„Ich habe geweint“Waldgebiet Hardt in Gladbachs grüner Mitte schwer verwüstet

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Hier verlief mal ein vielbegangener Wanderweg: Die Aufräumarbeiten werden lange dauern. Erlebnispädagoge Benjamin Stapf vom Naturfreundehaus Hardt fürchtet auch um seine Existenz.

Hier verlief mal ein vielbegangener Wanderweg: Die Aufräumarbeiten werden lange dauern. Erlebnispädagoge Benjamin Stapf vom Naturfreundehaus Hardt fürchtet auch um seine Existenz.

Bergisch Gladbach – „Ich habe geweint, als ich das gesehen habe“, sagt Benjamin Stapf und geht einige Meter den Waldweg hinunter. Weiter kommt er nicht. Über Hunderte Meter liegen Bäume quer über dem Weg, andere hängen gekippt in anderen Kronen, manche sind unter gewaltigen Kräften gekrümmt wie Flitzebogen. „Und das sieht hier überall so aus in der Hardt“, sagt der Betreiber des Naturfreundehauses Haus Hardt.

Als Benjamin Stapf am Freitag mit seiner Familie nach den Feiertagen aus Thüringen zurückkehrte, war in dem Waldgebiet in der grünen Mitte von Bergisch Gladbach nichts mehr wie vor dem Durchzug des Sturmtiefs Burglind am Mittwochmorgen. „Hier muss eine regelrechte Windhose durchgezogen sein“, weiß Stapf von einem Jäger, der an dem Morgen in der Hardt war und nur durch Glück mit dem Leben davon kam. „Auch auf den kleinen Wegen im Wald ist an vielen Stellen kein Durchkommen mehr“, berichtet Stapf. Neben den besonders windanfälligen Fichten sind auch tiefwurzelnde Buchen und Eichen umgerissen worden. Die Fernwanderroute „Bergischer Weg“ ist ebenso unpassierbar wie andere viel begangene Wanderwege, darunter auch der Bensberger Schlossweg.

Laut der Internetaufzeichnung im Naturfreundehaus, wurde das Telefonkabel am Mittwoch um 5.45 Uhr gekappt – von einer herabstürzenden Baumkrone, wie Stapf mittlerweile weiß: „Zu der Zeit, muss der Sturm hier durchgefegt sein.“

Sorge um Bodendenkmäler

„Drei Wochen dürfte es mindestens dauern, bis allein der Hauptweg freigeräumt ist, weiß Stapf aus Gesprächen mit Vertretern der Forstverwaltungen, die für die verschiedenen Teile des Waldes in der Hardt zuständig sind.

„Die Schäden in dem Waldgebiet sind verheerend“, bilanziert auch Herbert Selbach aus Sand. „In einem Streifen von etwa 500 Metern Breite, ausgehend von der Grube Cox über den Eicherhof bis über den Bereich des Grube Blücher hinaus entstanden Schäden, wie ich sie hier noch nie gesehen habe.“ Die Aufräumarbeiten dürften Monate in Anspruch nehmen, schätzt der Geschichtsforscher, der vor einigen Jahren die mittlerweile weithin bekannten Kalköfen aus der Römerzeit im Lerbacher Wald entdeckte: „Ich mache mir Sorgen, dass bei den Aufräumarbeiten die sichtbaren Strukturen der Bodendenkmäler gefährdet werden.“

Das Naturfreundehaus mitten im Wald wurde selbst von einem umstürzenden Baum knapp verfehlt. Mittlerweile ist die Zufahrt von Herkenrath zwar wieder frei und das Telefonkabel repariert, doch im Gastraum bleiben die von Kerzen romantisch erhellten Tische leer, obwohl das Naturfreundehaus wie üblich im Winter von dienstags bis samstags 10.30 Uhr bis 17 Uhr und sonntags von 9.30 Uhr bis 17.30 Uhr geöffnet hat. „Außer über die Straße von Herkenrath aus sind wir eben zurzeit leider nicht zu erreichen“, bedauert Benjamin Stapf.

Auch für die zahlreichen erlebnispädagogischen Angebote, mit denen er Gruppen die Natur im Wald nähergebracht hat, sieht er erstmal schwarz. „Den Barfußpfad gibt es nicht mehr und auch meine anderen Plätze sind verloren“, sagt Stapf, der in Absprache mit den unterschiedlichen Forstbetrieben, die für den Lerbacher Wald zuständig sind, mehrere Wege mit Flatterband abgesperrt hat. Und er ist ganz sicher: „Es wird Jahre dauern, bis es hier wieder so sein wird, wie vor dem Sturm.“

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