Bauarbeiten in Bergisch GladbachDie wichtigsten Entwicklungen bei Zanders

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Damit Stadt und Fabrik ihren jeweiligen Verbrauch abrechnen können, müssen die Leitungen getrennt werden.

Damit Stadt und Fabrik ihren jeweiligen Verbrauch abrechnen können, müssen die Leitungen getrennt werden.

Bergisch Gladbach – Vor dem Hauptgebäude der Firma Zanders wird kräftig gebuddelt. Die Verhandlungen um einen langfristigen Mietvertrag der Fabrik mit der Stadt stocken. Und der neu gewählte Bergisch Gladbacher Bürgermeister Frank Stein bereitet sich auf schwierige Gespräche mit Zanders vor. Wir fassen die wichtigsten Entwicklungen zusammen.

Zumindest für all jene, die zur Papierfabrik wollen oder den Parkplatz auf dem Firmengelände nutzen, ist Zanders eine Baustelle. Was passiert dort gerade?

Die Stadt hat das gesamte Gelände gekauft. Nur noch ein Teil wird von der Papierfabrik genutzt. Aber die Versorgungsleitungen – Strom, Gas und Wasser – hängen noch komplett zusammen. Die Stadt hat nun begonnen eine eigene, getrennte Versorgungsstruktur aufzubauen. Deshalb die Bauarbeiten.

Werden damit Fakten für die Zukunft geschaffen?

Nein. Das sind praktische Notwendigkeiten. Die Gebäude, die nicht mehr von Zanders genutzt werden, sind zum Beispiel vermietet, und die Verbrauchsdaten müssen abgerechnet werden. Unmöglich bei einem System, in dem alles zusammenhängt. Trotzdem: Für Zandrianer fühlt es sich so an, als würden sie abgekappt – was nicht stimmt.

Die Stimmung ist schlecht im Werk?

Ja, das ist sie. Zuletzt war bekannt geworden, dass die Verhandlungen um den langfristigen Mietvertrag stocken. Eigentlich hatte der Eigentümer versprochen, bis zum 7. Oktober ein Gutachten vorzulegen, das die positive wirtschaftliche Perspektive des Werkes testiert. Aber Tim Olander, Chef von Zanders, hat gesagt, dass er nicht mehr mit Bürgermeister Lutz Urbach und dessen Rechtsanwalt zusammenarbeiten kann. Und das Gutachten deshalb später vorgelegt werden soll.

Da müsste die Belegschaft doch auf Olander sauer sein.

Nein, für die Zandrianer ist klar, dass der Bürgermeister den schwarzen Peter hat. Nach dieser Sichtweise hat Urbach die Verhandlungen erschwert, mit Nachforderungen und auch mit Schreiben des Anwalts an Mitglieder der Gläubigerversammlung. Sauer ist Betriebsratsvorsitzender Taner Durdu. Für ihn ist unverständlich, dass die Stadt nicht längst den Weg für einen langfristigen Mietvertrag frei gemacht hat.

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Es gehe um den Erhalt von 400 Arbeitsplätzen, dafür müsse die Stadt alles tun. Im Rest der Republik unterstütze die öffentliche Hand angesichts von Corona Firmen, die sich in Schieflage befinden. Und in Gladbach gebe es für die Papierfabrik keinen Mietvertrag.

Und stimmt das denn auch tatsächlich?

Schauen wir uns die Position von Bürgermeister Urbach an. Er argumentiert, dass die Stadt bei einer erneuten Insolvenz von Zanders die eingenommenen Mieteinnahmen wieder zurückzahlen müsse. Denn die Stadt habe bei Vertragsabschluss gewusst, dass das Unternehmen in Schieflage sei – so sei es im Insolvenzrecht. Deshalb die Forderungen nach dem Gutachten. Kein Gutachten, kein langfristiger Mietvertrag. Umgekehrt könnte man argumentieren, dass die Stadt ins Risiko gehe müsse, um die Papierfabrik zu unterstützen. Denn mit einem langfristigen Mietvertrag erhöhen sich die Überlebenschancen des Werkes.

Umso mehr müsste doch der Eigentümer alles dran setzen, endlich das Gutachten vorzulegen.

Jetzt betreten wir den Bereich der Motivsuche. Der Eigentümer sagt, dass die Stadt immer neue Forderungen nachlege und so einen Vertragsabschluss unmöglich mache. Eine Aussage, bislang ohne Beleg. Denkbar, dass der Eigentümer einfach auf neue, günstigere Mietvereinbarungen setzt. Immer mit der Drohung, dass sonst die Papierfabrik geschlossen würde. Also eine Art Poker um bessere Konditionen. Denkbar.

Was ist mit Urbach? Was, wenn es stimmt, dass die Stadt dem Investor das Leben schwer macht?

Wer nicht an das Überleben des Werkes glaubt, der sieht in der sogenannten Vollkonversion, also dem Umbau des gesamten Zanders-Areal, eine einmalige Chance für die Stadt Bergisch Gladbach. Im Rahmen der Regionale 2025 könnten Fördermittel abgerufen werden, etwa für die Altlastenbeseitigung. Wenn nicht jetzt, wann dann?

Dann würde Urbach ein falsches Spiel treiben?

Genau. Das klingt aber schon sehr nach Verschwörungstheorie. Solche Theorien belasten das Verhältnis zwischen Stadt und Unternehmen ungemein. Um es neutral zu sagen: Das Vertrauen ist weg.

Tim Olander hat zuletzt auf die Gespräche mit dem neuen Bürgermeister Frank Stein gesetzt.

Frank Stein hat erklärt, dass er sich gewünscht hätte, der Pachtvertrag wäre vor seinem Amtsantritt unterschrieben. Er betont, dass auch er einen langfristigen Pachtvertrag nur nach der Vorlage eines Gutachtens abschließen werde. Er werde sich an die Beschlüsse des Rates halten.

Gibt es schon Zeichen, dass er dies tatsächlich tut?

Oh ja. Vergangene Woche hat er Olander angeschrieben und ihm erklärt, dass Urbachs Rechtsanwalt für Zanders auch sein Rechtsanwalt sein werde. Das wirkte im Werk, aber auch in der Politik wie ein Paukenschlag. Ein deutliches Zeichen vom neuen Bürgermeister Frank Stein.

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