Am Altar und am HerdSo sieht Weihnachten bei einem Gladbacher Pfarrer aus

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Versiert zeigt sich Pfarrer Andreas Süß auch in der Küche. Zu Heiligabend tischt er Schweinefilet und Kartoffelgratin auf.

Versiert zeigt sich Pfarrer Andreas Süß auch in der Küche. Zu Heiligabend tischt er Schweinefilet und Kartoffelgratin auf.

  • An Weihnachten sind Pfarrer noch gefragter als sonst.
  • Wir haben den Gladbacher Pfarrer Andreas Süß an Heiligabend über den Tag begleitet.
  • So bleibt er cool und zufrieden – am Altar und am Herd.

Bergisch Gladbach – Andächtig schneidet Andreas Süß mit einem großen scharfen Messer den Eisbergsalat, mit der gleichen Hingabe teilt er rote und gelbe Paprika in Streifen. Die Vinaigrette ist schon fertig. Im Ofen brutzeln noch Kartoffelgratin und Schweinefilet. Trüge er nicht das schneeweiße Collarhemd mit dem schmalen Stehkragen zur knallroten Schürze, würde er wie ein Familienvater in der Küche stehen und das Mahl für Heiligabend vorbereiten. Doch Andreas Süß ist der Pfarrer der katholischen Pfarreiengemeinschaft St. Nikolaus Bensberg/St. Joseph Moitzfeld, der 24. Dezember ist für ihn ein komplexer Arbeitstag: Der Nachmittag bringt zuerst ein Krippenspiel der Kommunionkinder, darauf folgt der Familiengottesdienst – in Scharen wandern die Familien bereits eine halbe Stunde vor Beginn zur Kirche. So groß ist der Andrang, dass es einen Stau vor dem Eingang gibt.

Kleine Engelchen im Altarraum

Im Altarraum wuseln unterdessen kleine Engelchen mit federigem Heiligenschein herum, die Krippe steht noch ohne Jesuskind neben dem Altar, Maria und Josef alias Emma und Henry kleiden sich noch in der Sakristei ein. Und mittendrin Pfarrer Süß, mit unerschütterlicher Ruhe hört er sich die Fragen der Kinder an, lobt den kleinen Sternenträger mit dem hell leuchtenden Stern von Bethlehem, dem später eine Hauptrolle zufällt im kindlichen Spiel um Christi Geburt.

Viele Fragen haben die Kinder zu ihrem Spiel um Christi Geburt. Andreas Süß begegnet ihnen mit unerschütterlicher Ruhe.

Viele Fragen haben die Kinder zu ihrem Spiel um Christi Geburt. Andreas Süß begegnet ihnen mit unerschütterlicher Ruhe.

Schnell hat Süß sich den Mantel übergezogen, nachdem sein Anorak im Regen triefend nass geworden ist. Wenig später wird er in den priesterlichen Ornat schlüpfen und in der Familienmesse kindgerecht die Weihnachtsbotschaft verkünden.

Danach ist die Küche dran im Pfarrhaus gegenüber von St. Nikolaus. Wieso kann er so gut und versiert kochen? „Das hat er bei mir abgeguckt“, sagt seine Mutter, Marlies Süß, die lange als Hauswirtschafterin gewirkt hat. Vater Herbert nickt bestätigend.

Als Pfarrer Cédric Kongbo-Gbassinga eintrifft, ist die Runde am Esstisch komplett. Die beiden Geistlichen gestalten an diesem Heiligabend insgesamt sieben Gottesdienste. Doch bevor die duftende Kürbissuppe gelöffelt wird, fordert Andreas Süß auf: „Wir wollen erst einmal danken.“ Und alle reichen sich die Hände, verinnerlichen das kurze Dankeswort, mit dem Andreas Süß die Botschaft von Christi Geburt vermittelt. Das ist gar nicht frömmelnd, sondern Lebenswahrheit pur mit dem Dank für das Zusammensein und Füreinander-da-Sein.

Zum Essen mit seinen Eltern Marlies und Herbert sowie Pfarrer Cédric Kongbo-Gbassinga kredenzt Andreas Süß badischen Wein.

Zum Essen mit seinen Eltern Marlies und Herbert sowie Pfarrer Cédric Kongbo-Gbassinga kredenzt Andreas Süß badischen Wein.

Es geht lebhaft zu im Pfarrhaus beim Heiligabend-Essen: Pfarrer Süß öffnet den Wein aus dem Badischen, Mutter Marlies füllt die Teller auf, auch den Nachschlag, serviert später das Dessert, eine Mousse au chocolat. „Oh, nicht selbstgemacht, ein bisschen Dr. Oetker“, flachst Andreas Süß. Cédric Kongbo-Gbassinga, seit dem Frühjahr in Bensberg, berichtet vom Heiligabend in seiner Heimat, der Zentralafrikanischen Republik, einem der ärmsten Länder der Erde. Doch er erzählt begeistert von den ausgelassenen Tänzen und Gesängen in dieser Heiligen Nacht. Und stolz von den neuesten, wenn auch begrenzten Erfolgen im Gesundheitswesen.

Christmette mit Lichtern und Segen

Mit Süß arbeitet er Hand in Hand: An diesem Heiligabend um 23 Uhr wird er in St. Nikolaus die Christmette zelebrieren. Süß verabschiedet sich kurz vor 22 Uhr, er ist dann auf dem Weg nach St. Joseph in Moitzfeld. An die Besucher der Christmette wird das Licht weitergeben, das von Bethlehem über den Dom zu Köln ins Bergische kam. „Wir tragen das Licht hinein in die dunkle Kirche, die Gottesdienstbesucher haben Kerzen, die wir mit diesem Licht anzünden.

Viele Fragen haben die Kinder zu ihrem Spiel um Christi Geburt. Andreas Süß begegnet ihnen mit unerschütterlicher Ruhe.

Viele Fragen haben die Kinder zu ihrem Spiel um Christi Geburt. Andreas Süß begegnet ihnen mit unerschütterlicher Ruhe.

Und jeder ist eingeladen, dieses Licht mit nach Hause zu nehmen, damit es hineinwirkt in das Leben.“ Das Licht von der Botschaft des Jesus Christus als Antwort auf Gleichgültigkeit, Kriege und Gewalt. Eine tiefe Symbolik steckt in diesem Ansatz, der auch Agnostiker aufhorchen lässt. „Es ist das Mysterium des Glaubens“, meint Süß, der sich schon auf das Treffen nach der Mitternachtsmesse mit der Messdienerschaft und Cédric Kongbo-Gbassinga im Pub freut: „Celebrations und Pub, geht doch! Es ist schön, Teil der Gemeinschaft zu sein, der Menschen die hier leben!“

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