Bergisch GladbachNeue Konzepte für Gronau geplant

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Verkehrsachse und Lebensader ist die Mülheimer Straße.

Verkehrsachse und Lebensader ist die Mülheimer Straße.

  • Für viele ist Gronau der Durchfahr-Stadtteil vor Köln, auch Gladbachs wilder Westen genannt.
  • Gronau ist ein Flickenteppich von vielem.
  • In diese Flicken soll jetzt eine Struktur. Eine Handreichung für Planer und Gestalter soll es geben.

Bergisch Gladbach – Gronau ist schwer zu fassen. Wo liegt der Stadtteil eigentlich genau? Der Rahmen ist ungefähr klar: Etwa 6600 Einwohner, Gladbachs wilder Westen an der Grenze zu Köln. Die Mülheimer Straße durchschneidet als dichtes Verkehrsband die Siedlung, für viele ist Gronau der Durchfahr-Stadtteil vor Köln. Viel Gewerbe liegt beidseits der Straße. Es gibt die S-Bahn-Linie mit ihrem Park-and-ride-Platz, die Wohnsiedlung Gronau mit ihren neun Wohntürmen und den 325 Wohnungen, die Kirche St. Marien mit Glockenturm und Glaskunstwerken, großflächigen Einzelhandel mit banaler Funktionsarchitektur, die seit Jahrzehnten ungenutzte Industriebrache „Papierfabrik C.F. Wachendorff“, das noch jugendliche Hermann-Löns-Viertel.

Im Sozialraum Bergisch Gladbach ist der Stadtteil einer jener, die am stärksten Handlungsbedarf aufweisen, die Zahl der Bezieher von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe liegt hier über dem Durchschnitt. Viele Gronauer sind jünger als 20, ältere Mitbürger sind unterrepräsentiert. Die Architektur ist oft städtisch, die Bebauung durchgehend. Vorstadtcharakter dominiert. Wie gerade im Bereich Kuhlerbusch wird an vielen Stellen verdichtet, ohne einen leitenden Bebauungsplan.

Flickenteppich von vielem

Gronau ist ein Flickenteppich von vielem. In diese Flicken soll jetzt eine Struktur. Eine Handreichung für Planer und Gestalter soll es geben, zunächst eine Voruntersuchung, darauf aufbauend eine Rahmenplanung. Das ist beschlossene Sache und Konsens bei Stadt und Politik. Ein Antrag der SPD-Fraktion hat das Nachdenken ausgelöst.

Defizite zählt die SPD auf: „Im Stadtteil bedarf es an vielen Stellen einer Neuordnung von Nutzungen und der Bereinigung von städtebaulichen Konfliktlagen.“ Gronau müsse „mehr Chancen“ bekommen, betonen die Fraktionsspitzen Klaus W. Waldschmidt und Klaus Orth in ihrer Eingabe. Städtebauliche Mängel sollten beseitigt und realistische planerische Perspektiven erarbeitet werden, sozial, städtebaulich und ökologisch. Gronau müsse als künftiger „Entwicklungsschwerpunkt im Stadtgebiet“ betrachtet werden.

Wolfgang Honecker, der neue Planungsleiter der Verwaltung, zeigt sich aufgeschlossen. Nur von heute auf morgen lasse sich ein Handlungskonzept für Gronau nicht finden. Erst komme das Projekt Bensberg/Bockenberg mit seinen Planungen und dann auch die Zanders-Innenstadt. Danach aber soll Zeit für Gronau sein. Wobei auch die Grenzen des Stadtteils diskutiert werden müssten. Darüber soll in einer Arbeitsgruppe aus Verwaltung und Politik gesprochen werden. 2022 oder 2023 könnten erste Gedanken für Gronau reifen.

Das „richtige“ Gronau

Was Gronau nicht ist, ist dabei die einfachere Frage. Es ist nicht die „Gartensiedlung Gronauerwald“ und auch nicht das „Gronauer Wirtshaus“. Die beiden bekanntesten Namensgeber liegen knapp außerhalb des Stadtteils. Jenseits der stillgelegten Bahntrasse, ab der alten Bahnunterführung Mülheimer Straße, da beginnt das „richtige“ Gronau, um das es in den Planungen gehen soll. Der Campus der Fachhochschule der Wirtschaft mit seinen Hörsälen und Studierenden-Unterkünften liegt in Gronau.

Nebenan der neue Wertstoffhof der Stadt, Annahmestelle für werthaltiges Abfallgut. Schon hier fällt es schwer, einen Nenner zu finden. Das Gleisdreieck, gemeint ist das über die Straße Am Kuhlerbusch erschlossene Gebiet mit seinem Gewerbe, tauchte erst vor ein paar Tagen im künftigen Schulentwicklungsplan als möglicher neuer Standort der Gronauer Grundschule auf. Die städtische Gemeinschaftsgrundschule ist ein Sorgenkind, benötigt dringend Veränderungen. Modernisierung und Ausbau werden von Schülern, Lehrern und Eltern gewünscht.

Hochwertiges Stadtquartier

Eine offene Frage ist die Zukunft des Industriegeländes Wachendorff/Kradepohl. Das Gelände liegt seit rund zwei Jahrzehnten brach, ein neuer Investor-Eigentümer ist im Spiel und will für knapp 100 Millionen ein hochwertiges Stadtquartier entwickeln. Die ehemalige Fabrik für Pappen und Packpapiere ist nach Zanders eine weitere wunde Stelle im Stadtgebiet. Hunderte Arbeiter schufteten einst zwischen den noch heute beeindruckenden Hallen. Künstler waren einige Zeit auch mal hier.

Der Bahnhof heißt im Stadtteil Duckterath. Gronau wäre der richtige Name. Oder auch Kradepohl, als Teil von Gronau. Eine Informationstafel erinnert daran, dass der Pendlerparkplatz mal ein Fußballplatz war und die Fußballer des SV 09 Bergisch Gladbach hier spielten. In den 1950ern waren sie mit die Besten in Deutschland.

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An der Mülheimer Straße liegt das Sporthotel Klever, eigentlich eine Gaststätte und ehemals die Anlaufstelle für alle Fans der „Roten Teufel“ von SV09. Rund sieben Jahrzehnte lag in Sichtweite der Schlachthof der Stadt, der sich in den 1960ern überlebt hatte. Die Hochhäuser des Wohnparks Gronau entstanden ab 1972 an seiner Stelle und brachten auf einen Schlag Hunderte Neubürger in die Siedlung. Das war zu Anfang der 1970er-Jahre, als sich die alte Wohnstruktur überall zu verabschieden begann und Neues entstand. Ein roter Faden im Stadtteil fehlt seitdem. Das soll sich bald ändern.

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