„Das Klima ist vergiftet“Vorstand des Bergischen Geschichtsvereins schmeißt hin

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Ein Stein des Anstoßes ist auch die Malteser Komturei in Herrenstrunden.

Ein Stein des Anstoßes ist auch die Malteser Komturei in Herrenstrunden.

Bergisch Gladbach – Seit langem schwelt der Konflikt im Bergischen Geschichtsverein, brechen die Streitigkeiten auch immer wieder offen aus, beharken sich Mitglieder und Vorstand in der Öffentlichkeit, wie etwa beim Thema Emilienbrunnen in Bensberg oder zuletzt bei der Malteserkomturei Herrenstrunden. Jetzt schmeißen der Vorsitzende Prof. Michael Werling und sein Stellvertreter Peter Lückerath hin: Bei der Jahreshauptversammlung der Abteilung Rhein-Berg am 9. Oktober wollen sie nicht mehr antreten.

„Das Klima ist komplett vergiftet“, erklärt Werling seinen Rückzug – und dieser Rückzug soll ein kompletter sein: „Ich werde auch aus dem Geschichtsverein austreten“, kündigt der emeritierte Architekturprofessor an. Auf eine Kampfabstimmung will Werling verzichten: „Die Querschüsse würden immer so weiter gehen“, glaubt er. Auf die dauernden „Breitseiten“ und das unkollegiale Verhalten einiger Mitglieder habe er schlicht keine Lust mehr. Und eine Spaltung des Vereins sei auch nicht in seinem Sinne.

Vorwürfe wie Mobbing und Alleingänge stehen im Raum

Zermürbt zeigt sich auch Peter Lückerath. „Ich bin angetreten, weil mir die lokalhistorische Forschung Spaß machte.“ Diese Freude werde aber getrübt, wenn man „einem Dauerkrieg ausgesetzt“ sei, meint er.

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Mit seiner Entscheidung kommt das Führungsduo einem Antrag des Alt- und Ehrenvorsitzenden Max Morsches zuvor, den aktuellen Vorsitzenden Werling abzuwählen. Dieser Antrag steht auf der Tagesordnung der Hauptversammlung. Zu einer persönlichen Stellungnahme war Max Morsches nicht zu erreichen. Er befindet sich derzeit im Urlaub. Allerdings hatte der Altvorsitzende schon im Sommer vergangenen Jahres keinen Zweifel daran gelassen, dass er Werling nicht mehr für geeignet hält, den Verein zu führen und seine Abwahl gefordert.

Er warf Werling „Mobbing von Vereinsmitgliedern“ und „Alleingänge“ in der Vereinsführung vor, die Meinung des Vereins nicht zu vertreten. In diesem Zusammenhang hatte Morsches von einer „Machtergreifung“ durch Werling gesprochen. Damals wollte Morsches ein „Amtsenthebungsverfahren“ einleiten, das allerdings daran scheiterte, dass die Mitgliederversammlung wegen der Covid-19-Pandemie nicht stattfinden konnte. Seither sprach Morsches von einem Vorsitzenden „von Coronas Gnaden“. Auch aktuell zirkuliert ein Schreiben an Mitglieder, in denen Morsches um Unterstützung bei der Abwahl des Vorsitzenden bittet.

Beim Geschichte-Lokal trennten sich die wege des alten und neuen Vorstands

„Das ist ein Machtkampf“, sagt Werling zu den Vorwürfen und Lückerath spricht von einem „ehemaligen Vorsitzenden, der nicht damit zurecht kommt, dass er nicht mehr Vorsitzender ist“. Dabei war Morsches 2017 nicht abgewählt worden, sondern hatte freiwillig aus Altersgründen nach 21 Jahren nicht mehr kandidiert und aktiv einen Nachfolger gesucht. Dass die Wahl auf Werling fiel, hatte Morsches zunächst begrüßt. Der Wissenschaftler gilt als profunder Kenner der städtischen Architektur und hat die fachliche Grundlage für den Denkmalpflegeplan der Stadt erarbeitet.

Werling hat zahlreiche Publikationen herausgebracht, Denkmalprojekte initiiert und für ihre Finanzierung gesorgt sowie immer wieder zu aktuellen Themen der Stadtentwicklung, etwa beim Zanders-Gelände öffentlich Stellung bezogen. Schnell sei seine Arbeit allerdings als „architekturlastig“ bezeichnet worden, sagt Werling. Spätestens seit er die dauerhafte Finanzierung des von Max Morsches seinerzeit in der Eichelstraße begründeten Geschichte-Lokals in Frage gestellt und nach einer kostengünstigeren Alternative gesucht habe, sei das Tischtuch zerschnitten gewesen, meint Werling. Morsches hatte die Gründung des Geschichte-Lokals, in dessen Räumen er heute noch oft anzutreffen ist, beim Rückblick auf seine Zeit an der Vereinsspitze als „die wohl wichtigste Entscheidung“ genannt. Lückerath hingegen bezeichnet das Vereinslokal als „Klotz am Bein“.

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Für den Vereinssitz, Treffpunkt und Ausstellungsort müsse der Verein im Jahr 14000 Euro Miete zahlen. Bei Einnahmen von 18 000 Euro und einer Zahlung von 4500 Euro an den Hauptverein sei das dauerhaft nicht zu stemmen, rechnet Werling vor. Derzeit verfüge der Verein noch über rund 410 Mitglieder – Tendenz weiter sinkend. Vor vier Jahren waren es noch 538 Mitglieder. .

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