 Uhr im zentralen Dienstgebäude in Bergisch Gladbach (Hauptstr. 1-9). Zu beiden Veranstaltungen sind interessierte Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen. Zu den kostenfreien Vorträgen ist keine Voranmeldung erforderlich. (dino)

Nun will die Kreispolizei mit einer Plakataktion die Öffentlichkeit aufklären. Rund 6000 Plakate sind an die Wachleiter der Polizeiwachen im Rheinisch-Bergischen übergeben worden. Die wiederum leitet die Plakate an ihre Bezirksbeamten weiter. Im ersten Schritt sollen die Ausdrucke an alle Kreditinstitute im Kreis verteilt und werden. Zusätzlich erhalten die Banken Flyer, die sie an ihre Kunden verteilen können. „Im nächsten Schritt planen wir, die Bankangestellten zu schulen“, sagt der Polizeisprecher. Die Polizei will den Finanzexperten Handlungsraster an die Hand geben. Barz: „Wenn ein älterer Mensch plötzlich große Summen abheben möchte, sollte immer nachgefragt werden.“

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