Bergisch GladbachFahrradfahrer sollen testweise in Fußgängerzone fahren dürfen

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Wer durch die Fußgängerzone will, braucht sein Fahrrad künftig nicht mehr zu schieben.

Wer durch die Fußgängerzone will, braucht sein Fahrrad künftig nicht mehr zu schieben.

Bergisch Gladbach – Freie Fahrt für Radler in der Fußgängerzone: Radfahrer sollen ab März direkt durch die Gladbacher Innenstadt fahren dürfen – ein Thema, das bislang heftig umstritten war. Die Idee zur Öffnung der Fußgängerzone geht auf das Mobilitätskonzept zurück, das 2016 beschlossen wurde.

Manchmal hört man schon jemand von weitem schreien, so dass sich alle umdrehen: „Hey! Mann, bist du blind?“ Der da schimpft, ist ein Fußgänger auf der Hauptstraße, der fast von einem Radfahrer angefahren worden ist. Dass das Radfahren in der Fußgängerzone verboten ist, stört viele nicht, obwohl sie ein Bußgeld riskieren. Sie fahren trotzdem. 1065 Fahrradfahrten wurden an drei Tagen Ende Oktober 2017 bei einer Zählung erfasst. Auffälligkeiten durch Unfälle gibt es laut Stadtverwaltung aber nicht.

Klar definierte Regeln

Die Freigabe der Fußgängerzone ist eine von insgesamt 70 Punkten des Mobilitätskonzepts, um den Autoverkehr zu entlasten. Dazu gehört auch, den Radanteil am gesamten Verkehrsaufkommen zu steigern. Ziel der Öffnung der Fußgängerzone ist es, die bestehende Barriere für Fahrradfahrer zu beseitigen, um Pendlern und Schülern Umwege zu ersparen. In der Innenstadt entstehe so eine Zone des Miteinanders. Zur konkreten Umsetzung braucht die Verwaltung aber noch die Zustimmung der Politik.

Das Konzept der Verwaltung sieht vor, das Radverbot vorerst probeweise in einer einjährigen Testphase aufzuheben. In dieser Zeit soll sich zeigen, ob sich Radler und Fußgänger auf der Einkaufsstraße nicht doch in die Quere kommen. Polizei und städtische Verkehrsüberwacher sollen dies kontrollieren.

„Es soll ein Miteinander sein und kein Gegeneinander“, betont Martin Rölen, Pressesprecher der Stadt. Deshalb seien die Regeln klar definiert. Demnach sollen die Fußgänger stets Vorrang haben. Radfahrer müssen im Schritttempo fahren. Entsprechende Hinweise, die über die neuen Regeln aufklären, will die Stadt an den Zugängen zur Fußgängerzone aufstellen. Größtmögliche Sicherheit soll auch dadurch erreicht werden, dass bei großen Veranstaltungen wie Markt, Kirmes oder Weihnachtsmarkt das Radfahren verboten ist. Fahrrad-Abstellanlagen sollen zudem nicht auf der Hauptstraße, sondern in den umliegenden Nebenstraßen platziert werden.

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Friedhelm Bihn, Vorsitzender des Inklusionsbeirates, sagt, er könne die Öffnung der Fußgängerzone nur dann unterstützen, wenn die Aktion mit einer ausführlichen Informationskampagne einhergehe und nachhaltig kontrolliert werde. „Schon jetzt ist es so, dass beispielsweise Menschen mit Sehbehinderungen in gefährliche Situationen kommen.“

Thema in Ausschüssen und Inklusionsbeirat

Die Stadtverwaltung will die Öffnung der Bergisch Gladbacher Fußgängerzone für den Radverkehr in den kommenden Sitzungen des Verkehrsausschusses und des Planungsausschusses vorschlagen. Am heutigen Mittwoch wird das Konzept dem Inklusionsbeirat vorgestellt, Beginn der Sitzung ist um 17 Uhr im Rathaus Bensberg. Im Oktober 2017 haben sich Vertreter von Politik und Verwaltung die für den Radverkehr offene Fußgängerzone in Brühl angesehen.

Im direkten Umkreis der Gladbacher Fußgängerzone, 2,5 Kilometer Luftlinie entfernt, wohnen 48 660 Bürger (43,8 Prozent der Einwohner). Laut Verwaltung seien diese Menschen eine potenzielle Gruppe, die von der Öffnung profitieren würden.  (ub)

Immer wieder werde der Blindenleitweg in der Fußgängerzone von Lieferfahrzeugen zugeparkt, berichtet Friedhelm Bihn. Es sei auch schon passiert, dass Radfahrer mit hoher Geschwindigkeit im Vorbeifahren Blindenstöcke zerstört hätten.

Der Inklusionsbeirat besteht darauf, dass zusätzlich Schilder angebracht werden, die auf den Blindenleitweg hinweisen. Denn viele sähen die Schiene mit deutlich spürbaren Längsrillen nicht.

Eindeutig positive Signale habe es dagegen bereits seitens der Interessensverbände der Radfahrer ADVC und Pro Velo gegeben, sagt Rölen. Auch die Interessengemeinschaft der Geschäftsleute, IG Stadtmitte, habe sich zustimmend geäußert. Sie sehe darin eine Steigerung der Attraktivität der Einkaufsstraße.

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