„Respekt“ vom RichterMutter bringt eigenen Sohn in Bergisch Gladbach vor Gericht

Lesezeit 3 Minuten
Ecstasy (Symbol)

Sichergestelltes Ecstasy (Symbolbild)

  • Eine Mutter aus Bergisch Gladbach findet beim Aufräumen im Zimmer ihres Sohnes ein Päckchen Ecstasy.
  • Sie lieferte das Päckchen bei der Polizei ab.
  • Nun standen ihr Sohn und dessen Freund vor dem Jugendschöffengericht.

Bergisch Gladbach – Was tut man, wenn man als Mutter das Zimmer des halbwüchsigen Sohnes aufräumt und ein Päckchen mit Rauschgift unter dem Bett findet? Waltraud M. (Namen geändert) aus Bergisch Gladbach machte reinen Tisch: Sie lieferte das Päckchen bei der Polizei ab und setzte so ein Strafverfahren gegen ihren 20-jährigen Sohn Jan und seinen zwei Jahre älteren Freund Moritz B. in Gang.

Jetzt standen die beiden jungen Männer aus gutem Hause vor dem Jugendschöffengericht wieder, eine Mindeststrafe von einem Jahr Haft vor Augen. Denn bei den Drogen handelte es sich um 177 Gramm Ecstasy von hoher Reinheit, fast das Fünffache einer „geringen Menge“.

Bergisch Gladbach: Richter widerspricht dem Angeklagten

Jan, bislang aus polizeilicher Sicht unauffällig, gestand, das Drogenpäckchen aus falsch verstandener Freundschaft für Moritz versteckt zu haben. Was da drin gewesen sei, habe ihn nicht interessiert. „Mein Vater hat mir einmal gesagt, ein guter Freund sei einer, dem man etwas zum Aufbewahren geben kann. Und der es noch nach zehn Jahren unberührt zurückgibt“, sagte Jan. Richter Berthold Sellmann widersprach: „Da hat Ihr Vater aber sicher nur an legale Dinge gedacht.“

Moritz bestätigte im Prozess über seinen Anwalt Dr. Karl-Christoph Bode die Angaben. Er habe Jan das Päckchen gegeben, weil er aus seiner alten WG ausziehen wollte und nicht gewusst habe, wohin mit den Drogen. Dass Waltraud M. am 15. August 2018 zur Polizei gegangen war, erwies sich rückblickend als Segen: Moritz, laut Sellmann „nicht vorbestraft, aber vorgewarnt“, hat sich wieder gefangen, den Sumpf der Party- und Drogenszene verlassen, erfolgreich Elektrotechnik studiert und einen gut bezahlten Job in Süddeutschland.

Seine Eltern haben sich nicht von ihm abgewendet – obwohl sich der Vater in einem äußerst konservativen Milieu bewegt, das viel Wert auf Recht und Ordnung legt. Die Eltern standen ihrem Sohn zur Seite, nahmen ihn wieder auf und sagten ihm zugleich sehr klar die Meinung.

„Es ist Chemie. Die geht Ihnen voll aufs Hirn.“

Auf die Frage, was sie wohl getan hätten, wenn sie die Drogen gefunden hätten und nicht Waltraud M., antwortete Moritz’ Vater: „Meine Frau hätte vermutlich genauso gehandelt. Und von mir hoffe ich, dass ich es auch getan hätte.“ Er dankte Waltraud M. für ihre Konsequenz, auch Richter Sellmann bescheinigte der Frau, das Richtige getan zu haben: „Respekt!“

Das könnte Sie auch interessieren:

Am Ende erhielten die beiden Angeklagten sehr unterschiedlichen Strafen für den gemeinschaftlichen Drogenbesitz. Jan, der Jüngere, wurde nach Jugendstrafrecht behandelt, zudem galt sein Fall als minder schwer. Er bekam eine Verwarnung, muss 30 Sozialstunden ableisten und sich in eine Familientherapie begeben.

Dagegen musste Moritz, der zur Tatzeit bereits älter als 21 war, zwingend nach Erwachsenenstrafrecht behandelt werden. Einen minder schweren Fall sah das Gericht nicht. Es schickte ihn für ein Jahr und drei Monate hinter Gitter, setzte die Strafe aber zur Bewährung aus. Mit deutlichen Worten appellierte Richter Sellmann an Moritz, die Finger von den Drogen zu lassen: „Es ist Chemie. Die geht Ihnen voll aufs Hirn.“

KStA abonnieren