Bergisch GladbachPlanungsbüro will Zanders-Quartier in der Optik der Papierfabrik

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Was soll aus solchen Gebäuden werden? Eignen sie sich für einen Wohn- und Gewerbekomplex? Ein niederländisches Planungsbüros hat erste Entwürfe vorgelegt.

Was soll aus solchen Gebäuden werden? Eignen sie sich für einen Wohn- und Gewerbekomplex? Ein niederländisches Planungsbüros hat erste Entwürfe vorgelegt.

Bergisch Gladbach – An Fantasie mangelt es dem von der Stadt beauftragten niederländischen Planungsbüro Karres und Brand nicht: In ihrem Ansatz werden, wo immer das geht, nicht nur die Fassaden der Papierfabrik erhalten, sondern auch Rohre und Silos. Auf dem Papier entsteht so eine neue Stadt nicht nur auf dem Gelände, sondern in den Räumen der alten Papierfabrik.

Im Vorfeld war immer darauf hingewiesen worden, dass die denkmalgeschützten Gebäude erhalten werden sollten. Zusammen mit der offengelegten Strunde waren dies die Eckpunkte, um die herum geplant werden könnte. Der Ansatz von Karres und Brand geht darüber weit hinaus. Nach Informationen dieser Zeitung wird eine neue Liste erarbeitet, die jedes Gebäude daraufhin bewertet, ob es erhalten werden kann und soll.

Unklar, was am Ende wirklich umgesetzt werden kann

Die Pläne wurden bislang nur dem Arbeitskreis Zanders vorgelegt. Zwar liegen dieser Zeitung die gezeigten Entwürfe vor, aber die Stadt will sie nicht veröffentlicht wissen. Die Pläne sind urheberrechtlich geschützt. Bürgermeister Frank Stein: „Das sind erste fantasievolle Ideen, mehr aber nicht.“

Mitglieder des Arbeitskreises, die namentlich nicht genannt werden wollen, sind da weniger zurückhaltend und zeigten sich beeindruckt. Die Radikalität, mit der die Optik der Papierfabrik erhalten wird, habe „einen ausgesprochenen Reiz“. Aber der Reiz von computeranimierten Bildern steht oft genug im krassen Gegensatz zu den tatsächlichen Möglichkeiten. Bürgermeister Stein zum Beispiel sagt: „Was wirklich umgesetzt werden kann, ist noch vollkommen offen.“

Zu klären: Anbindung, Sozialwohnungen, Gewinn

Das Zanders-Gelände lässt sich aus vielerlei Gründen nicht überplanen wie ein Gelände auf der grünen Wiese. Die Kontaminierung von Grund und Boden muss genauer geprüft werden. Die Anbindung des Areals an das Straßen- und Versorgungsnetz der Stadt ist zu klären.

Weitere grundlegende Fragen: Will die Stadt bei der Vermarktung der Flächen gewinnmaximierend arbeiten? Wie soll der Mix aus Wohnen und Gewerbe aussehen? Wie viele Sozialwohnungen sollen gebaut werden? Angesichts der Masse der Fragen lautet die wahrscheinlich wichtigste: In welcher Reihenfolge, mit welcher Systematik werden die Fragen abgearbeitet?

Förderprogramm der Regionale entscheidend wichtig

Für Stein ist klar, dass es im Augenblick darauf ankommt, den A-Stempel bei der Regionale 2025 zu erhalten. Denn nur über dieses Förderprogramm gibt es die finanziellen Mittel für eine Vollkonversion der 35 Hektar großen Flächen. Aber – der Teufel steckt immer im Detail – auch dort gibt es Schwierigkeiten. Für eine städtebauliche Förderung ist zwingend ein Gesamtplan nötig.

Förderschädlich ist jede Festlegung in Teilbereichen. Der Grundgedanke ist klar: Es soll nicht um gesetzte Projekte herum geplant werden. Und da knarrt es an einer Stelle gewaltig. Gut nachzuverfolgen in den ersten „fantasievollen Entwürfen“ der Niederländer, die an einer Stelle sehr konkret sind.

Bergisch Gladbach könnte am Zanders-Gelände verdienen

Denn dort gibt es bereits eine Schule. In den Skizzen gibt es ein großes Schulgelände an der Cederwaldstraße. Tatsächlich sucht die Stadt händeringend nach einem Platz für eine neue Grundschule. Schon jetzt gibt es den Bedarf – ganz zu schweigen von dem, der entsteht, wenn auf dem Zanders-Gelände Familien einziehen. Nach der reinen Lehre darf es diese Schule aber auf dem Plan noch nicht geben. Denn durch sie würden die Nutzungen auf den Nachbargrundstücken eingeschränkt. Stein: „Wir sind in Gesprächen und klären die Fragen rund um die Förderschädlichkeit.“

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Bei all diesen Unwägbarkeiten gibt es aber eine geradezu paradiesische Perspektive. Im Idealfall wird die Stadt Bergisch Gladbach Millionen an dem Zanders-Gelände verdienen. Sie hat 35 Hektar für rund 13 Millionen Euro erworben. Wenn es gut läuft, dann könnte ein Vielfaches in die Stadtkasse zurückfließen.

Bis dahin ist es aber noch weit. Für das kommende Jahr hat die Stadt sechs Millionen Euro eingeplant, um die Planungen der Zanders-Konversion zu finanzieren. 18 neue Stellen sollen geschaffen werden. Bürgermeister Stein und Kämmerer Thore Eggert sind bemüht, die finanziellen Erwartungen niedrig zu halten. In ihren Haushaltsreden und jüngst am vergangenen Freitag wurde die Politik nachdrücklich zur Haushaltsdisziplin aufgefordert.

Denkmalschutz auf dem Zanders-Areal

Als Ende 2018 insgesamt 13 Gebäude auf dem Zanders-Gelände unter Denkmalschutz gestellt wurden, da war dem ein langer Streit mit dem Landschaftsverband Rheinland vorausgegangen. Die Fachbehörde verfolgte das Ziel, nicht nur einzelne Objekte, sondern das gesamte Areal als Beispiel für die Industriegeschichte des Rheinlands unter Schutz zu stellen. Dem Versuch dieser großflächigen Sicherung, von manchem als das Überstülpen einer „Käseglocke“ empfunden, widersprach die Stadt mit einem eigenen Gutachten.

Die Expertise des Architekturwissenschaftlers Prof. Michael Werling kam damals zu dem Schluss, dass nur etwas mehr als ein Dutzend Gebäude denkmalwürdig seien, da etliche der von namhaften Architekten errichteten Bauten mittlerweile zu stark verändert worden seien, um noch als Denkmal gelten zu können. Weil zwischen Stadt und Fachbehörde keine Einigung erzielt werden konnte, wurde schließlich das zuständige Ministerium angerufen, das sich nach Prüfung am Ende der Sichtweise der Stadt anschloss. Nicht das gesamte Areal, sondern nur ausgewählte Gebäude wurden in der Folge in die Denkmalliste eingetragen. (spe)

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